Kurioses Urteil: Müssen Instagramer wirklich jeden Post als Werbung kennzeichnen?

Viele Journalisten, Blogger und alle, die in der Medienbranche tätig sind, nutzen Soziale Netzwerke für ihre tägliche Arbeit. Doch die Verwendung von Instagram und Co. zu journalistischen Zwecken könnte in Zukunft etwas anders aussehen. Denn es gibt ein aktuelles Urteil des Landgerichts Berlin gegen eine Instagramerin, die Werbung nicht richtig gekennzeichnet haben soll. Im Netz wird das Urteil aktuell heiß diskutiert, denn es könnte die gesamte Branche nachhaltig verändern.

VSW vs. Vreni Frost: Das Battle um den Tag

Vreni Frost ist Bloggerin und beschäftigt sich mit Mode, Lifestyle und Reisen. Auf Instagram postet sie gerne Bilder und vertaggt dazu die passenden Unternehmen zu der Kleidung oder den Lifestyle-Produkten. Sie habe dabei nicht die Absicht, Werbung zu machen, das Vertaggen sei ein rein redaktioneller Dienst für ihre Leserinnen und Leser, so Vreni Frost. Doch auf einmal flatterte ihr genau deshalb eine Abmahnung ins Haus. Der Verband Sozialer Wettbewerb (VSW) sieht das nämlich ganz anders: Die Bloggerin verstoße gegen das Telemediengesetz §5a Abs. 6 UWG und §6 Abs. 1 und das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb. Sie vertagge Marken in Instagram-Posts und mache dadurch Werbung, ohne diese zu kennzeichnen. Deshalb verlangt der Verband von ihr Abmahngebühren in Höhe von 178,50 Euro.

Und damit nicht genug, denn mit der Abmahnung erhielt sie die Aufforderung eine Unterlassungserklärung abzugeben. Unterschreibt die Bloggerin und Instagramerin, verpflichtet sie sich alle ihre Beiträge als Werbung zu kennzeichnen – oder jeglichen Bezug zu Marken unterlassen. Die Erklärung würde die Freiheit der Instagramerin in ihrer Arbeit stark einschränken.

Auf Abmahnung folgt einstweilige Verfügung

Dessen ist sich Vreni Frost bewusst, deshalb ließ sie die Abmahnung des VSW auch nicht auf sich sitzen und suchte sich einen Anwalt. Sie unterschrieb die ihr vorliegende Unterlassungserklärung nicht und es dauerte nicht lange, bis der Fall vor dem Landesgericht Berlin landete. Und das entschied gegen die Instagramerin (Urteil vom 24.05.2018, Az: 52 O 101/18). Auf die Abmahnung folgte eine einstweilige Verfügung: Vreni ist es ab sofort untersagt, Marken auf Instagram zu vertaggen, ohne diese Posts als Werbung zu kennzeichnen – unabhängig davon, ob sie für die Markierung der Marke eine Gegenleistung bekommt. Das Gericht erkennt Tags damit nicht als redaktionelle Handlung an. Ein Urteil, das Vreni Frost nicht nachvollziehen kann, weshalb der Fall jetzt in höherer Instanz am Kammergericht Berlin gelandet ist.

Ist vertaggen Werbung?

Ob vertaggen wirklich Werbung ist, kann nicht eindeutig gesagt werden. In vielen journalistischen Texten sind Namen von Unternehmen aus rein redaktionellen Gründen verlinkt. Das Nennen einer Marke kann demnach nicht als Werbung gesehen werden. Davon sind auch Vreni Frost und viele ihrer Follower und Kollegen überzeugt. Sie werfen dem Gericht vor, das Internet nicht richtig verstanden zu haben.

Das Verlinken von Webshops oder Unternehmensseiten, die direkt zu Produkten führen, kann unter Umständen jedoch schon als Werbung gelten. Und auch Tags sind eine solche Verlinkung. Und genau das hat Vreni Frost getan. Da Tags eben auch zu kommerziellen Handlungen führen können, sind sie als kritisch zu betrachten.

Denn jeder, der mit Werbung auf Instagram Geld verdient, muss das auch für die Nutzer erkennbar machen. Schließlich verfolgen sie ein Geschäftsinteresse, das auch bei Vreni Frost nicht auszuschließen ist. Sie hat immerhin mehr als 50.000 Follower bei Instagram und macht auch kein Geheimnis daraus, wie sie ihr Geld verdient. Letztlich geht es dem LG Berlin in seinem Urteil darum, einen unlauteren Wettbewerb zu verhindern. Die Konsequenzen daraus hat Vreni bereits gezogen, sie kennzeichnet jetzt jeden ihrer Beiträge mit „[Werbung]“.

Urteil gegen freie Meinungsäußerung oder für fairen Wettbewerb?

Das Urteil des LG Berlin führt dazu, dass die Unterscheidung von redaktionellen Beiträgen und Werbeinhalten sehr schwierig wird. Seit dem Urteil kennzeichnen viele Instagramer jeden Post als Werbung, um sich vor Abmahnungen zu schützen. Für die Follower macht es das umso schwieriger zu erkennen, ob der Influencer nun tatsächlich bezahlte Werbung macht oder einen ehrlich gemeinten Produkttipp hat, für den er keine Gegenleistung bekommt.

Kennzeichnung? Dann aber richtig!

Kennzeichnung ist nicht gleich Kennzeichnung. Ein „Sponsored by“, „In Kooperation mit“ oder auch „#Ad“ reichen nicht aus, um Beiträge als Werbung erkennbar zu machen. Das zeigt unter anderem ein Urteil des Landgerichts München aus dem Jahr 2015. Wer aus wettbewerbsrechtlicher Sicht auf Nummer sicher gehen möchte, sollte entsprechende Beiträge mit „Anzeige“, „Werbung“ oder „Werbeanzeige“ kennzeichnen. Gekennzeichnet werden sollten alle Posts und Beiträge auf allen Plattformen, die eine Marke vertaggen oder Hashtags beinhalten, die auf einen werblichen Nutzen zurückzuschließen sind.

Gewinner und Verlierer des Urteils

Wie in jedem Urteil gibt es sowohl Gewinner, als auch Verlierer. Zu den Letzteren gehört sicher Vreni Frost, aber auch alle anderen Blogger, Journalisten und Medienschaffende, die von der Möglichkeit des Verlinkens und Vertaggens Gebrauch machen. Zu den großen Gewinnern zählt der Verband Sozialer Wettbewerb und damit die Abmahnindustrie. Das Urteil macht es Abmahnanwälten noch leichter und könnte für eine enorme Abmahnwelle gegen alle Medienschaffende, die mit sozialen Netzwerken arbeiten, sorgen.

Aus diesem Grund sollten sich Medienschaffende auf eine gute Berufshaftpflichtversicherung verlassen können, die auch bei der Arbeit mit und in Sozialen Netzwerken optimal schützt. Mit der Media-Haftpflichtversicherung über exali.de sind Blogger, Instagramer und Journalisten bei Schadenersatzforderungen aufgrund von Rechtsverletzungen abgesichert.

 

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© Sebastian Neumair – exali AG