OLG Frankfurt am Main zur Haftung eines GbR-Gesellschafters für Wettbewerbsverstöße „seiner“ Gesellschaft

Muss ein Gesellschafter einer GbR grundsätzlich gesamtschuldnerisch für Ansprüche gegen die GbR haften? Das Oberlandesgericht Frankfurt hatte sich kürzlich mit einem GbR-Gesellschafter zu befassen, der genau diese Frage klären lassen wollte. Seiner Ansicht nach sollte diese Regelung für einen wettbewerbsrechtlichen Verstoß der GbR nicht gelten.

Wettbewerbsrecht Auslöser des Rechtsstreits
OLG Frankfurt bestätigt Auskunftspflicht
Persönliche Haftung von GbR-Gesellschaftern

Alexander F. Bräuer ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz. Als Gastautor auf der exali.de InfoBase erklärt er die Einzelheiten des Falls.

Wofür haften GbR-Gesellschafter?

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat mit (Teil-) Urteil vom 11.09.2014 zum Aktenzeichen 6 U 107/13 entschieden, dass der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (auch „GbR“ oder „BGB-Gesellschaft“ genannt) im Falle eines Wettbewerbsverstoßes „seiner“ GbR auch persönlich zur Haftung herangezogen werden kann. Dies gelte zumindest im Hinblick auf Auskunfts- und Schadensersatzansprüche und zwar unabhängig davon, ob der Gesellschafter für den Wettbewerbsverstoß selbst verantwortlich ist und ob er hierfür als Täter oder Teilnehmer haftet.

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Wettbewerbsrecht Auslöser des Rechtsstreits

Zwischen den Parteien des Rechtsstreits ging ein wettbewerbsrechtliches Unterlassungsverfahren voraus, im Zuge dessen die beklagten Gesellschafter zunächst im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassen einer wettbewerbswidrigen Werbeaussage in Anspruch genommen worden sind. Die ergangene einstweilige Verfügung haben die GbR-Gesellschafter im Wege einer sog. Abschlusserklärung als endgültige Regelung anerkannt.

Im Anschluss an das einstweilige Verfügungsverfahren machte die klagende Mitbewerberin Auskunfts- und Schadensersatzansprüche auf dem Klagewege gegenüber den Gesellschaftern der GbR geltend. Hiervon blieb jedoch nur noch der Auskunftsanspruch vor dem OLG Frankfurt am Main streitig.

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OLG Frankfurt bestätigt Auskunftspflicht

Das OLG Frankfurt am Main sah die Forderung der klagenden Mitbewerberin auf wettbewerbsrechtliche Auskunftserteilung (§ 9 UWG i.V.m. § 242 BG) als begründet an und verurteilte beide GbR-Gesellschafter zur Auskunftserteilung und zwar unabhängig von ihrem Tatbeitrag und ihrer Kenntnis von dem Wettbewerbsverstoß

Hierzu führt das OLG Frankfurt am Main aus, dass das streitgegenständliche Schreiben, dass die wettbewerbswidrige Werbeaussage beinhaltete, im Namen der GbR verfasst worden sei. Es komme daher nicht auf einen eigenen Tat- oder Teilnahmebeitrag der beklagten GbR-Gesellschafter an. Bei gesetzlichen Verbindlichkeiten müsse das Privatvermögen der Gesellschafter als Haftungsmasse zur Verfügung stehen. Anknüpfungspunkt der Haftung sei § 128 HGB analog. Es fehle dabei insbesondere auch nicht am Verschulden. Bei zumutbarer Überwachung hätten die Gesellschafter von dem Inhalt des Schreibens, das im Zusammenhang mit einschneidenden Veränderungen der Lieferantenbeziehung bestand, Kenntnis erlangen können. Dies führt nach Ansicht des OLG Frankfurt am Main dazu, dass die Gesellschafter der GbR mit Erfolg auf Schadensersatz und demzufolge zunächst auf Auskunftserteilung in Anspruch genommen werden könnten.

Vereinfacht ausgedrückt ist folglich nur maßgebend, ob durch einen Wettbewerbsverstoß (auch) eine Gesellschaftsschuld begründet worden ist. Sofern dies bejaht werden kann, haften die GbR-Gesellschafter entsprechend § 128 HGB persönlich und unabhängig ihres etwaig fehlenden eigenen Verschuldens.

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Persönliche Haftung von GbR-Gesellschaftern

Das OLG Frankfurt am Main hat mit seiner Entscheidung – entgegen einiger Mutmaßungen – aber kein rechtliches Neuland betreten. Bei dieser Entscheidung handelt es sich um die konsequente Fortsetzung der bisherigen Rechtsprechung zur persönlichen Haftung der Gesellschafter einer GbR.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nämlich bereits mit Urteil vom 24.02.2013 zu seinem Aktenzeichen II ZR 385/99 schon im Leitsatz wörtlich festgehalten:

„a) Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts muß sich zu Schadensersatz verpflichtendes Handeln ihrer (geschäftsführenden) Gesellschafter entsprechend § 31 BGB zurechnen lassen.

b) Die Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts haben grundsätzlich auch für gesetzlich begründete Verbindlichkeiten ihrer Gesellschaft persönlich und als Gesamtschuldner einzustehen.“.

Auch die Instanzengerichte bejahen eine persönliche Haftung der GbR-Gesellschafter auf Schadensersatz und zwar neben der Haftung der GbR, wie sich beispielsweise aus einer aktuellen Entscheidung des AG Schöneberg (Urteil vom 24.10.2014, Az. 16 C 104/14) ergibt.

Somit kann der Entscheidung des OLG Frankfurt am Main zwar nichts grundlegend Neues abgewonnen werden. Dennoch wird durch sie ein weiteres Mal deutlich, dass die Gesellschaftsform einer GbR immer den „Keim der persönlichen Haftung ihrer Gesellschafter“ in sich trägt. Umso mehr sollten die Gesellschafter einer GbR – schon aus Eigenschutz – das Handeln der Mit-Gesellschafter überprüfen und überwachen.

Hervorzuheben ist abschließend, dass das OLG Frankfurt am Main aber zumindest nicht den im vorangegangenen einstweiligen Verfügungsverfahren geltend gemachten Unterlassungsanspruch zuerkannt hätte. Hierzu führt das OLG Frankfurt am Main in seinem Urteil vom 11.09.2014 aus:

Ohne Erfolg beruft sich die [beklagte Gesellschafterin] darauf, sie habe von dem Schreiben keine Kenntnis gehabt und habe überhaupt mit dem operativen Geschäft der B nichts zu tun. Dies führt nur dazu, dass sie nicht mit Erfolg auf Unterlassung in Anspruch genommen werden könnte. Denn insoweit haftet der persönlich haftende Gesellschafter nur, wenn er die Verletzung als Täter oder Teilnehmer mit verursacht hat, z.B. eine Verkehrssicherungspflicht verletzt hat.

Auch wenn mit diesen Ausführungen ebenfalls kein rechtliches Neuland beschritten worden ist, zeigen sie einmal mehr, wie wichtig die gründliche Überprüfung wettbewerbsrechtlicher Forderungen ist, um unnötige Risiken zu vermeiden und zwar insbesondere dann, wenn die persönliche Haftung zur Disposition steht. Hiernach war die Abgabe einer Abschlusserklärung zumindest für den nicht persönlich handelnden GbR-Gesellschafter überflüssig – er hätte (soweit persönlich betroffen) die einstweilige Verfügung im Rechtsmittelverfahren wieder aufheben lassen können. Dem steht jedoch nun die freiwillig abgegebene Abschlusserklärung entgegen, sodass er fortan auf Unterlassen haftet. Weil im Falle von zukünftigen Verstößen empfindliche Ordnungsmittel (Ordnungsgelder bis zu 250.000,00 € oder Ordnungshaft) drohen, stellt eine solche einstweilige Unterlassungsverfügung keine Bagatelle dar.

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Über Gastautor Alexander F. Bräuer

Alexander F. Bräuer ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz. Er betreut Mandate auf den Gebieten des Wettbewerbs-, Marken-, Urheber- und Geschmacksmusterrechts/Designrechts.

Ein Tätigkeitsschwerpunkt ist die rechtlich-präventive Betreuung von Online-Händlern und Internetdienstleistern, das sog. Internetrecht / eCommerce-Recht. Er ist Partner der Anwaltskanzlei Weiß & Partner in Esslingen am Neckar.