Urteil macht SEO-Verträge zu Werkverträgen

Ein Urteil mit scheinbar weitreichenden Folgen: Im August vergangenen Jahres entschied das Landgericht Amberg, dass ein Vertrag zwischen einer SEO-Agentur und deren Kunden als Werkvertrag zu behandeln sei. In der SEO-Szene sorgte das nun für Aufregung: Werden Tätigkeiten per Werkvertrag erbracht, schulden Agenturen und Experten nicht mehr nur eine Dienstleistung, sondern auch konkreten und messbaren Erfolg. Ausgelöst hatte die Diskussion um die sogenannte Gewährleistungspflicht ein Artikel des Rechtsanwalts Christoph Becker, der das Urteil unter diesem Gesichtspunkt aufgriff und damit die gesamte Branche in Aufruhr versetzte.

Auf der exali.de InfoBase schildern wir das Urteil, gehen auf die Konsequenzen für das eigene Business ein – und zeigen, wie SEO-Agenturen und -Experten ihr Risikodurch eine Berufshaftpflicht absichern können.

SEO-Agentur wegen schlechter und fehlerhafter Leistung verklagt

Um diesen konkreten Fall ging es vor einem Jahr vor dem LG Amberg, der nun die Diskussion um SEO-Verträge (bzw. Backlink-Verträge) als Werkverträge auslöste: Ein freiberuflicher Texter hatte gegen eine von ihm beauftragte SEO-Agentur geklagt. Inhalt des Vertrages zwischen den beiden Parteien war das Setzen von Backlinks auf die Webseite des Texters.

Mit dem Ergebnis war dieser jedoch ganz und gar nicht zufrieden: Die Agentur hatte einen Teil der Links als Blogkommentare in seinem Namen veröffentlicht – ein unstrittiger Fall von Persönlichkeitsrechtsverletzung, der schließlich vor Gericht landete.

Während des Prozesses ergab sich auch die Frage, ob das bisher gezahlte Honorar aufgrund fehlerhafter Leistung zurückerstattet werden müsse. Die Entscheidung erforderte eine genaue Definition, welche Art von Vertrag vorlag – und das Landgericht legte sich in seinem Urteil (14 O 417/12) auf Werkvertragsrecht fest.

Dienstvertrag vs. Werkvertrag: Vertrag ist nicht gleich Vertrag

Ein knappes Jahr später griff Rechtsanwalt Christoph Becker diese Entscheidung des LG Amberg nun im Artikel „SEO – Ab jetzt ein Werkvertrag“ auf, um die negativen Konsequenzen zu beleuchten, die sich aus dem Urteil für freiberufliche SEO-Spezialisten und SEO-Agenturen ergeben können. Denn wenn Backlink-Verträge per se als Werkverträge angenommen werden müssen, kann der SEO bei ausbleibendem Erfolg finanziell zur Kasse gebeten werden.

Unterschied zwischen Dienstvertrag und Werkvertrag:
Im Unterschied zum Dienstvertrag, in dem zwischen Dienstleister und Auftraggeber lediglich die geschuldete Leistung vereinbart wird, zeichnet sich ein Werkvertrag durch seine Erfolgsbezogenheit aus.
Das bedeutet: Nicht nur die Leistung, sondern auch der konkrete Erfolg bzw. ein konkretes Ergebnis werden geschuldet. Wird dieser gewünschte Erfolg (= Schaffung eines Werkes) nun nicht messbar erreicht, kann der Auftraggeber Nachbesserung, Minderung oder Schadenersatz fordern, oder sogar ganz vom Vertrag zurücktreten.

Was ist Erfolg? SEO-Verträge müssen überarbeitet werden

Werden SEO-Verträge automatisch als Werkvertrag angenommen, stellt das SEO-Experten vor ein Problem: Selbst die beste Linkbuilding-Strategie ist kein Garant für einen Spitzenplatz im Suchmaschinen-Ranking. Zu vielfältig sind die Einflussfaktoren und zu undurchsichtig die Algorithmen von Google. Wie sonst aber kann (neben der Leistung) der Erfolg erfasst werden, für den der Kunde schließlich bezahlt?

Rechtsanwalt Becker rät SEO-Experten zu einer Klausel im Vertrag, die das Kündigungsrecht des Kunden auf eine Kündigung aus wichtigem Grund beschränkt. Zudem sollte die zu erbringende Werkleistung genau definiert werden und so etwa das Einstellen von Backlinks und nicht die Steigerung des Rankings als Erfolg des Werkvertrags benannt werden.

Berufshaftpflicht sichert Garantie- und Gewährleistungsansprüche ab

Das Urteil und die Diskussion um Backlink-Verträge als Werkverträge machen deutlich: Wer Dienstleistungen anbietet, muss sich daran messen lassen – auch wenn es dabei um „abstrakte Themen“ wie Keyword-Optimierung oder das Setzen von Backlinks geht.

Wenn der Kunde bzw. Auftraggeber nicht mit der erbrachten Leistung zufrieden ist, kann er seine SEO-Agentur bzw. seinen Dienstleister zur Rechenschaft ziehen und in Anspruch (Stichwort: Schadenersatzforderung) nehmen.

Eine Berufshaftpflicht für Freiberufler und Agenturen, die Garantie- und Gewährleistungsansprüche aus Werkverträgen sowie haftungsverschärfende Regelungen (sogenannte Vertragliche Haftung) versichert, deckt dieses Risiko ab – und ist deshalb wichtiger Bestandteil präventiver Absicherung.

Die Leistungserweiterung „Eigenschaden bei Rücktritt des Auftraggebers vom Projekt“ (Zusatzbaustein RPC) zur Berufshaftpflicht sichert zudem die vergeblichen Personal- und Sachkosten ab, wenn der Auftraggeber berechtigt vom Vertrag / Projekt zurücktritt.

Weiterführende Informationen

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