Wenn der Kunde nicht zahlt: Absicherungsmöglichkeiten beim Rücktritt vom Projekt

Freiberufler haben es oft nicht leicht. Zwar haben sie den Vorteil, ihr eigener Chef zu sein und sich ihre Arbeitszeit frei einteilen zu können, doch leider gehen mit der Unabhängigkeit auch einige Risiken einher. Besonders im IT- und Engineering-Bereich sind Freelancer häufig im Rahmen von Projektverträgen beschäftigt – aber auch Selbständige aus dem Media- oder Consulting-Business kommen um solche Verträge nicht umhin. Zur Unsicherheit, wann wie viele neue Projekte an Land gezogen werden können, kommen damit weitere Risikofaktoren: Wenn ein Projekt scheitert und der Kunde vom Projekt zurücktritt, kann der dadurch verursachte finanzielle Ausfall ein großes Loch in das Budget eines Freiberuflers reißen. 

Exkurs: Besonderheiten des Werkvertrags
Projektstorno Folgen und Absicherungsmöglichkeiten
Leistungserweiterung Rücktritt vom Projekt: Umfang und Besonderheiten
Beendigung eines Projekts durch außerordentliche Kündigung
Vorsorge ist besser als….Detaillierte Planung ist das A und O

Ralph Günther, Geschäftsführer von exali.de und Experte in der Absicherung von selbständigen Experten, erklärt, wie sich Freelancer im Projektgeschäft schützen können und welche Absicherungsmöglichkeiten es gibt.

Vom Vertrag zurücktreten – geht das so einfach?

Bei Projektverträgen unterscheidet man im Wesentlichen zwei Vertragsformen: Den Projektvertrag auf Basis eines Werkvertrags oder eines Dienstvertrags. Je nach Vertragsform ergeben sich gewisse Besonderheiten zur außerplanmäßigen Beendigung des Projektes und den daraus resultierenden finanziellen Folgen für den Freiberufler.

Werkvertrag: Bei Verträgen auf Werkvertragsbasis ist es dem Auftraggeber möglich, vom Vertrag zurückzutreten, wenn die Leistung des Auftragnehmers sowie eine eventuelle Nachbesserung nicht den gewünschten Erfolg bringen. Wenn beispielsweise die programmierte Software trotz mehrfacher Nachbesserung immer noch nicht über alle vereinbarten Funktionen verfügt, die neue Webseite trotz mehrfach besprochener Änderungen nicht aussieht wie gewünscht oder die Beauftragung des Consultants zur Akquise von Fördergeldern erfolglos ist, kann der Auftraggeber das Projekt stornieren (juristisch: den Rücktritt geltend machen).

Denn: Das Schuldrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch (kurz BGB) räumt dem Gläubiger einer Leistung ein Rücktrittsrecht ein, wenn eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß erbracht wurde und auch eine Frist zur Nacherfüllung erfolglos war (§ 323 BGB). Im Juristendeutsch wird dann von einer „Schlechtleistung“ gesprochen. 

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Exkurs: Besonderheiten des Werkvertrags 

Im Bereich der Software-Entwicklung sind Werkverträge sehr beliebt – aber auch Webworker und Unternehmensberater schließen häufig Werkverträge mit ihren Auftraggebern. Die Regelungen zum Werkvertrag finden sich in den §§ 631 ff. BGB.

Im Gegensatz zum Dienstvertrag zeichnet sich diese Art von Vertrag durch ihre Erfolgsbezogenheit aus. In der Regel schuldet der Freelancer dabei eine fristgerechte und vertragsgemäße Erstellung des vereinbarten Werks als konkretes Ergebnis. Dies kann auch die Herstellung einer Software oder die Erstellung einer Webseite sein, aber auch die Erstellung eines Gutachtens oder SEO-Leistungen wie Linkbuilding

Bei Schlechtleistung kann der Kunde Nachbesserung, Minderung, Schadenersatz oder sogar den Rücktritt vom Vertrag geltend machen. 

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Projektstorno – Folgen und Absicherungsmöglichkeiten

Tritt der Auftraggeber vom Projekt zurück, so hat das rechtlich zur Folge, dass der „Ausgangszustand“ wiederhergestellt werden muss. Sprich: Beide Parteien müssen so gestellt werden, als hätte es das gescheiterte Projekt nie gegeben. Der Auftraggeber muss demnach alle bereits erhaltenen Werkleistungen zurückgegeben (bzw. darf diese nicht verwenden), während der Auftragnehmer seinerseits die empfangenen Leistungen, z.B. bereits erhaltene Abschlagszahlungen (Werklohn), zurückzahlen muss. 

Im Falle eines Rücktritts des Auftraggebers bleibt der Auftragnehmer also auf seinen Kosten sitzen und muss zusätzlich auf sein Honorar verzichten. Man spricht dabei von einem „Eigenschaden durch vergebliche Aufwendungen“.

Bei den „vergeblichen Aufwendungen“ kann es sich um Sachaufwendungen oder Personalaufwendungen handeln (mehr dazu im nächsten Absatz). Solche Schäden werden von einer herkömmlichen Berufshaftpflicht nicht versichert, da diese nur für Schäden Dritter aufkommt.

Eine Absicherung ist jedoch durch eine entsprechende Erweiterung der Berufshaftpflicht möglich. Auf dem Versicherungsmarkt gibt es diese entweder als integrierten oder zusätzlichen Versicherungsbaustein – wie die Leistungserweiterung von exali.de „Rücktritt des Auftraggebers vom Projekt“

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Leistungserweiterung Rücktritt vom Projekt: Umfang und Besonderheiten

Wurde die Leistungserweiterung Rücktritt des Auftraggebers vom Projekt oder kurz RPC (Return of Project Costs) zur Berufshaftpflicht dazu gewählt, so ersetzt der Versicherer dem Versicherungsnehmer die vergeblichen Aufwendungen im Zusammenhang mit dem betreffenden Projekt. 

Als vergebliche Aufwendungen werden alle Aufwendungen bezeichnet, die der Auftragnehmer im Vertrauen auf den erfolgreichen Abschluss bereits in das Projekt investiert hat. Dazu zählen beispielsweise Kosten für zusätzliches Personal oder Subunternehmer sowie extra getätigte Anschaffungen, etwa für Hard- oder Software.

Damit ein Projektabbruch jedoch nicht „lukrativer“ ist als die Fertigstellung, wird für die vergeblichen Aufwendungen vom Versicherer nicht mehr gezahlt als der kalkulierte Werklohn (Umsatz) minus kalkulierter Gewinn, abzüglich der vereinbarten Selbstbeteiligung. Daher ist der entgangene Gewinn durch den RPC-Baustein nicht versichert. 

Wichtig: Die meisten Versicherer kommen verständlicher Weise für die eigenen Aufwendungen nur auf, wenn der Grund für den Rücktritt nicht auf einer grob fahrlässig fehlerhaften Einschätzung der vorhandenen technischen, logistischen, finanziellen und personellen Ressourcen des Versicherungsnehmers beruht. Wobei es auch hierbei wichtige Unterschiede gibt. Bei exali.de wird zum Beispiel bei grober Fahrlässigkeit nicht per se die Leistung verweigert, sondern der Versicherer hat nur die Möglichkeit, die Entschädigungsleistung je nach der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers zu kürzen.

Zudem ist zu berücksichtigen, dass die allgemeine Vorumsatzdeckung nicht für diese Leistungserweiterungen gilt. D.h. es sind nur Projekte versichert, die nicht bereits vor Versicherungsbeginn geschlossen wurden.

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Beendigung eines Projekts durch außerordentliche Kündigung

Dienstvertrag: Wird ein Projekt im Rahmen eines Dienstvertrags durchgeführt, so ist ein Rücktritt vom Vertrag logischerweise nicht möglich. Die bereits erbrachte Dienstleistung kann nicht „zurückgegeben“ werden. Eine Kündigung – sei sie nun ordentlich oder außerordentlich aus wichtigem Grunde – kann deshalb immer nur ab dem Zeitpunkt der Kündigung in die Zukunft wirksam werden. Für die bis dahin geleisteten Arbeitsstunden steht dem Freiberufler daher auch das Honorar zu. Das Risiko einer Rückzahlung der Honorare wie beim Rücktritt besteht daher nicht. Dennoch kann eine außerordentliche Kündigung den Freiberufler hart treffen, denn bei einer unvorhergesehenen Beendigung hat sich der Freiberufler in aller Regel noch nicht nach einem Anschlußprojekt umgesehen.

Um Freiberufler speziell aus dem IT- und Telekommunikations-Bereich bei einer außerordentlichen Kündigung zu unterstützen und ihnen die Zeit zu geben, ein neues Projekt zu akquirieren, hat exali.de die Leistungserweiterung Zusatzschutz für Projektverträge (ZPV) entwickelt. Sie kann als optionale Leistungserweiterung zur IT-Berufshaftpflicht im Tarif-Rechner ausgewählt werden.

Der Versicherungsnehmer wird dann so gestellt, als hätte er eine ordentliche Kündigung erhalten: Der Versicherer kommt für Eigenschäden in Form von ausstehenden Honoraren für einen bestimmten Zeitraum auf und minimiert damit die Risiken aus IT-Projektverträgen (Dienstverträgen).

Hinweis: Dabei ist darauf zu achten, dass der Dienstvertrag eine ordentliche Kündigungsfrist vorsieht. Ist keine ordentliche Kündigungsfrist als „Vorlaufzeit für eine Kündigung“ im Projektvertrag vereinbart, kann der Auftraggeber nach den gesetzlichen Regelungen des BGB abhängig von Projektlaufzeit und Zahlungsmodus den Projektvertrag auch sehr kurzfristig ordentlich kündigen. Der Versicherungsschutz würde dann in´s Leere laufen, da sich keine „Differenz“ zwischen ordentlicher und außerordentlicher Kündigung ergibt.

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Vorsorge ist besser als…. – Detaillierte Planung ist das A und O

Unser exali.de Tipp: Damit es gar nicht erst zu Uneinigkeiten zwischen den Vertragsparteien und infolgedessen zu einem Rücktritt oder Kündigung kommt, sind konkrete und schriftlich fixierte Vereinbarungen bei Vertragsabschluss besonders wichtig. Als nützliche Projektmanagement-Methode hat sich bei Gewerken die Erstellung eines Lasten- und Pflichtenheftes erwiesen. Hierin halten Auftraggeber und Auftragnehmer ihre Wünsche und Absprachen fest, sodass später genau nachgelesen werden kann, was gefordert und was zugesagt wurde. 

Kostenlose Projektformulare zum Download (vom Projektauftrag über den Kostenplan bis hin zum Ergebnisprotokoll) gibt es beispielweise auf der Internetseite von PM-Handbuch.com. Den passenden Beitrag zum Nutzen von Pflichten- und Lastenheft von Experte Michael Ulm auf t3n.

Und wenn es trotz aller Maßnahmen zu einem Rücktritt kommt, die Leistungserweiterung RPC von exali.de nicht vergessen ;-)…

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Weiterführende Informationen:

© Nele Totzke – exali AG