IT-Haftpflicht in der Praxis: IT-Experte informiert Versicherer zu spät

Keine IT-Haftpflicht zu besitzen, kann für den freiberuflichen IT-Experten im Fall der Fälle sehr teuer werden. Wenn er allerdings einen solchen Rundum-Schutz besitzt, dann sollte er seinen Ansprechpartner bei der Versicherung oder seinen Versicherungsmakler tatsächlich auch als einen Partner begreifen. Als Partner, der im Schadenfall frühzeitig eingeschaltet werden sollte - wie dieser Fall aus der Praxis zeigt: Weil ein IT-Experte voreilig eine Verzichtserklärung unterschrieb, konnte der Versicherer nichts mehr tun - und er verlor 20.000,00 Euro.

Vorwurf: Virus in Firmennetzwerk eingeschleust
Projektvermittler setzt IT-Experte unter Druck
Mit einer IT-Haftpflicht versichert, aber falsch verhalten
IT-Experte kann sich auf seinen Partner verlassen: den Versicherer
Beweislast liegt beim Geschädigten
Richtiges Verhalten im Schadenfall - eine Checkliste

Vorwurf: Virus in Firmennetzwerk eingeschleust

Der IT-Haftpflicht Schadenfall von vorne: Ein freiberuflicher IT-Experte war über einen Projektvermittler bzw. IT-Dienstleister als Subunternehmer für einen großen KFZ-Zulieferer (Elektronikbereich) tätig. Dort entwickelte er vor Ort Tools für ein Datenbankprogramm. Als er sich, wie schon viele Male zuvor, in das Firmen-Netzwerk mit seinem eigenen Laptop einloggte, warnte ihn sein Antiviren-Programm vor einem Virus auf seinem System - den er sofort löschte.

Kurz darauf wurde der IT-Experte allerdings beschuldigt, einen Virus in das Netzwerk der Firma eingeschleust zu haben. Laut Auftraggeber mussten deshalb weite Teile der Produktion still gelegt werden, um den Virus nicht weiter zu verbreiten. Zudem habe das Netzwerk von einer darauf spezialisierten Firma für rund 20.000,00 Euro “entseucht” werden müssen.

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Projektvermittler setzt IT-Experte unter Druck

Der IT-Experte wurde daraufhin vor allem durch den Projektvermittler/ Dienstleister unter Druck gesetzt. Die Drohung: Wenn er nicht auf sein Honorar für sieben Monate Arbeit verzichte, würde man eine sechsstellige Schadenersatzforderung gegen ihn geltend machen. Daraufhin unterschrieb der IT-Experte sofort eine Verzichtserklärung über sein Honorar in Höhe von 20.000,00 Euro.

Erst danach meldete er den Schaden seiner IT-Haftpflicht. Ein Fehler - denn genau der umgekehrte Weg wäre der Richtige gewesen: Als der Versicherer zur Aufklärung des Falls beim Auftraggeber anfragte, wurde das einfach ignoriert. Die Folge: Dem Versicherer waren die Hände gebunden, den Schaden zu regulieren oder gegebenenfalls die Ansprüche des Geschädigten hinsichtlich der Grundlage und Höhe zu überprüfen.

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Mit einer IT-Haftpflicht versichert, aber falsch verhalten

Das ärgerliche: Der geschilderte Schaden wäre im Rahmen der IT-Haftpflicht des freiberuflichen IT-Experten abgedeckt gewesen. Denn in den betreffenden Bedingungen der Haftpflicht ist unter anderem vereinbart:

“(Versichert sind) Ansprüche wegen der fahrlässigen übermittlung sich selbst reproduzierender schadhafter Codes durch den Versicherungsnehmer oder mitversicherte Personen an Dritte.”

Doch indem er auf sein Honorar verzichtet hatte, musste der Freiberufler den Schaden am Ende selbst tragen - und damit den Verlust von 20.000,00 Euro. Zur Erklärung: Die IT-Haftpflicht kann und darf nur Schäden gegenüber Dritten ersetzen - nicht aber das Honorar, auf das der IT-Experte verzichtet hatte (Eigenschaden).

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IT-Experte kann sich auf seinen Partner verlassen: den Versicherer

Die einzige Partei, die im Schadenfall mit dem freiberuflichen IT-Experten die gleiche Interessenslage teilt, ist sein Versicherer. Dieser hat nämlich ein originäres Interesse daran, den Schaden zu klären.

Ohne Zweifel: Der freiberufliche IT-Experte hätte keine Verzichtserklärung unterschreiben dürfen und sofort seinen Versicherer einschalten müssen. Denn der ist nicht nur für die Begleichung eines berechtigt zur Last gelegten Schadens zuständig, sondern auch für die Abwehr unberechtigter Ansprüche (das ist der sogenannte passive Rechtsschutz im Rahmen des Haftpflichtvertrages).

Wenn man zwischen den Zeilen liest, gibt es gerade bei dem genannten Fall einige Ungereimtheiten, die eigentlich geklärt hätten werden müssen: Warum zum Beispiel drohte der Projektvermittler dem IT-Experten mit einer sechsstelligen Schadenersatzforderung - und war dann doch mit 20.000,00 Euro zufrieden? Und warum gab der Auftraggeber dem Versicherer im Nachhinein keinerlei Auskünfte?

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Beweislast liegt beim Geschädigten

Hätte der Versicherer die Schadenabwicklung übernommen, hätte dies zunächst den größten Druck von dem IT-Experten genommen. Der Auftraggeber hätte den Schaden erst einmal genau dem Grunde und der Höhe nach nachweisen müssen, denn die Beweislast liegt beim Geschädigten.

In diesem Fall hatte der Geschädigte seinen Schaden aber einfach behauptet und das nicht einmal qualifiziert - ein Vorgehen, das gar nicht einmal so selten ist, wie Versicherungen bestätigen: Die Schadenersatzforderungen seien, so die Auskünfte, in diesem Bereich oft aus der Luft gegriffen und äußerst großzügig geschätzt - mit dem einzigen Ziel, möglichst großen Druck zu erzeugen.

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Richtiges Verhalten im Schadenfall - eine Checkliste

Wer eine IT-Haftpflicht besitzt, sollte also im Fall des Schadenfalles folgende Punkte beachten:

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