New Yorker Urteil stärkt Urheberrechte in Social Communities: Bilderklau kostet Agenturen 1,2 Millionen Dollar

Besser spät als nie: Vor dreieinhalb Jahre veröffentlichte der Fotograf Daniel Morel seine Fotos von der Erdbebenkatastrophe in Haiti auf Twitter. Fleißig bedienten sich die Agenturen AFP und Getty Images daran und verwerteten die Bilder kommerziell – ohne dass der Urheber auch nur einen Penny dafür bekam. Der lange Rechtsstreit, den Morels Anwälte in Folge führten, hat sich nun ausgezahlt: Eine Jury des New York Southern District Court befand die Bildagenturen der vorsätzlichen Urheberrechtsverletzung für schuldig, verhängte eine Schadenersatzzahlung in Höhe von 1,2 Millionen Dollar – und damit die nach US-Recht höchstmögliche Summe.

Auf der exali.de InfoBase schildern wir den Fall von Anfang an und erklären, warum das US-Urteil die Rechte von Urhebern, die ihre Werke (nicht nur in sozialen Netzwerken) öffentlich machen, stärkt.

Der Auslöser: Impressionen einer Katastrophe

2010 erschütterte ein Jahrhunderterdbeben den Inselstaat Haiti und führte zu einer Katastrophe ungeahnten Ausmaßes. 1,5 Millionen Menschen wurde ihr Heim genommen, 250.000 bezahlten gar mit ihrem Leben.

Daniel Morel, US-Fotojournalist haitianischer Herkunft, war mit seiner Kamera vor Ort und dokumentierte die Zerstörung und das Leid der Bewohner. 17 dieser Aufnahmen lud er noch am Tag des Bebens auf Twitter hoch.

Hätte er gewusst, welche Folgen dieser Post haben würde, wären die Bilder vermutlich auf seiner Speicherkarte verblieben: Die Bilder gefielen einem anderen Twitter-Nutzer so gut, dass er sie per Retweet verbreitete – allerdings ohne Angabe einer Quelle. Schließlich erregten Morels Bilder die Aufmerksamkeit eines Mitarbeiters der Bildagentur Agence France Press (AFP). Er übernahm acht davon kurzerhand in den eigenen Bild-Pool–ohne den Urheber um Erlaubnis zu fragen.

Die Arroganz der Großen

Über die automatischen Feeds der Presseagentur gingen die Bilder unter anderem auch an deren US-Partner Getty, der sie an die amerikanischen Medien verkaufte – rund 820 Mal. Dadurch kam einiges an Geld zusammen – Morel aber, der die Fotos aufgenommen hatte, sah davon keinen einzigen Penny.

Allein schon aus Prinzip wollte Morel diese Verletzung seiner Urheberrechte nicht auf sich sitzen lassen. Besonders weil AFP und Getty sich in der Vergangenheit einen namen dafür gemacht haben, selbst aggressiv gegen die unlizenzierte Verwendung ihrer Bilder vorzugehen. Morels Anwälte klagten auf Schadenersatz. Insgesamt forderten sie stolze 120 Millionen Dollar.

AFP dagegen berief sich auf die Nutzungsbedingungen von Twitter und argumentierte, Morel hätte sich durch das Hochladen der Bilder damit einverstanden erklärt, dass diese weiterverbreitet würden.

Das ist zwar richtig, doch von kommerzieller Verwertung ist in den Bedingungen der sozialen Kommunikationsplattform keine Rede. Vielmehr verbleiben sämtliche Rechte beim Urheber. AFP und Getty schlugen jedoch Gewinn aus dem Verkauf von Morels Fotos und verstießen damit unter anderem gegen amerikanisches Urheberrecht.

Strafe für den Griff in die Keksdose

Dieser Meinung waren auch die Richter und die New Yorker Jury, die nun ihr scharfes Urteil fällten. Es ist das erste Mal, dass ein großer Bildlizenzgeber wegen vorsätzlicher Verletzung des Urheberrechts eines Foto-Journalisten verurteilt wurde. Die Schadenersatzzahlung, die über die beiden Agenturen verhängt wurde, beträgt 1,2 Millionen Dollar – der höchste Betrag, der in so einem Fall möglich ist.

Ein Grundsatzurteil, das die Kostenloskultur erst einmal in ihre Schranken weist – und AFP seinen „Griff in die Keksdose“ teuer zu stehen kommen lässt.

Stärkung der Urheberrechte in sozialen Netzwerken

Die Rechte von Urhebern dagegen werden durch den Fall in hohem Maße gestärkt. Fotografen oder andere Kreative können ihre Werke zukünftig beruhigt auf Twitter veröffentlichen. Gegen unerlaubte Verwendung ihrer Bilder oder Inhalte können sie nun unter Verweis auf den Fall Morel gerichtlich vorgehen.

Für die Agenturen bricht damit ein preisgünstiger Bilder-Pool weg, als welcher Twitter und andere soziale Netzwerke bislang angesehen wurden. Eine rechtliche Auseinandersetzung kann im Ernstfall aber natürlich nicht ausgeschlossen werden. Wer auf der sicheren Seite bleiben möchte, der bringt seine Bilder lieber direkt über eine Bildagentur in den Umlauf, statt sie in sozialen Netzwerken zu posten.

Weiterführende Informationen:

© Nele Totzke – exali AG