Was können Unternehmerinnen und Unternehmer durch Scheitern lernen?
Ist Scheitern ein Grund, aufzugeben?
Die Liste erfolgreicher Unternehmerinnen und Unternehmer, die zuerst scheiterten (einige sogar mehrmals) ist lang und illuster: So finden sich darunter etwa Amazon-Gründer Jeff Bezos, Apple-Gründer Steve Jobs, Arianna Huffington, die Gründerin und Herausgeberin der Huffington Post und auch Microsoft-Gründer Bill Gates.
Alle diese Beispiele zeigen, dass Scheitern nicht unumkehrbar sein muss und Sie als Unternehmerin oder Unternehmer sogar voranbringen kann. Auch die Gründung von exali sorgte 2008 (mitten in der Finanzkrise) für Skepsis. 15 Jahre später existiert exali noch immer. Doch auch dieser Weg verlief nicht ohne Irrtümer und den einen oder anderen Fehlschlag. Doch ohne die stünde das Unternehmen nicht da, wo es jetzt ist.
Wie sieht das richtige Verhältnis zum Scheitern aus?
Wenn Sie etwas wagen, besteht auch immer das Risiko, dass Sie scheitern. Gerade den Deutschen scheint das große Angst zu machen – zumindest wenn es nach einer Studie aus dem Jahr 2015 von Andreas Kuckertz und anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universität Hohenheim geht.
Kaum ein anderes Land ist dermaßen risikoscheu. Das ist fatal, schließlich können sich weder Erfolg noch Fortschritt einstellen, wenn nicht auch mal etwas schiefgeht oder man Irrwege beschreitet.
Wichtig ist, dass Sie einen Misserfolg für sich richtig interpretieren – und zwar ohne sich etwas vorzumachen. Verfehlte Ziele sind keine „Beinahe-Erfolge“ und eine schlecht gewählte Strategie ist keine „ungünstige Wendung“.
Das mag auf den ersten Blick hart klingen, doch wenn Sie die Augen vor der Wahrheit verschließen, ist die Gefahr groß, dass Sie einem falschen Weg noch hartnäckiger folgen. Im schlimmsten Fall so lange, bis Sie Ihr Business in die Insolvenz führen.
Stelle Sie daher niemals den Wunsch, als Unternehmerin oder Unternehmer nach außen gut dazustehen, über die Realität. Je eher Sie erkennen, dass Sie auf dem falschen Weg sind, desto eher könne Sie ein Projekt noch retten oder wenigstens etwas aus dem Irrtum lernen und sich auf diese Weise weiterentwickeln.
So bleiben Sie nicht nur glaubwürdig, sondern sorgen Sie auch dafür, dass Ihr Scheitern nicht absolut wird. Denn oft ist nicht gleich das gesamte Vorhaben ein Fehlschlag, sondern es hapert schlicht an Strategie, Taktik oder der Vision.
Wieso scheitern Unternehmen?
Scheitern kann vielfältige Formen annehmen und hat je nach Einzelfall verschiedene Gründe. Doch es gibt bestimmte Faktoren, die sich in verschiedenen Variationen wiederholen. Die wichtigsten sind:
- Ausdauer
Beim Start eines neuen Projekts kannst Sie sich vor lauter Tatendrang kaum halten. Doch nach Wochen und Monaten wird aus der Euphorie Routine und Ihr Vorhaben harte Arbeit – im schlimmsten Fall haben Sie bereits mit dem einen oder anderen Rückschlag zu kämpfen. Gerade jetzt kommt es darauf an, durchzuhalten. Viele etablierte Selbständige waren davor über viele Jahre maximal erfolglos… - Fokus
Fokussiert auf ein Ziel hinzuarbeiten, ist eine gute Sache. Dabei zur rücksichtlosen Einzelkämpferin oder zum Einzelkämpfer zu mutieren, weniger. Wenn Sie dazu neigen, andere Beteiligte zu übergehen und ständig mit dem Kopf durch die Wand zu wollen, stehen die Chancen für Ihr Vorhaben schlecht. - Perfektionismus
Die Unfähigkeit, Aufgaben abzugeben und der Irrglaube, niemand könne einen Job besser erledigen als Sie selbst, hat schon viele große Projekte scheitern lassen. Sorgen Sie dafür, dass sich Ihres nicht in diese Riege einreiht! - Detailversessenheit
Verlieren Sie vor lauter Kleinklein nicht aus dem Blick, worauf es wirklich ankommt. Ein Beispiel: Ist die Farbe Ihres Produkts wirklich so wichtig, wenn es noch gilt, grundlegende Fehler auszumerzen? - Hypersensibilität
Die meisten Menschen wünschen sich, dass ihre Leistungen gewürdigt werden. Das Bedürfnis nach Lob und Zugehörigkeit ist absolut menschlich. Vergessen Sie dabei umgekehrt aber nicht, die anderen Beteiligten des Projekts anzuerkennen und nehmen Sie konstruktive Kritik respektvoll an, anstatt beleidigt zu reagieren. Selbstverständlich hat niemand Freude an Kritik, doch sie kann wichtige Hinweise liefern, ob Sie bei Ihrem Vorgehen auf dem Holzweg sind. - Konkurrenzdenken
Wer unbedingt Erfolg haben will, neigt dazu, aus allem einen Wettkampf zu machen. Doch Vorsicht! Damit vergraulen Sie nicht nur Kundschaft, Partnerinnen und Partner, sondern stehen selbst auch ständig unter Strom – insgesamt sind das keine förderlichen Voraussetzungen für gute Arbeit. - Unruhe
Dieser Punkt ist eine Ergänzung zum Vorhergehenden. Der Wunsch, permanent produktiv zu sein, sorgt im schlimmsten Fall dafür, dass Sie Ihre Grenzen komplett überschreiten und ausbrennen. Dann geht eine lange Zeit erst einmal überhaupt nichts mehr voran. Suchen Sie sich besser einen gesunden Ausgleich zur Arbeit. Wenn Ihre Batterien aufgeladen sind, greifen Sie wieder umso erfolgreicher an. - Leidenschaft
Leidenschaft für die eigene Tätigkeit…das klingt doch erst einmal nicht schlecht, oder? Doch wer seinen Selbstwert nur von einem Projekt abhängig macht, ist bald nicht mehr imstande, ein Zuviel an Emotionen aus der Arbeit herauszuhalten. Daher liegen Erfolg und Scheitern in diesem Zusammenhang besonders dicht beieinander.
Bei agilem Projektmanagement wird ein Projekt in kleine Abschnitte eingeteilt und wenn Ideen nicht funktionieren, muss nicht sofort das komplette Projekt angehalten werden, sondern kann angepasst werden. In diesem Artikel finden Sie die Basics und Vorteile dieses Projektmanagements zusammengefasst: Wie funktioniert Scrum Projektmanagement?
In welchen Bereichen scheitern Unternehmen?
Selten scheitern Unternehmen gleich auf ganzer Linie. Oft ist es ein einzelner Bestandteil eines Vorhabens, der sich nicht so entwickelt, wie gewünscht. Dagegen könne Sie in den meisten Fällen etwas tun.
Das Scheitern der Taktik
Wer ein eigenes Business auf die Beine stellen will, sollte die einzelnen Schritte dafür im Vorfeld gut planen. Doch auch ein ausgefeilter Plan nützt nichts, wenn er nicht ordentlich umgesetzt wird.
Ein Klassiker ist die hervorragende Ausarbeitung eines absolut sinnvollen Geschäftsmodells ohne ein System dahinter, wie die verschiedenen Abteilungen die Arbeit schlussendlich erledigen. Das bereitet den Nährboden für Fehler, unnötige Mehrarbeit und Mikromanagement.
Die Lösung für dieses Dilemma: Protokollieren Sie Ihre Prozesse und legen Sie (nicht zu starre) Vorgaben fest, die alle Mitarbeitenden eigenständig erfüllen können, ohne dass ständiges Eingreifen seitens der Chefetage erforderlich wird.
So bleibt mehr Zeit für Wichtiges und Sie sorgen für eine gleichbleibende Qualität der Resultate. Legen Sie sinnvolle Kennzahlen fest, die es ermöglichen, Ergebnisse immer wieder zu prüfen. So erhalten Sie wertvollen Input, der verrät, wo Sie die Taktik anpassen sollten.
Wiederholen Sie diesen Prozess regemäßig! Branchen entwickeln sich schnell und genauso zügig müssen Prozesse immer wieder nachjustiert werden oder sie sind eines Tages vollkommen obsolet. Ihre Taktik sollte also stets mit der Zeit gehen.
Das Scheitern der Strategie
Manchmal stimmen Idee und Taktik, doch alle Beteiligten arbeiten auf ein völlig falsches Ziel hin. Ein eindrückliches Beispiel ist die Entstehung des Amazon Marketplace. Ursprünglich als eine Art zweites ebay gedacht, war das Projekt auf dem besten Weg zum kompletten Desaster. Erst eine Anpassung der Strategie brachte den gewünschten Erfolg und uns den Onlinemarktplatz, wie wir ihn heute kennen. Diese Problematik haben wir auch bei exali bereits am eigenen Leib erfahren.
2020 erweiterten wir unser Angebot auf Österreich und die Schweiz, weitere Länder in Europa sollten folgen. Da für die angestrebte Europäisierung zu dieser Zeit die gewünschte Top-Level-Domain exali.com nicht zur Verfügung stand, fokussierten wir uns im ersten Schritt auf Österreich (exali.at) und die Schweiz (exali.ch).
Durch unsere relative Bekanntheit im deutschsprachigen Raum und die Tatsache, dass die Sprachbarriere hier geringer ausgeprägt war, erhofften wir uns einen leichteren Start. Allerdings hat sich schnell abgezeichnet, dass diese Idee so nicht funktioniert, wenn wir einen Rollout in weiteren europäischen Ländern anpeilen. Das lag unter anderem an folgenden Punkten:
- Der Integrationsaufwand war immens.
- Alle Produkte ordentlich zu pflegen, würde viel zu viele Ressourcen verschlingen.
- Dementsprechend war das Projekt so nicht skalierbar und für unser Ziel von über 20 Ländern überhaupt nicht umzusetzen.
- Die Internationalisierung hätte Jahre (!) in Anspruch genommen.
Glücklicherweise wurde uns der drohende Fehlschlag rechtzeitig klar und wir konnten die Learnings aus dem Rollout in Österreich sowie der Schweiz für eine Anpassung unserer Europa-Strategie nutzen.
So erfolgte der Wechsel von einer Top-Level-Domain- zu einer Verzeichnisstrategie in englischer Sprache – und der erfolgreiche Rollout unseres Angebots strukturiert nach Clustern in 16 weiteren Ländern Anfang 2022.
Ein Produktlaunch ist aufregend und arbeitsintensiv. Eine umsichtige Planung hilft Ihnen und dem Team, diese spannende Zeit gut zu bewältigen. Was für eine erfolgreiche Produkteinführung am Markt wichtig ist, darüber haben wir uns diesem Artikel Gedanken gemacht: Wie gelingt der Produktlaunch? 6 Schritte zur Produkteinführung.
So wichtig gute Planung auch ist, man muss eine Strategie im echten Leben testen, um zu wissen, ob sie wirklich funktioniert. Ist das nicht der Fall, kommt es darauf an, sich konsequent und rechtzeitig von einem falschen Vorgehen zu verabschieden. Denn bloß, weil etwas im ersten Anlauf nicht den gewünschten Erfolg bringt, heißt das nicht, dass Sie als Unternehmerin oder Unternehmer unfähig sind.
Das Scheitern der Idee
Steht das, was Sie tun, nicht im Einklang mit den eigenen Werten, werden Sie höchstwahrscheinlich scheitern, da Sie fremdbestimmt die Idee von Anderen umsetzen, anstatt etwas zu tun, das Ihnen wirklich entspricht. Um das zu vermeiden, müssen Sie natürlich erst einmal herausfinden, was Ihnen wichtig ist, was Sie erreichen möchten und wie Sie Ihre Zeit verbringen wollen.
Selbstverständlich können Sie sich auch einfach treiben lassen, doch dann ist die Gefahr groß, dass Sie nur noch auf die Umstände reagieren und sich irgendwann fremdbestimmt und unzufrieden in einer Situation wiederfinden, in die Sie nie geraten wollten. Machen Sie sich klar, welcher unternehmerischen Version Sie folgen wollen – wie Sie den Weg zu deren Erfüllung gehen, darin können Sie flexibel bleiben.
Wie können Unternehmen vom Scheitern profitieren?
Unsere Angst vor Fehlern liegt vor allem darin begründet, dass wir uns vor Spott und Kritik fürchten. Dabei sorgen genau diese Fehler für persönliche und gesellschaftliche Entwicklung! Deshalb nur Mut: Mut, einen Fehlschlag zu riskieren oder einem Irrtum aufzusitzen ohne, dass man im Anschluss der Häme seiner Mitmenschen ausgesetzt ist.
Denn Fehler machen nicht nur klüger, sondern auch nachsichtiger. Man bringt viel mehr Geduld mit anderen auf, wenn man sich darüber im Klaren ist, dass einem selbst auch schon ein grober Schnitzer passiert ist.
Aus unternehmerischem Scheitern kann also tatsächlich etwas Gutes entstehen, wenn Sie richtig damit umgehen. Suchen Sie die Schuld nicht ausschließlich in äußeren Umständen und grübeln Sie nicht zu sehr über alles nach.
Analysieren Sie Ihre Fehler, lernen Sie daraus, haken Sie die Sache ab und machen Sie – nun hoffentlich klüger – weiter. Im Endeffekt geht es darum, aus Niederlagen etwas zu machen, Verantwortung zu übernehmen (auch für das, was nicht funktioniert hat) und bei alldem die Begeisterung für das eigene Tun nicht zu verlieren.
Dann sind Fehlschläge in manchen Fällen gar nicht mal so schlecht. Im besten Fall machen Sie diese zur erfolgreichen Gründerin oder zum Gründer.