Keine Filtersysteme für soziale Netzwerke: EuGH stärkt Rechte von Nutzern und Plattformbetreibern

Betreiber von sozialen Netzwerken sind nicht verpflichtet, ein Filter-System zur Vorbeugung von Urheberrechtsverstößen einzurichten: Mit diesem Urteil hat der Europäische Gerichtshof der Forderung eine Abfuhr erteilt, Betreiber zur Einrichtung von Filtersystemen für Nutzeruploads zu zwingen, um urheberrechtlich geschütztes Material herauszufiltern. Eine Grundsatzentscheidung, die die Rechte von Nutzern und Plattformbetreibern gleichermaßen stärkt. Ins Rollen gebracht hatte den Fall eine belgische Verwertungsgesellschaft.
 

Urheberrechtlich geschützte Werke tauchen in Nutzeruploads auf

Die belgische Verwertungsgesellschaft SABAM vertritt Autoren, Komponisten und Herausgeber musikalischer Werke. Dabei liegt ihr Fokus auch auf den der Lizenzierung ihrer geschützten Werke durch Dritte.

Und wie das so ist: Wenn urheberrechtlich geschützte Werke ohne Zustimmung oder Zahlung von Lizenzgebühren verwendet werden, lässt sich das der Rechteinhaber nicht gerne gefallen. In diesem Fall die SABAM.

Eine von Netlog NV betriebene Plattform für ein soziales Netzwerk war ihr ein Dorn im Auge. Ähnlich wie bei Facebook, wird den dort angemeldeten Nutzern ein weltweit zugängliches Profil zur Verfügung stellt, auf dem sie unter anderem ihre Freunde zeigen, Fotos zur Schau stellen und Videoausschnitte veröffentlichen können. Ein Angebot, das immerhin mehr als 10 Millionen User täglich nutzen.

SABAM: Keine Zustimmung zur Nutzung erteilt, keine Vergütung erhalten

Der Vorwurf: Das soziale Netzwerk biete den Nutzern die Möglichkeit, über ihre Profile musikalische und audiovisuelle Werke aus dem Repertoire von SABAM zu nutzen. Und so würden die Werke der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt, andere Nutzer des Netzwerks könnten darauf zugreifen – ohne dass SABAM dazu seine Zustimmung erteilt habe, noch Gebühren dafür von Netlog bekäme.

Die Verwertungsgesellschaft klagte, der Fall landete vor dem Europäischen Gerichtshof, wo sich die Richter nun mit der Frage auseinandersetzten: Können Betreiber von Plattformen (auf eigene Kosten und zeitlich unbegrenzt) dazu verpflichtet werden, ein System einzurichten, das die von den Nutzern seiner Dienste auf seinen Servern gespeicherten Infos filtert?

Urteil: Keine Pflicht zu Filtersystemen für soziale Netzwerke

Nein, können sie nicht, entschied der EuGH in einem Grundsatzurteil (Az.: C 360/10) und erteilte damit dem Vorstoß, die Rechte von Plattformbetreibern und Nutzern empfindlich einzuschränken, eine klare Absage.

In seiner Begründung führte der EuGH an, dass die Betreiber sozialer Netzwerke nicht gezwungen werden könnten, ein generelles, alle Nutzer umfassendes Filtersystem einzurichten, um die unzulässige Nutzung musikalischer und audiovisueller Werke zu verhindern.

Zum Einen würde dies gegen das Verbot verstoßen, Anbietern eine allgemeine Überwachungspflicht aufzuerlegen. Anmerkung: Nach § 10 Telemediengesetz müssen Plattformbetreiber für User Generated Content nicht haften ("Haftungsprivileg").

Zum Anderen würden mit solch einer Entscheidung die unternehmerische Freiheit sowie die Grundrechte der Nutzer beeinträchtigt.

In der Pressemitteilung des EuGH ist hierzu zu lesen:

Eine solche Pflicht würde sowohl gegen das Verbot verstoßen, einem solchen Anbieter eine allgemeine Überwachungspflicht aufzuerlegen, als auch das Erfordernis nicht beachten, ein angemessenes Gleichgewicht zwischen dem Urheberrecht einerseits und der unternehmerischen Freiheit, dem Recht auf den Schutz personenbezogener Daten und dem Recht auf freien Empfang oder freie Sendung von Informationen andererseits zu gewährleisten.“

Weiterführende Informationen

© Flora Anna Grass – exali AG