Lohnt sich Coaching für Selbständige? Expertin Susi Krauseneck klärt auf

Coaching boomt. Doch woran können Sie Qualität und Qualifikation eines Coaches erkennen? Und ist das Ganze für Freelancer und Selbständige überhaupt sinnvoll? Das besprechen wir im Artikel mit Kommunikationsexpertin Susi Krauseneck.

Ist Coaching via Social Media sinnvoll?

Susi Krauseneck ist seit über 20 Jahren als Moderatorin tätig und bietet darüber hinaus Medien- und Kommunikationstrainings sowie Coachings an. Als Expertin hat sie einen besonders geschärften Blick auf den Coaching-Boom.

Auf die Frage, wie sie die Entwicklung sieht, dass gerade in sozialen Netzwerken wie TikTok, YouTube oder Instagram immer mehr Videos, Podcasts oder andere Beiträge zu finden sind, in denen selbsternannte Coaches mit Sprüchen und Anleitungen ihre Coachings anpreisen, antwortet sie folgendermaßen:

„Grundsätzlich finde ich es nicht schlecht, Menschen mit einem Post in ihrer digitalen Lebenswelt zu erreichen. Aus Marketingsicht kann man mit der richtigen Wahl des Social-Media-Kanals bereits die gewünschte Zielgruppe ansprechen oder neue Zielgruppen erschließen.

Auch Tutorials, Online-Kurse oder Video-Trainings können sehr hilfreich sein“. Dennoch gäbe es einen großen Unterschied zwischen Lifehacks für Powerpoint oder Tipps für eine erfüllte Partnerschaft und Business-Themen wie Teamführung oder die Erweiterung des eigenen Skillsets. Das eine geht per Video-Tutorial, das andere braucht den persönlichen Austausch.

 

Wie sieht ein gutes Coaching aus?

„Ein Coaching berücksichtigt grundsätzlich die individuelle und aktuelle Situation des Coachees, es ist interaktiv und personenzentriert. Ein Video dagegen bleibt allgemein und wird einer komplexen, individuellen Situation nie gerecht“, erklärt die Expertin weiter.

In Rhetorik-Coachings müssen Teilnehmende zum Beispiel oft einen spontanen Kurzvortrag halten. Dieser wird aufgenommen und anschließend analysiert. Das zeigt: Gutes Coaching ist individuell und lebt vom Austausch.

Bei einem Video mit „Tipps für bessere Präsentationen“ erhalten Zuschauerinnen und Zuschauer zwar eine gute Grundlage. Das kann aber nicht ersetzen, was man in einem Coaching konkret lernt.

Tipp:

Es ist gut, die eigenen Schwächen zu kennen und eventuell mit einem Coaching auszumerzen. Genauso sollten Sie sich Ihrer Stärken bewusst sein. Als introvertierte Person bringen Sie zum Beispiel besondere Stärken mit, die Ihnen in der Selbständigkeit zugutekommen. Mehr dazu lesen Sie im Artikel Wie führen Introvertierte Ihr Business erfolgreich?

Wer darf sich Coach nennen?

Die wichtigste Frage vor Beginn eines Coachings ist zum einen: Worum soll es genau gehen? Zum anderen: Welches Angebot wählen Sie? Bei dem mittlerweile sehr großen Angebot ist es gar nicht so einfach, einen wirklich guten Coach zu finden.

Hier stimmt Susi Krauseneck zu: „Es ist in der Tat sehr schwierig, hier die Spreu vom Weizen zu trennen. Ich selbst bilde mich regelmäßig fort und recherchiere und vergleiche im Vorfeld genau, um nicht nur das richtige Thema, sondern auch den richtigen Coach oder Trainer zu erwischen. Der Business- oder Systemische Coach ist in der Regel zertifiziert mit qualifizierter Ausbildung und Mitgliedschaft in einem Verband. Hier kann man von einer entsprechenden Qualität des Coachings ausgehen.“

Es ist aber auch so, dass mittlerweile jede Organisation, die sich „Akademie“ oder „Institut“ nennt, Zertifikate für Coaches ausstellt. Doch wie können Sie nun erkennen, ob ein Zertifikat seriös ist? „Anerkannte Coaches mit Zertifizierungsanerkennung findet man zum Beispiel beim Deutschen Business Coaching Verband DBVD, beim Deutschen Coaching Verband DCV oder bei der International Organization for Business Coaching IOBC“.

Sind Coaches ohne Zertifizierung unseriös?

Ein fehlendes Zertifikat bedeutet nicht automatisch, dass der Coach unseriös ist, stellt Susi Krauseneck klar: „Auch hier gibt es oft hochprofessionelle Arbeit. Coaching ist in der Regel eine prozessbegleitende Unterstützung durch eine Expertin oder einen Experten.

Menschen mit 20 Jahren Berufserfahrung können als Sparringspartner mit ihrer großen Praxiserfahrung und eigenen Weiterbildungen sehr gute Coaches sein“. Die individuelle Erfahrung einer schmerzhaften Scheidung oder Trennung macht jedoch noch nicht zur Expertin oder zum Experten als Life-Coach.

Warum sind Kommunikations-Coachings für Unternehmen so wichtig?

Kommunikation ist alles! Das lernt man immer wieder, gerade wenn es um Mitarbeiterführung und Marketing geht. Doch obwohl Kommunikation so wichtig ist, erläutert Susi Krauseneck, sei es in vielen Unternehmen bislang ein eher nachrangiges Thema. Meist stünden andere Dinge wie Finanzen oder Vertriebswege mehr im Vordergrund. Doch wenn ein Unternehmen in Schwierigkeiten gerate, gehe es letztlich immer um Kommunikation.

„Für viele Unternehmen, die ich berate, waren die Energiekrise und der Russland-Ukraine-Krieg in der internen und externen Kommunikation viel schwieriger zu bewältigen als beispielsweise Corona. Wer sich erst in der Krise mit Kommunikationsprozessen oder -inhalten auseinandersetzt, handelt unüberlegt, macht Fehler oder kommuniziert aus Angst oft gar nicht - und das ist aus meiner Sicht der größte Fehler von allen“, fügt sie hinzu.

Ist Coaching für Freelancer oder Gründende sinnvoll?

Können auch Freelancer und Gründende von einem Coaching profitieren? „Unbedingt! Das Thema Kundenaufbau, Sichtbarkeit und digitale Reichweite ist ein Thema für alle, die gerade dabei sind, ihr Unternehmen aufzubauen. Aber auch Marketing- oder Vertriebskommunikation, Teamführung oder agiles Arbeiten sind Bereiche, in denen man mit Coaches schneller vorankommt“, sagt Susi Krauseneck.

Wie erkennen Sie unseriöse Coachings?

Allerdings warnt sie auch davor, dass es gerade im Bereich Marketing und Vertrieb viele unseriöse Coaching-Angebote gibt: „Ich persönlich werde zum Beispiel beim Framing „Finanzielle Unabhängigkeit“ hellhörig. Selbständige oder Gründende wissen, wie schwierig es ist, am Anfang eine durchgängige Auftragslage stabil und am besten noch bis ins Folgejahr hinein sicherzustellen.

Es ist fast unmöglich, das ist spätestens seit Corona klargeworden. Deshalb sind aus meiner Sicht Versprechungen von Coaches wie „Wie ziehe ich Kunden wie ein Magnet an“ oder „Wie schaffe ich schnell 5k im Monat“ schlicht unseriös“.

Schließlich lasse sich nicht ein Konzept pauschal auf jedes Unternehmen übertragen. Übrigens sind es genau solche Coaching-Angebote, die derzeit stark in der Kritik stehen. Zu Recht – es gibt nicht EIN Konzept gibt, mit dem alle in kurzer Zeit massiv viel Geld verdienen oder Kunden und Kundinnen generieren.

Leider fallen immer wieder Menschen auf solche Versprechungen herein, so die Expertin: „Viele Coachees investieren hier viel Geld, machen dann Verluste und geben frustriert auf. Deshalb sollte man genau hinschauen, wer hier ausbildet und welche Expertise dahintersteckt.“

Wie läuft ein professionelles Coaching ab?

Es bleibt bei der alten Weisheit: Wenn etwas zu gut klingt, um wahr zu sein, dann ist es das meistens auch. Coachings und Trainings sind oft vor allem anstrengend – im positiven Sinne. Und genau das ist der Sinn, betont Susi Krauseneck. „Professionelles Coaching hängt von vielen Faktoren ab: Es geht um Modelle, Methoden, aber auch um Didaktik, Haltung und Expertise.

Da man als Coach so wenig wie möglich vorgeben möchte, wird der Prozess durch bestimmte Fragetechniken gesteuert, die es dem Coachee ermöglichen, selbst eine Lösung zu erarbeiten. Die gewünschten Themen sind dabei von „Schlagfertigkeit“ oder „Wertschätzende Kommunikation“ bis hin zu interner und externer Krisenkommunikation so vielfältig wie die Bedürfnisse meiner Kundinnen und Kunden“.

Gibt es dennoch allgemeine Bausteine oder Formeln für den Aufbau und die Inhalte eines Coachings? „Der Inhalt eines Coachings folgt immer einem logischen Aufbau, an dessen Ende durch Reflektions-Arbeit oder Praxisübungen ein Learning steht. Es ist eben kein „Frontalunterricht“ mit der puren Informationsweitergabe, sondern bringt den Coachee in Etappen von Ebene zu Ebene weiter.

Ein Coaching ermöglicht aber immer auch den Blick auf individuelle Problemstellungen, erlaubt Schwerpunkte zu setzen oder Inhalte zu vertiefen. Das geht nur im Dialog. Natürlich gibt es beispielsweise auch in der Krisenkommunikation feste Textbausteine oder juristische Formulierungen.

Dennoch müssen in der Kommunikation einfach sehr viele unterschiedliche Faktoren und individuelle Gegebenheiten berücksichtigt werden“, erläutert Susi Krauseneck. „Viele Unternehmen beschäftigen sich aktuell mit Themen wie dem Russland-Ukraine-Krieg, Diversity, Sexismus etc. und deren direkten Auswirkungen auf Unternehmenskulturen und -prozesse oder stehen unter medialer Beobachtung.

Um nach außen und innen sprachfähig zu sein, bedarf es einer Gesamthaltung des Unternehmens. Dafür gibt es kein Patentrezept, aber einen gemeinsamen Weg dorthin“.

Wie finden Sie Ihre persönliche Lösung durch Coaching?

Es gibt viele private oder berufliche Gründe, ein Coaching zu absolvieren. Sei es, um sicherer auf Veranstaltungen oder vor Mitarbeitenden präsentieren zu können oder um generell die Kommunikation im Unternehmen zu verbessern.

Wichtig ist auch, dass Sie in der Lage sind, Feedback anzunehmen und selbst nach Lösungen zu suchen - sonst können Sie sich auch einfach ein Video anschauen, wo jemand Ihnen generische Lösungen vorgibt.

„Coaching geht auch mit einer Persönlichkeitsentwicklung der Coachees einher. Das ist ein laufender Prozess, den die Coaches begleiten“, sagt Susi Krauseneck. Ängste oder verinnerlichte Glaubenssätze könnten diesen Entwicklungsprozess jedoch behindern. „Ein Problem sind auch Hindernisse, die aus einem ganz anderen Bereich kommen, aber im Coachingprozess nicht besprochen werden können oder dürfen.

Oft entsteht auch die Erwartungshaltung der Coachees, dass Coaches ihre Probleme lösen“, führt sie weiter aus. Umso wichtiger sei das Vorgespräch, in dem Inhalte, Bedürfnisse und Ziele geklärt werden, um Enttäuschungen und falsche Erwartungen zu vermeiden.

Coaching ist keine Therapie

Auch wenn gutes Coaching oft viel mit Persönlichkeitsentwicklung zu tun hat und oft auch Themen wie Ängste oder frühere Erfahrungen zur Sprache kommen: Coaching ist nicht mit Therapie zu verwechseln - auch wenn das leider immer wieder mal salopp so verwendet wird.

"Grundsätzlich sind die Begriffe Psychotherapie und Therapie genauso wie Coaching nicht geschützt. Jede und jeder darf sie für sich verwenden. Deshalb sollte man auch hier genau hinschauen, wer was mit welchem fachlichen Hintergrund anbietet“, meint die Kommunikationsexpertin.

Sie persönlich sieht in ihren Coachings keinen therapeutischen Ansatz oder Nutzen. Dennoch gäbe es Kommunikationsthemen, die sich mit Psychotherapie überschneiden, wie zum Beispiel „Angst vor öffentlichen Reden“.

„Ich habe diesbezüglich sogar schon Anfragen von Psychotherapeutinnen und -therapeuten bekommen, ob ich in diesem Fall ein Coaching übernehmen könne, da eine Therapie als „Angstpatient“ möglicherweise der falsche Ansatz sei“, erinnert sie sich.

Kann Coaching kann eine Unterstützung für Selbständige sein?

Coachings können für Selbständige eine wertvolle Unterstützung sein. Wichtig ist, gerade bei dem mittlerweile sehr großen Angebot – sowohl was die Themen als auch die Art des Coachings betrifft – immer genau hinzuschauen, wer dahintersteckt.

Im Zweifelsfall lohnt es sich auch, Empfehlungen aus dem Bekanntenkreis oder dem beruflichen Netzwerk einzuholen, bevor man sich selbst auf die Suche nach Coaches macht.

Unsere Expertin: Susi Krauseneck

Medien- und Kommunikationstraining & Coaching – Schwerpunkte Storytelling, Interviews & Krisenkommunikation, Führung Mindset & Kommunikation

Mit über 20 Jahren Bühnenerfahrung hält Susi Krauseneck wirksame und inspirierende Impulsvorträge zu den Themen Leadership und Kommunikation. Als Moderatorin führt sie mit viel Sympathie, Kompetenz und Eloquenz durch Veranstaltungen und Gesprächsrunden.

Durch ihre Kommunikations- und Medientrainings unterstützt sie Inhouse und digital Mitarbeiter und Führungskräfte bei ihrer täglichen Arbeit. Schwerpunkte sind Krisenkommunikation, Storytelling, Schlagfertigkeit und strategische Gesprächsführung. Mehr zu Susi Krauseneck findest du auch auf ihrer Webseite: krauseneck.de