Adé Mogelpackung: Was drauf ist, muss auch drin sein!

It's tea time! Vollmundige, rote Himbeeren und sanft-gelbe Vanilleblüten auf der Verpackung eines Früchtetees lassen Teeliebhabern das Wasser im Mund zusammenlaufen. Voller Vorfreude auf ein Himbeer-Vanille Geschmackserlebnis gießen sie sich einen Beutel auf – oh, wie das duftet! Schade nur wenn sie dann ernüchtert feststellen müssen, dass der Tee zwar nach diesen Aromen schmeckt, sie aber ein Tee-Abenteuer ganz OHNE Himbeeren und Vanille erleben; denn weder das eine noch das andere ist auf der Zutatenliste zu finden. Eine Irreführung der Verbraucher? Die Richter des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sagen Ja!

Schön sehen die graphisch gestalteten Teeverpackungen ja schon aus; wenn aber nicht drin ist, was drauf ist, kann die Falle Wettbewerbsverletzung zuschnappen. Wie schnell das geht und warum Grafiker bzw. Grafikdesigner mit ihren Entwürfen wirklich auf der Hut sein sollten, wird heute anhand des EuGH-Urteils auf der exali.de Info-Base veranschaulicht.

Mit Mogelpackungen auf Kundenfang

Ziel eines jeden Herstellers ist es wohl, seine Produkte auf dem Markt ins beste Licht zu rücken. Mit hochwertig illustrierten, meist von Grafikern designten Verpackungen geben sie ihren Produkten ein Image, das erst langsam aus dem Kokon schlüpfen wird. Die ausgewählten Bilder und Begriffe auf den Lebensmittelpackungen sollen die Kaufentscheidungen der Verbraucher maßgeblich beeinflussen. Und das tun sie! Was Verbraucher im ersten Eindruck nämlich wahrnehmen, ist lediglich die Aufmachung. Mal ehrlich: Wer liest schon die kleingedruckte Zutatenliste, wenn einem sofort die Bilder frischer Früchte ins Auge springen, von denen die Verbraucher dann natürlich auch erwarten, dass sie im Produkt enthalten sind. Häufig allerdings haben sie noch nicht mal deren Aromen zum Inhalt.

„Werbelüge“: Für den vzbv ein Grund zur Klage!

So auch im aktuellen TEEKANNE-Fall. Konkret geht es um die Verpackungs-Illustration des Früchtetees „Felix Himbeer-Vanille Abenteuer“ der Firma TEEKANNE. Die Abbildung, die im BGH-Beschluss (Beschluss vom 26.02.2014, Az.: I ZR 45/13) ersichtlich ist, zeigt den kleinen Abenteuer-Hasen Felix, der mit seinem Skateboard frech zwischen frischen Himbeeren und Vanilleblüten umher hüpft – doch im Tee selbst sind keine Spuren von Himbeeren oder Vanille in getrockneter Form, nicht mal deren Aromen. Und das obwohl die Verpackung mit dem Versprechen „nur natürliche Zutaten“ wirbt.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) erkannte darin eine Irreführung der Verbraucher gemäß § 4 Nr. 11 UWG, denn TEEKANNE verstoße mit der Darstellung nicht enthaltener Produkteigenschaften gegen die Etikettierungs-Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments. Enthalten sind laut Zutatenliste lediglich „natürliche Aromen mit Vanillegeschmack/Himbeergeschmack“, die laut vzbv aus Rohstoffen wie beispielsweise Holzspänen gewonnen werden.

Ein lange brodelnder Rechtsstreit

Der vzbv war derart entrüstet, dass er Teekanne in 2012 vor dem Landgericht Düsseldorf anklagte und den ersten Etappensieg schnell für sich verbuchen konnte. Das Oberlandesgericht Düsseldorf kippte dieses Urteil allerdings, indem es, wie TEEKANNE selbst in der aktuellen Pressemitteilung, argumentierte:

„Der Durchschnittsverbraucher wird mit der Abbildung von stilisierten Himbeeren und Vanilleblüten auf dem Produkt TEEKANNE Felix Himbeer-Vanille Abenteuer nicht ein Produkt mit Himbeeren und Vanille erwarten. Die auf dem Produkt abgebildeten stilisierten Früchte weisen lediglich auf die Geschmacksrichtung hin.“

Der vzbv ließ aber nicht locker: Nach der Schlappe zog er in einer Revision vor den Bundesgerichtshof (BGH). Dieser wiederum bat den Europäischen Gerichtshof (EuGH) in seinem Beschluss (Beschluss vom 26.02.2014, Az.: I ZR 45/13) um die Auslegung des europäischen Rechtes hinsichtlich der Frage, ob „die Bezeichnung oder bildliche Darstellung den Eindruck des Vorhandenseins einer bestimmten Zutat erwecken [dürfen], obwohl diese Zutat tatsächlich nicht vorhanden ist.“

Was lange währt, wird endlich gut?

Die Richter in Luxemburg ließen lange auf ihr Urteil (Urteil vom 04.06.2015, Az.: C-195/14) warten. Nun entschieden sie allgemein, dass Lebensmittelverpackungen Verbraucher nicht in die Irre führen dürfen, indem sie mit Bildern suggerieren, dass Zutaten enthalten sind, die tatsächlich aber fehlen! Damit folgen sie besagter EU-Richtlinie aus dem Jahr 2000. Diesen falschen oder missverständlichen Eindruck könne auch ein richtig erstelltes Zutatenverzeichnis auf der Produktverpackung nicht abfedern.

Die individuelle Entscheidung für den Fall TEEKANNE überließen sie ausdrücklich dem BGH, der nun abschließend prüfen muss, „ob ein normal informierter und vernünftig aufmerksamer und kritischer Verbraucher über das Vorhandensein von Himbeer- und Vanilleblütenzutaten oder aus diesen Zutaten gewonnenen Aromen irregeführt werden kann“ – ein Passus, in dem sich TEEKANNE vom EuGH bestätigt sieht, weise die Abbildung auf der beanstandeten Verpackung doch lediglich auf die Geschmacksrichtung, nicht aber auf den tatsächlichen Inhalt hin. Und dieses natürliche Geschmackserlebnis könne in Form von natürlichen Aromen mit Himbeer- und Vanille-Geschmack, die beispielsweise aus Holzspänen gewonnen werden, erreicht werden; auf deren Verwendung wiederum „werden die Verbraucher auf der Verpackung mehrfach, eindeutig und unmissverständlich hingewiesen.“

Theoretisch hat TEEKANNE also noch die Chance, eine Strafe abzuwenden. Allerdings sind die Aussichten eher schlecht, hatte der BGH schon in seinem ersten Beschluss angedeutet, dass die Verpackung sehr wohl suggeriere, dass die Teebeutel frische Früchte und aus ihnen gewonnene Aromen enthalten. Ob sich das Blatt doch noch wendet? Wenn es so weit ist, gibt’s hier natürlich ein Update!

Nicht den Kopf in den Sand stecken! Die Media-Haftpflicht hilft!

Und wieder einmal zeigt das Urteil: Da können Grafiker ihre Arbeit noch so gut machen, immer lauern in ihrem Business gefährliche Fallen, wie hier die Wettbewerbsverletzung, in die sie tappen können. Mit ihren Entwürfen und Illustrationen sollen sie potentielle Kunden in den Bann von Produkten ziehen. Läuft da etwas schief, geht schnell das Vertrauen zu den Produktherstellern verloren. Für freiberufliche Grafiker ein Albtraum, immerhin müssen sie für den Verstoß geradestehen und teils hohe Schadensersatzforderungen ihrer Kunden (z.B. Produkthersteller) begleichen.

Was dann helfen kann, ist eine Media-Haftpflicht über exali.de, die speziell auf das Business von Kreativen und Agenturen zugeschnitten ist. Ein besonderes Plus für exali.de Kunden ist zudem das neu designte exali.de Haftpflicht-Siegel, dass den Auftraggebern transparent auf einen Blick zeigt, worauf diese achten: Vertrauen, Zuverlässigkeit und Seriosität.

Update vom 09.12.2015: Neuigkeiten gefällig? Das lang ersehnte Urteil ist da!

Die Andeutungen des BGH, dass eine Verpackung, die frische Früchte zeigt, sehr wohl suggeriert, dass im Teebeutel selbst auch frische Früchte oder zumindest aus ihnen gewonnene natürliche Aromen enthalten sind, schlägt sich nun auch im Urteil (Az. I ZR 45/13, BGH-Urteil vom 2.12.2015) nieder - wen wundert's: Ein derart etikettiertes Produkt darf nicht verkauft werden; es ist trotz Zutatenverzeichnisses irreführend und täuscht die Kunden! Damit ist das Urteil des OLG Düsseldorf aufgehoben und die Berufung von TEEKANNE zurückgewiesen: Himbeerfreier Himbeertee ist Geschichte, die Zahlung von Abmahnkosten sowie die Unterlassung des Vertriebs ist für TEEKANNE Gegenwart!

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© Nicole Seibert – exali AG