RPC-Baustein: Absicherung, wenn der Auftraggeber zurücktritt

Als Ergänzung zur Media-Haftpflicht bietet exali den exklusiven Zusatzbaustein Return of Project Costs (RPC) an. Mit dem Angebot lassen sich die vergeblichen Aufwendungen bei einem berechtigten Rücktritt des Auftraggebers vom Projekt absichern (Eigenschadenrisiko).

RPC im Fokus: Im Interview mit exali hielt Schadensspezialist Assessor Thomas Gierszewski von der HISCOX AG interessante Informationen bereit:

Herr Gierszewski, mit dem RPC-Angebot nimmt die HISCOX in Deutschland eine Vorreiter-Rolle ein, wenn es um die Absicherung des Eigenschadenrisiko geht.

Gierszewski: Tatsächlich gab es diesen Zusatzbaustein bislang nur in den Versicherungspolicen unserer Londoner Kollegen. Dort haben wir allerdings so gute Erfahrungen gerade auch im Hinblick auf Kundenzufriedenheit gemacht, dass wir den RPC-Baustein als innovatives Element nicht nur in der IT-Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung, sodern über die von exali derzeit exklusiv angebotenen Media-Haftpflicht auch in Deutschland anbieten.

Für welche Zielgruppen ist diese Option besonders interessant?

Gierszewski: Der RPC-Baustein ist vor allem ein Angebot an Selbstständige, -Dienstleister und -Unternehmen im Medienbereich, die sich überwiegend mit projektbezogener Tätigkeit beschäftigen. Für sie ist der erfolgreiche Abschluss des Projekts entscheidend, denn davon hängen häufig sehr stark die Bezahlung und damit der Umsatz ab.

Und wer kommt für RPC nicht in Frage? 

Gierszewski: Weniger interessant ist diese Deckung für Selbstständige und Unternehmen, die auf Basis klassischer Dienstleistungsverträge arbeiten. "Überwirft" man sich im laufenden Projekt mit dem Auftraggeber, muss dieser zumindest die bis dahin geleisteten Stunden bezahlen.

"Vergebliche Aufwendungen": Was versteht man unter dieser Formulierung?

Gierszewski: Es handelt sich hierbei um alle Personal – und Sachaufwendungen, die der Versicherungsnehmer getätigt hat, weil er von einem erfolgreichen Abschluss eines Projekts ausgegangen – der jedoch nicht eingetreten ist.

Damit RPC in Anspruch genommen werden kann, muss zuvor der Auftraggeber vom Auftrag zurück getreten sein. Wann ist dies berechtigt?

Gierszewski: Der Rücktritt ist in den §§ 346 ff BGB geregelt. Dort steht generell, dass einer Vertragspartei bei einem vertraglichen oder gesetzlichen Rücktrittsrecht im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben sind. Bei vielen Projekten liegen Werkverträge zugrunde, für den § 634 Ziffer 3 BGB ein Rücktrittsrecht vorsieht. Uneinigkeit herrscht in der Praxis meist zwischen den Vertragsparteien darüber, welcher Inhalt innerhalb welcher Frist realisiert werden sollte.

Hierbei geht es zum Beispiel um die Frage, ob eine Funktion noch Gegenstand des Projekts ist oder ob ein so genannter "change request" (Änderungsanforderung) vorliegt. Ob ein Rücktritt seitens des Auftraggebers berechtigt war, kann für die Vertragsparteien verbindlich nur in einem Rechtstreit entschieden werden.

Aber was hilft der RPC Baustein, wenn ich erst einen Prozess führen muss?

Gierszewski: Genau hier setzt der RPC-Baustein an: Ein solcher Rechtstreit würde bis zur Urteilsverkündigung vom Medienschaffenden oder der Agentur viel Geld und Zeit kosten – ganz abgesehen vom allgemeinen Prozessrisiko. Diese juristischen, finanziellen und zeitlichen Risiken werden jedoch dem Versicherungsnehmer bei Vereinbarung des RPC-Bausteins vom Haftpflichtversicherer abgenommen. Hier hat der Versicherte also genauso wie im Media Haftpflichtvertrag einen «passiven» Rechtsschutz.

RPC in der Praxis – haben Sie einen konkreten Schadenfall für uns?

Gierszewski: Natürlich. So hatte ein Internet-Dienstleister den Auftrag zur Realisierung eines Multi-Media-Projekts angenommen. Trotz Einhaltung von Fristen und Erstellung sämtlicher gewünschter Funktionen bestand zum Abnahmetermin Uneinigkeit darüber, ob vom Auftraggeber gewünschte Zusatzfunktionen eine Erweiterung des Projekts darstellten – oder von Anfang an Auftragsgegenstand waren.

An sich wäre das nicht so schlimm gewesen, denn der Dienstleister war bereit, die Zusatzfunktionen innerhalb von 14 Tagen zu erstellen. Der Auftraggeber allerdings nahm die Situation zum Anlass, vom Vertrag zurückzutreten, aus welchen tatsächlichen Gründen auch immer. Die von unserem Versicherungsnehmer erbrachten Sach- und Personalleistungen stellten ohne Gewinnzuschläge einen Wert von etwa 50.000 EUR dar, was anhand von Auflistungen, Stundenzetteln und Tabellen problemlos nachgewiesen werden konnte.

Da die Internetagentur den RPC-Baustein mitversichert hatte, hat Hiscox den Ausgleich dieser Aufwendungen als Versicherungsleistung übernommen. Bereits nach wenigen Tagen wurde die Vorschusszahlung in Höhe von 30.000 EUR getätigt; nach Überprüfung der gesamten projektbezogenen Aufwendungen erfolgte die Zahlung des Schlussbetrags von rund 20.000 EUR. In diesem Fall hat Hiscox die Aufwendungen des Versicherungsnehmers innerhalb von vier Wochen ausgeglichen.

Ein Rechtstreit über die Frage, ob der Rücktritt berechtigt war, hätte Jahre gedauert, viele Kosten verschlungen und einen ungewissen Ausgang gehabt. Durch die Vereinbarung des RPC-Bausteins waren dem Versicherungsnehmer diese Risiken abgenommen.

Welche Leistungsbeschränkungen gibt es bei RPC?

Gierszewski: Die Leistungsbeschränkungen werden in den Versicherungsbedingungen klar angesprochen – und dort heißt es: Der Grund für den Rücktritt des Auftraggebers darf nicht auf einer vorsätzlich oder grob fahrlässig fehlerhaften Einschätzung der vorhandenen technischen, logistischen, finanziellen oder personellen Ressourcen beruhen.

Bis zu welcher Höhe leistet der Versicherer bei "vergeblichen Aufwendungen"?

Gierszewski: Ganz klar: Hiscox leistet pro Versicherungsfall bis zur Höhe der vereinbarten Versicherungssumme von 250.000 €.

Wie lange dauert in der Regel eine Schadenabwicklung in diesem Bereich?

Gierszewski: Das lässt sich pauschal schwer sagen und ist immer von den Gegebenheiten im Einzelfall abhängig. Hiscox ist bekannt für eine schnelle Schadenabwicklung, insbesondere wenn wir wie bei exali üblich, entsprechend unterstützt werden. exali kümmert sich darum, dass wir vom Versicherungsnehmer die Projektunterlagen und schriftliche Nachweise zu den jeweiligen Aufwendungen erhalten, dies beschleunigt natürlich die Bearbeitung. Dabei muss häufig ein komplexer technischer und juristischer Sachverhalt geprüft werden. Dies kann etwas Zeit in Anspruch nehmen. Mein bereits erwähnter Schadenfall zeigt jedoch sehr anschaulich, wie schnell ein komplexerer Fall in der Praxis abgewickelt werden kann.

Zum Schluss: Was ist der Unterschied zwischen dem exali Eigenschaden-Baustein (ES 250) und der RPC-Versicherung (RPC 250)?

Gierszewski: Der RPC-Baustein ist ebenfalls eine Form der Eigenschaden-Versicherung. Über den Eigenschadenbaustein «ES 250» ist jedoch die «Unredlichkeit» der eigenen Mitarbeiter (feste und freie Mitarbeiter) sowie die «Beschädigung oder Zerstörung der eigenen Website» versichert. Beide Bausteine können im Rahmen der exali Media-Haftpflicht separat vereinbart werden.

Sehr geehrter Herr Gierszewski, herzlichen Dank für das Gespräch.