Scoring: Unsinnige Kriterien werden verboten

Ein strittiges Geschäftsmodell: Die Bewertung der Bonität von Verbrauchern und Unternehmen anhand bestimmter Kriterien – das sogenannte Scoring – sorgt immer wieder für heftige Kritik an den dafür zuständigen Auskunfteien. Kein Wunder, schließlich können die Bewertungen darüber entscheiden, ob es zum erfolgreichen Abschluss von Geschäften kommt oder nicht. Dass die Kriterien dafür aber durchaus von bestimmter Qualität sein müssen, wurde nun gerichtlich entschieden.

Die Grundlagen für die Berechnung der Bonitätswerte sowie die Gründe für das kürzlich am OLG Frankfurt am Main gefällte Urteil zum Thema erklären wir in diesem Beitrag auf unserer InfoBase.

Scoring: Definition und gesetzliche Grundlage

Der Begriff des Scoring geht auf den englischen Begriff für Punktestand, „score“, zurück und meint das Bewertungsverfahren zum Beispiel der Kreditwürdigkeit von natürlichen und juristischen Personen anhand von Kriterien, wie Branche, Wohnort oder bisheriges Zahlungsverhalten. Das Ziel dabei ist es, den Ausfall von Zahlungen möglichst gering zu halten, beziehungsweise das Risiko einschätzen zu können, mit dem es dazu kommt.

Als Rechtsgrundlage für das Scoring dient §28b des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG). Darin heißt es unter anderem, dass die Berechnung und Nutzung von Wahrscheinlichkeitswerten zur Bonität nur dann erfolgen darf, wenn

„die zur Berechnung des Wahrscheinlichkeitswerts genutzten Daten unter Zugrundelegung eines wissenschaftlich anerkannten mathematisch-statistischen Verfahrens nachweisbar für die Berechnung der Wahrscheinlichkeit des bestimmten Verhaltens erheblich sind“.

Schlechte Bewertung ohne Grundlage

Genau um diesen Punkt dreht sich die Entscheidung der Richter des OLG Frankfurt im Rechtsstreit zwischen einem „eingetragenen Kaufmann“ und einer Auskunftei. Wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in seine Geschäftstätigkeit durch eine schlechte Bonitätsbewertung hatte der Kaufmann auf Unterlassung geklagt.

Aufgrund eines Hinweises durch einen Lieferanten war der Kläger auf seinen schlechten Scoringwert aufmerksam geworden und hatte unverzüglich eine Selbstauskunft eingeholt – die ihn aus allen Wolken fallen ließ: Trotz stets pünktlich gezahlter Rechnungen und keines sonstigen Fehlverhaltens wurde der schlechteste Risikoindikator angegeben. Dass der Geschäftsmann das nicht auf sich sitzen lassen konnte, versteht sich von selbst.

Meinungsfreiheit? Nicht für Scoringwerte!

Zur Verteidigung pochte die beklagte Auskunftei auf ihre Meinungsfreiheit: Die Bewertung stelle schließlich keine Tatsachenbehauptung, sondern eine bloße Meinungsäußerung dar. Dies ist insofern  nicht nachvollziehbar, als dass diese „Meinung“ die Vertragsbeziehungen von Verbrauchern und Unternehmern existenziell bedrohen kann. Außerdem wird die Regelung des §28b BDSG dabei komplett missachtet.

Dass die Daten, die die Auskunftei zur Berechnung des Scoringwertes zugrunde legten, nicht geeignet waren, konnten die Richter recht schnell feststellen: Sowohl die Branchenzugehörigkeit als auch die Rechtsform des klagenden Unternehmens wurde als negativ eingestuft, ebenso wurden fehlende Informationen ganz einfach negativ bewertet. Das heißt konkret: Wer noch nie „aufgefallen“ ist – weder positiv noch negativ – der bekommt automatisch einen negativen Wert verpasst. Dass dies kein besonders ausgereiftes (und schon gar kein wissenschaftlich anerkanntes) Verfahren ist, machte das Gericht in seiner Urteilsbegründung (Urteil vom 07.04.2015, Az.: 24 U 82/14) mehr als deutlich.

Politik fordert mehr Transparenz beim Scoring

Dass das Scoring auch in der Politik ein Thema ist, zeigt ein aktueller Gesetzesentwurf der Grünen. Mit einer Änderung des BDSG will die Partei mehr Transparenz in das Berechnungsverfahren bringen und den Auskunfteien die Verwendung von Daten wie der Adresse, der Staatszugehörigkeit oder der Informationen aus sozialen Netzwerken verbieten. Diese seien nicht bonitätsrelevant.

Zu den Forderungen der Grünen gehören außerdem eine verpflichtende jährliche Auskunft sämtlicher Verbraucher über angesammelte Daten und deren Gewichtung im Berechnungsverfahren sowie stärkere Kontrollen durch die Aufsichtsbehörden.

Optimalen Schutz gefällig? Die exali.de Auskunftei-Berufshaftpflicht

Tagtäglich hantieren Auskunfteien mit hochsensiblen Daten (z.B. Liquidität, Zahlungsverhalten) von Personen oder Unternehmen, die sie dann wiederum an ihre eigenen Vertragspartner (z.B. Lieferanten, Banken) weitergeben. Doch was passiert, wenn die Angaben nicht mehr aktuell, nicht vollständig oder wie im beschriebenen Fall nur eine flüchtige Meinungsäußerung sind und nicht den Tatsachen entsprechen? Dann wird der Betroffene die Konsequenzen ob der falsch herausgegebenen Daten und Bewertungen ziehen,  gegen die Auskunftei vorgehen und sie – die eigene Existenzgefährdung vor Augen –  in Haftung nehmen. Genau für diese Fälle hat exali.de die passende Versicherungs-Lösung parat: die Auskunftei-Berufshaftpflicht. Diese greift bei Fehlern und Verstößen (z.B. nicht datenschutzkonforme Speicherung von Privat- und Firmendaten), die aus dem Daily Business der Auskunfteien resultieren.

Weiterführende Informationen:

© Nele Totzke – exali AG