Gerichte uneinig: DSGVO-Verstöße abmahnbar oder nicht?

Kurz nach Inkrafttreten der DSGVO ging es los mit den ersten Abmahnungen wegen Verstößen. Darunter auch wegen fehlerhafter Datenschutzerklärungen auf Webseiten. Ob ein solcher Verstoß überhaupt wettbewerbswidrig ist und demnach von Wettbewerbern abgemahnt werden kann, daran scheiden sich die Experten – und neuerdings auch die Gerichte. Die Folge: Drei Urteile, die unterschiedlicher nicht sein könnten…

DSGVO-Abmahnungen: Wo die Kontroverse ihren Ursprung nahm…

Viel Rechtsprechung gibt es noch nicht zur DSGVO, die am 25. Mai 2018 in Kraft getreten ist. Aber diskutiert wird heftig. Denn viele Experten sind der Meinung, dass ein Verstoß gegen die DSGVO überhaupt nicht wettbewerbswidrig sein kann und damit auch nicht von Wettbewerbern abgemahnt werden kann.

Hintergrund dafür sind die Artikel 77 bis 84, insbesondere Artikel 80 Abs. 2 DSGVO. Darin sind die Rechte von Betroffenen und die Rechtsfolgen von Verstößen geregelt. Und da hier Unterlassungsansprüche von Wettbewerbern nicht genannt werden, können wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche auch nicht geltend gemacht werden – so eine verbreitete Meinung. Kurz gesagt: Ein Wettbewerber darf überhaupt nicht wegen eines DSGVO-Verstoßes abmahnen.

LG Würzburg: Wettbewerber darf fehlende Datenschutzerklärung abmahnen

Das Landgericht Würzburg ist da anderer Meinung: Es hat entschieden, dass eine fehlende Datenschutzerklärung wettbewerbswidrig ist und Unterlassungsansprüche zur Folge haben kann (Beschluss vom 13.09.2018, Az: 11 O 1741/18). In dem Fall ging es um eine Datenschutzerklärung auf der Website einer Rechtsanwältin, die lediglich aus sieben Zeilen bestand und in das Impressum eingebunden war. Außerdem war ihr Kontaktformular nicht SSL-verschlüsselt.

Daraufhin erhielt sie eine Abmahnung eines Kollegen. Da die Anwältin die verlangte Unterlassungserklärung nicht abgab, stellte der Anwalt beim Landgericht Würzburg einen Eilantrag auf eine einstweilige Verfügung. Das Landgericht entschied gegen die Anwältin und ist der Ansicht, dass ein Verstoß gegen die DSGVO wettbewerbsrechtlich abgemahnt werden kann. Auf das eigentliche Problem, nämlich dass in der DSGVO eine entsprechende Regelung fehlt, geht das Gericht dabei nicht ein. Es verweist stattdessen auf die alte Rechtsprechung zum UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) und bestätigt, dass es sich um einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht gemäß UWG handelt. 

LG Bochum: DSGVO-Verstöße können nicht abgemahnt werden

Das Landgericht Bochum sieht die Sache ganz anders. Mit Beschluss vom 07.08.2018 (Az: I-12 O 85/15) hat es entschieden, dass ein DSGVO-Verstoß von einem Wettbewerber nicht abgemahnt werden kann. In dem Fall beanstandete ein Konkurrent eine fehlerhafte Datenschutzerklärung auf der Seite eines Mitbewerbers. Es fehlten beispielsweise die Hinweise auf ein Beschwerde-, Berichtigungs- und Löschungsrecht. Das Gericht begründet seine Ansicht damit, dass die DSGVO in den Artikeln 77 bis 84 eine die Ansprüche von Mitbewerbern ausschließende, abschließende Regelung enthält. Das heißt, da die Abmahnbefugnis von Wettbewerbern dort nicht geregelt ist, dürfen diese auch nicht abmahnen.

In seiner Begründung wies das Landgericht Bochum explizit darauf hin, dass die Frage in der Literatur umstritten ist und eine Meinungsbildung „noch im Fluss“ ist.

Finally: OLG Hamburg folgt der Auffassung des LG Würzburg

Ganz aktuell hat sich nun auch das OLG Hamburg als erstes höherinstanzliches Gericht mit der Problematik befasst – und ist der gleichen Meinung wie das LG Würzburg, dass Verstöße gegen die DSGVO wettbewerbsrechtlich abmahnbar sind.

In dem Fall ging es um zwei Pharma-Unternehmen, die sich gegenseitig Datenschutzverstöße vorwarfen. Konkret ging es um Bestellbögen für Therapeutika und ob eine wirksame Patienteneinwilligung eingeholt wurde sowie um den Umgang mit Patientendaten. Das Landgericht Hamburg hatte erstinstanzlich entschieden, dass die Datenschutzverstöße abgemahnt werden können, wenn es sich um sogenannte „Marktverhaltensregelungen“ handelt. Dieser Auffassung folgte nun auch das OLG Hamburg und stellte in seinem Urteil klar, dass Unternehmern grundsätzlich das Recht zustehe, Konkurrenten wegen Verstößen gegen DSGVO-Vorschriften wettbewerbsrechtlich abzumahnen. Die Voraussetzung dafür, nämlich der „marktverhaltensregelnde Charakter“ müsse aber in jedem Einzelfall geprüft werden.

Was letztendlich im Sinne der DSGVO eine „Marktverhaltensregel“ ist und was nicht, müssen nun zukünftig die Gerichte in konkreten Fällen entscheiden.

Update: Wieder eine neue Meinung – Was sagt das LG Magdeburg?

Und wieder hat ein Gericht ein Urteil zu diesem Thema gefällt. Das Landgericht Magdeburg hat mit Urteil vom 18.01.2019 (Az: 36 O 48/18) entschieden, dass DSGVO-Verstöße nicht wettbewerbsrechtlich abgemahnt werden können. Jetzt steht es also 2:2 im Streit um die Abmahnbarkeit von DSGVO-Verstößen! Die Richter begründen ihre Entscheidung damit, dass in der DSGVO bereits geregelt ist, wer die Datenschutzrechte durchsetzen kann. Nämlich die Person, deren Rechte verletzt wurde, eine Aufsichtsbehörde oder ein legitimierter Verband. Wenn darüber hinaus noch weitere Dritte abmahnberechtigt wären, widerspreche das dem Willen der DSGVO.

Und jetzt? Auf Gesetze warten und an Absicherung denken!

Bis zu diesem Thema Rechtssicherheit besteht, werden Wettbewerber weiterhin versuchen, mit Abmahnungen ihrer Konkurrenz das Leben schwer zu machen. Experten halten das Urteil des Landgerichts Bochum dahingehend für wegweisend, weil sich zumindest jeder, der vor hat, eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung wegen eines DSGVO-Verstoßes auszusprechen, damit beschäftigen muss.  

Und es gibt weitere gute Nachrichten: Es gibt bereits einen Gesetzesantrag aus Bayern, der wettbewerbsrechtliche DSGVO-Abmahnungen gesetzlich verbieten soll. Dann dürften nur noch besonders qualifizierte Einrichtungen DSGVO-Verstöße abmahnen, die zusätzlich nachweisen müssten, dass sie im Datenschutzrecht tätig sind und ohne Gewinnerzielungsabsicht handeln.

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