BGH: Online-Käufer dürfen immer widerrufen, egal warum!

Im Netz tobt ein harter Kampf um die Gunst potenzieller Kunden. Exklusive Rabatte und Tiefpreisgarantien sind häufig ein willkommener Köder, um mehr Conversion zu generieren. Doch dürfen Kunden einen Kaufvertrag widerrufen, weil sie das Produkt in einem anderen Shop billiger gesehen haben? Der BGH sagt „Ja!“ und stärkt damit noch einmal die Rechte von Verbrauchern im Web.

Was hinter dem Urteil des Bundesgerichtshofs steht schauen wir uns heute auf der InfoBase genauer an.

Tiefpreisgarantie nicht eingehalten

Im aktuellen Fall musste der Bundesgerichtshof (BGH Urteil vom 16. März 2016 - VIII ZR 146/15) in dritter Instanz einen Rechtsstreit zwischen einem Onlinehändler und seinem Kunden entscheiden. Der Kunde hatte Anfang 2014 zwei Matratzen bei einem Onlinehändler bestellt, der auf seiner Seite mit einer Tiefpreisgarantie geworben hatte.

Noch vor Ablauf der Widerrufsfrist entdeckte der Kunde die Matratzen jedoch bei einem anderen Anbieter günstiger, forderte vom Onlinehändler die Differenz zurück und drohte andernfalls von seinem Widerrufsrecht Gebrauch zu machen. Als der Onlinehändler darauf nicht eingehen wollte, machte der Kunde seine Drohung wahr und schickte die Matratzen an den Händler zurück.

Warum landete der Fall vor Gericht?

Der Händler warf dem Käufer daraufhin Rechtsmissbrauch vor und verweigerte die Erstattung des Kaufpreises. Die Begründung des Matratzenverkäufers: Der Kunde habe versucht mit Hilfe des Widerrufrechst die Tiefpreisgarantie zu erzwingen, das sei rechtsmissbräuchlich und somit sei der Widerruf auch nicht gültig. Der Käufer zog deshalb vor Gericht, durch mehrere Instanzen, bis vor den BGH.

Die Richter des Bundesgerichtshofs stellten sich nun ganz klar auf die Seite des Verbrauchers:

„Für die Wirksamkeit des Widerrufs eines im Internet geschlossenen Kaufvertrags genügt allein, dass der Widerruf fristgerecht erklärt wird. Die Vorschriften über den Widerruf sollen dem Verbraucher ein effektives und einfach zu handhabendes Recht zur Lösung vom Vertrag geben. Einer Begründung des Widerrufs bedarf es nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung nicht. Deshalb ist es grundsätzlich ohne Belang, aus welchen Gründen der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht Gebrauch macht.“

Kurz gesagt: Es ist in der Regel egal, weshalb ein Verkäufer sein Widerrufsrecht nutzt, entscheidend ist lediglich, dass dies fristgerecht geschieht. Der Bundesgerichtshof macht auch klar, dass ein derartiges Verhalten zu den Rechten eines Verbrauchers im Fernabsatzgeschäft gehört.

„Dass der Kläger Preise verglichen und der Beklagten angeboten hat, den Vertrag bei Zahlung der Preisdifferenz nicht zu widerrufen, stellt kein rechtsmissbräuchliches Verhalten dar. Das ist vielmehr Folge der sich aus dem grundsätzlich einschränkungslos gewährten Widerrufsrecht ergebenden Wettbewerbssituation, die der Verbraucher zu seinem Vorteil nutzen darf.“

Das Urteil in diesem Fall zeigt, dass deutsche Gerichte besonders viel Wert auf den Schutz von Verbrauchern im Onlinebusiness legen. Ein Ausschluss des Widerrufsrechts käme nur in Frage, so die Richter, wenn der Käufer versuche den Händler bewusst zu schädigen oder zu schikanieren.

Weiterführende Informationen:

© Sarah-Yasmin Fließ – exali AG