BGH: Vertrauen in den Rechtsanwalt ist „heilig“ – Risiko für Haftungsansprüche steigt

Mandanten dürfen ihren Rechtsanwälten vertrauen. Als Basis für eine erfolgreiche Zusammenarbeit darf das Vertrauen in die Kompetenz des Fachmanns nicht in Frage gestellt werden. Das hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 06.02.2014 entschieden. Die Folge: Schadenersatzansprüche wegen fehlerhafter Beratung oder Vertretung verliert der Mandant auch dann nicht, wenn er Kenntnis von Fehlentscheidungen seines Anwalts erlangt. Das Urteil erhöht damit das Risiko für Rechtsanwälte, von ihren Mandanten auch noch nach Ende der Zusammenarbeit in Haftung genommen zu werden. 

Den Fall, mit dem sich der Bundesgerichtshof beschäftigte, sowie das Urteil selbst, das sich langfristig auch auf die Inanspruchnahme von Rechtsanwälten auswirken kann, beleuchten wir heute auf der exali.de InfoBase.

BGH und die Haftung von Rechtsanwälten: Hintergründe des Urteils

Rechtsanwalt ist ein vertrauenswürdiger Beruf. In der Bevölkerung mag diese Meinung nicht jeder teilen, im Bundesgerichtshof ist man davon aber überzeugt. Das zeigt ein kürzlich gefälltes Urteil (Az.: IX ZR 245/12). Darin beschäftigten sich die Richter mit dem Thema, ab welchem Zeitpunkt ein Mandant Kenntnis von einem entstandenen Anspruch gegen seinen Rechtsanwalt erlangt und sein Vertrauen gegenüber dem Anwalt hinterfragen sollte. 

Auslöser für die Entscheidung war der Fall einer Vermieterin, die einen Rechtsanwalt mit der Durchsetzung von Ansprüchen gegen ihre ehemaligen Mieter beauftragte, das Verfahren jedoch verlor. Daraufhin nahm sie ihren Rechtsanwalt wegen fehlerhafter Beratung in Haftung. In den Vorinstanzen blieb die Klägerin jedoch erfolglos: Die Verjährungsfrist von drei Jahren war bereits abgelaufen – und damit genau die Frist, in der man seinen Anwalt für Fehlberatungen haftbar machen kann. 

Kenntniserlangung des Mandanten und Verjährungsfrist

Knackpunkt der Verhandlungen war also der Zeitpunkt des Beginns der Verjährungsfrist. Darin waren sich die Bundesgerichte und der BGH nicht einig – so beginnt die Verjährungsfrist laut BGH viel später, als die Berufungsgerichte dies festgelegt hatten. Der Grund: 

„Eine Kenntnis oder grobe fahrlässige Unkenntnis der den Anspruch begründenden Umständen im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegen nicht schon dann vor, wenn dem Gläubiger Umstände bekannt werden, nach denen zu seinen Lasten ein Rechtsverlust eingetreten ist.“ 

In einfacheren Worten: Die Verjährungsfrist beginnt erst dann, wenn auch für den Laien erkennbar ist, dass sich sein Rechtsanwalt nicht an übliches rechtliches Vorgehen gehalten oder notwendige Maßnahmen unterlassen hat. Und eben nicht vorher.

Dahinter steckt die Annahme des BGH, dass rechtlicher Beistand für gewöhnlich angefordert werde, weil der Mandant nicht fachkundig sei und seine rechtlichen Belange zur Durchsetzung von Ansprüchen in die Hände eines Fachmanns gebe. Daraus folge, dass der Mandant eine mögliche Fehlleistung des Anwalts – eben aufgrund seines fehlenden Rechtswissens – nicht erkennen könne. Übrigens: Auch eine gegensätzliche Meinung eines Gerichts liefere keine ausreichende Kenntnis über Fehler des beauftragten Anwalts. 

Folgen des Urteils für Anwälte

Das Urteil des Bundesgerichtshofs hat Konsequenzen für Rechtsanwälte: Sie können für fehlerhafte Beratungen länger in Haftung genommen werden, als bislang. Wann der Mandant Kenntnis von dem Fehler erlangt hat und die Verjährungsfrist beginnt, wird von Fall zu Fall entschieden werden müssen – insgesamt aber wird der Zeitraum sicherlich umfangreicher. 

Infolgedessen könnte die Zahl der Schadenfälle (= Versicherungsfalle) und damit Anspruchsforderungen gegenüber Rechtsanwälten ansteigen. 

Da Anwälte, die in Deutschland tätig werden möchten, nach §51 BRAO zwingend eine Pflichtversicherung abschließen müssen, besteht grundsätzlich Versicherungsschutz dafür. Möglicherweise muss jedoch die gewählte Versicherungssumme überdacht und gegebenenfalls erhöht werden. 

Pflichtversicherung für Rechtsanwälte über exali.de

Die Anwalts-Haftpflicht, wie sie auch genannt wird, bietet Rechtsanwälten zuverlässigen Schutz im Schadenfall. 

Das Versicherungskonzept über exali.de deckt dabei nicht nur Vermögensschäden aus Pflichtverletzungen ab, die in der beruflichen Funktion verursacht wurden, sondern springt auch bei Vertrauens- und Eigenschäden ein. Vom Versicherungsschutz umfasst sind dabei Reputationsschäden, die Veränderung oder Blockierung der eigenen Webseite und der Verlust schriftlicher Arbeitsdokumente. Zusätzlich sind Schadenersatzansprüche Dritter wegen Veröffentlichungen (z.B. in Fachmedien, auf Webseiten, in den sozialen Medien oder auf Blogs) versichert. 

Die optional wählbare Leistungserweiterung „Datenschutz- & Cyber-Eigenschaden-Deckung“ bietet zusätzlich Schutz für Eigenschäden, die dem Anwalt im Zusammenhang mit einem Hacker-Angriff, DoS-Attacken, Computermissbrauch, Diebstahl von Datenträgern sowie einer sonstigen Datenrechtsverletzung entstehen.

Weiterführende Informationen

© Nele Totzke – exali AG