Urheberrecht: Schlösserstiftung Sanssouci streitet mit Fotoagenturen

Wenn es nach der staatlichen Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten geht, sollen Fotoagenturen keine Fotos mehr von Stiftungsbauten über ihre Bildarchive vermarkten dürfen. Nach dem Gerichtsurteil des Potsdamer Landgerichts zugunsten der Schlösserstiftung am 21.11.08 gehen die Fotoagenturen in Berufung.

Die Argumentation der Stiftung
Die Argumentation der Fotoagenturen
Urteil pro Stiftung Preußischer Schlösser
Fotoagenturen legen Berufung ein

Der Streitfall: Fotografieren erlaubt - oder nicht

Das Schloss und der Park Sanssouci in Potsdam gehören der Allgemeinheit und sind frei zugänglich. Die Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten verwaltet die Anlage. Ein beliebtes Ziel für Touristen, eine gefällige Kulisse für Staatsempfänge werden das Schloss und der Park täglich zigfach fotografiert. Medien berichten gern und oft über das kulturhistorische Schmuckstück.

Doch künftig soll es mit der freien Fotografie vorbei sein. Die Schlösserstiftung hatte die Fotoagenturen Ostkreuz und Fotofinder aufgefordert, eine Unterlassungsklage unterschreiben oder ein Zwangsgeld von 250.000 EUR bezahlen. Da die Agenturen sich weigerten, landete der Streit vor Gericht. Dieses gab in einem Urteil vom 21.11.08 der Schlösserstiftung Recht, die die von ihr verwalteten Objekte wie Privateigentum betrachtet wissen möchte.

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Die Argumentation der Stiftung

Die Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten möchte in Zukunft für „jegliche Foto-, Film-, und Fernsehaufnahmen stiftungseigener Baudenkmäler für kommerzielle Zwecke“ sowohl um eine Erlaubnis als auch um ein Entgelt gefragt werden. Sie beruft sich dabei unter anderem auf das bekannte Schloss-Tegel-Urteil des Bundesgerichtshofs von 1974 sowie das Friesenhaus-Urteil von 1989. Diese besagen, dass Fotografen auf fremdem Besitz nur mit Genehmigung fotografieren dürfen. Allerdings befanden sich Schloss Tegel und das Friesenhaus zum jeweiligen Zeitpunkt des Rechtsstreites in Privatbesitz. Zudem wohnten die Besitzer dort.

Schloss Sanssouci hingegen ist öffentlicher Besitz, mit dessen Verwaltung eine Stiftung beauftragt wurde. Über Jahrzehnte war das Fotografieren und die kommerzielle Nutzung der Bilder frei. Nun möchte die Stiftung aber an den Gewinnen aus der Vermarktung beteiligt werden, z.B. bei der Verwendung von Schlossmotiven in Bildbänden, Kalendern oder auf Postkarten.

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Die Argumentation der Fotoagenturen

Die Fotoagenturen berufen sich im Gegenzug auf die sogenannte Panoramafreiheit nach § 59 des Urhebergesetzes. Häuser, Denkmäler oder Kunstwerke im öffentlichen Raum dürfen danach ohne Genehmigung und Entgelt fotografiert werden. Auch für kommerzielle Veröffentlichungen wie Bildbände oder Postkarten.

Alle Objekte, die die Stiftung verwaltet, gehören der Allgemeinheit und sind daher öffentlicher Raum. Aus diesen Gründen weigern sich die Agenturen beharrlich, die geforderte Erklärung zu unterschreiben. Ein weiteres Argument: Bei einer staatlich finanzierten Einrichtung wie der Schlösserstiftung überwiege die im Grundgesetz garantierte Pressefreiheit über privatrechtliche Ansprüche.

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Urteil pro Stiftung Preußischer Schlösser 

Auch wenn die Meinung der Richter schon im Oktober durchsickerte, am 21.11.2008 wurde das Urteil gesprochen. Das Gericht gab der Schlösserstiftung Recht. Zum einen urteilte der Richter, dass die Fotografen und Agenturen nur an einer kommerziellen Nutzung der Aufnahmen interessiert seien, nicht aber an aktueller Berichterstattung. Die Pressefreiheit würde daher nicht verletzt, wenn kommerzielle Fotos vom Schloss Sanssouci von einer Genehmigung abhängig gemacht würden.

Außerdem betrachtet das Gericht den Park Sanssouci wie Privateigentum verwaltet von einer öffentlich-rechtlichen Stiftung. Damit wird die Anlage nicht als öffentlicher Raum definiert. Den Agenturen ist somit ab sofort untersagt, jegliches Fotomaterial von Objekten der Schlösserstiftung für kommerzielle Zwecke zu nutzen. Sofern sie nicht unterschreiben, dass sie zukünftig nur bei Genehmigung fotografieren. Betrachten und vermarkten sie die Fotos in ihren Archiven weiterhin wie ihr geistiges Eigentum, drohen Ordnungsgelder in Höhe von 250.000 EUR.

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Fotoagenturen legen Berufung ein

Beide Berliner Fotoagenturen legten Berufung gegen das Urteil ein. Möglicherweise überspringt dieser Fall wegen seiner grundsätzlichen Bedeutung einige Instanzen und geht jetzt direkt an den Bundesgerichtshof.

Update: Nachdem die Beklagten in die Berufung gegangen sind, bekamen sie vor dem Oberlandesgericht Recht. Die Begründung hier: Das Eigentumsrecht beschränke sich auf den Schutz der Sachsubstanz und deren Verwertung – und nicht auf die Ablichtung der Sache und deren Verwertung. Im Gegenzug besitzt der Urheber der Ablichtung das Verwertungsrecht.
Daraufhin ging die Stiftung vor dem Bundesgerichtshof, der nun der Stiftung wieder Recht gab.