Fahrlässigkeit: Das sichert die Berufshaftpflicht ab

Erhält ein Versicherer eine Schadensmeldung, stellt sich unweigerlich die Frage, ob die/der Verursacher:in fahrlässig gehandelt hat. Doch was genau bedeutet der Begriff „Fahrlässigkeit“ eigentlich? Gibt es einen Unterschied zum sogenannten „Vorsatz“? Wir klären auf, beleuchten zusätzlich, in welchen Fällen Ihre Berufshaftpflicht einspringt und räumen dabei mit einem wichtigen Mythos auf.

Im Video erklären wir die verschiedenen Stufen der Fahrlässigkeit kompakt und übersichtlich:

 
 

 

Fahrlässigkeit: Wenn die notwendige Sorgfalt fehlt

Zum Begriff der Fahrlässigkeit existieren viele verschiedene Definitionen, die zum Teil schwer voneinander abzugrenzen sind. Dabei ist die Frage, ob jemand fahrlässig gehandelt hat, in vielen Versicherungsfällen elementar, um herauszufinden, inwieweit Personen einen Schaden verschuldet haben.

 

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) definiert Fahrlässigkeit als ein Verhalten, bei dem die/der Handelnde „die erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt“ (Paragraf 276 BGB). Wichtig ist hierbei vor allem die Frage, ob jemand die notwendige Sorgfalt und Vorsicht aufgebracht hat, die in einer bestimmten Situation objektiv nötig sind. Dazu gehört auch, dass die Konsequenzen der fahrlässigen Handlung absehbar und vermeidbar sind – es muss also grundsätzlich die Möglichkeit bestehen, sich so zu verhalten, dass nach der Handlung keine negativen Folgen zu erwarten sind.

In Österreich ist Fahrlässigkeit als Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch definiert. Sie ist durchaus eine Form des Verschuldens (genau wie der Vorsatz), doch im Gegensatz dazu möchte die Person, die fahrlässig handelt, keinen Schaden verursachen. Die Unterscheidung zwischen grober und leichter Fahrlässigkeit hat das österreichische mit dem deutschen Recht gemeinsam. Kann einem für gewöhnlich sorgfältigen Menschen durchaus auch mal ein bestimmter Fehler passieren, handelt es sich um leichte Fahrlässigkeit. Grob fahrlässig ist dagegen ein Fehler, der einem solchen Menschen in einer konkreten Situation auf keinen Fall unterlaufen würde.

Auch in der Schweiz spielt im Zivil- oder Privatrecht die Frage der leichten und groben Fahrlässigkeit eine wichtige Rolle bei der Klärung von Versicherungsfragen. Leichte Fahrlässigkeit meint hier fehlerhaftes Verhalten, das ohne Absicht stattfindet. Hat eine Person unvorsichtig gehandelt, obwohl der Schaden vermeidbar gewesen wäre, liegt grobe Fahrlässigkeit vor.

Ein Beispiel zur Veranschaulichung: Sie sind im IT-Bereich tätig und für die Datensicherung Ihrer Auftraggeber:innen verantwortlich. Ihre Kundin beziehungsweise Ihr Kunde kann objektiv von Ihnen erwarten, dass Sie nicht nur regelmäßig Backups durchführen, sondern dabei auch sicherstellen, dass diese vollständig und funktionsfähig sind. Tragen Sie dafür keine Sorge, haben Sie fahrlässig gehandelt, denn Sie haben das Risiko in Kauf genommen, dass Ihre Auftraggeber:innen Daten und damit höchstwahrscheinlich auch Geld verlieren, sollten sich die Sicherungskopien irgendwann als unbrauchbar entpuppen. Wie so ein Szenario in der Realität aussieht, zeigt dieser echte Schadenfall: IT-Fail: 130.000 Euro Schaden durch fehlerhaftes Backup.

Versicherungstechnisch geht es also darum, dass Sie für einen Schaden gesorgt haben – zwar ohne Absicht (juristisch: Vorsatz), aber Sie haben ihn durch Ihr Verhalten zumindest begünstigt beziehungsweise verursacht. Kurz und knapp gesagt: Hätten Sie den Schaden verhindern können, indem Sie sich anders verhalten, haben Sie fahrlässig gehandelt.

Tipp:

Wenn Sie genau wissen wollen, was eine Berufshaftpflicht alles absichert, können wir Ihnen diesen Artikel empfehlen: Was ist eine Berufshaftpflichtversicherung? Einfach erklärt!

Unterschied leichte und grobe Fahrlässigkeit

Versicherungstechnisch ist das Thema Fahrlässigkeit noch einmal unterteilt in leichte und grobe Fahrlässigkeit. Wie ein Schaden konkret einzuordnen ist, ist eine Einzelfallentscheidung, die im Zweifelsfall Jurist:innen treffen müssen. Dennoch gibt es grundsätzliche Merkmale, um die Kategorien voneinander zu unterscheiden.

Leichte Fahrlässigkeit

Leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn Sie Ihre Sorgfaltspflicht in geringem Maß verletzen, etwa durch eine kleine Unachtsamkeit. So geschehen zum Beispiel bei einem Fotoshooting, bei dem der Fotograf eine teure Skulptur beschädigte. Die ganze Geschichte lesen Sie im Schadenfall: Panne bei Fotoshooting: Selbständiger beschädigt Skulptur.

Grobe Fahrlässigkeit

Grob fahrlässig handeln Sie dagegen, wenn Sie die notwendige Sorgfalt in besonders schwerem Maß außer Acht lassen. Nehmen wir beispielsweise an, Sie sind als Dienstleister:in für die IT-Infrastruktur Ihrer Auftraggeber:innen verantwortlich, verzichten im Zuge Ihrer Tätigkeit aber auf eine adäquate Absicherung gegen Cyberangriffe. Infolge dieses Verzichts wird Ihre Kundschaft Opfer eines Cyberangriffs und verliert deswegen wichtige Datensätze und viel Geld. Diesen Schaden hätten Sie vorhersehen müssen und haben daher grob fahrlässig gehandelt.

In diesem Zusammenhang wollen wir mit einem Mythos aufräumen, der unter Selbständigen, Freelancer:innen und Unternehmer:innen weit verbreitet ist: Viele fragen sich (verständlicherweise), welchen Nutzen eine Berufshaftpflichtversicherung überhaupt bietet, wenn sie aufgrund von grober Fahrlässigkeit einen Schaden verursachen. Denn noch immer grassiert die Vorstellung, dass eine Berufshaftpflicht für Schäden aus grober Fahrlässigkeit nicht aufkommt. Daher möchten wir an dieser Stelle ausdrücklich darauf hinweisen: Dieser Mythos entspricht NICHT der Wahrheit! Im Bereich der Berufshaftpflichtversicherungen sind sowohl Schäden aus einfacher als auch aus grober Fahrlässigkeit abgesichert. So haben stets verlässliche Unterstützung, sollte es doch einmal zu einem Schadenfall kommen.

Absicherung bei leichter und grober Fahrlässigkeit

In den Berufshaftpflichtversicherungen über exali allerdings ist sowohl leichte als auch grobe Fahrlässigkeit versichert. So sind Sie im Schadenfall nicht alleine, denn der Versicherer prüft die an Sie gestellten Ansprüche auf Ihre Rechtmäßigkeit, begleicht gerechtfertigt Forderungen und wehrt haltlose in Ihrem Namen ab.

Vorsatz

Ob leicht oder grob fahrlässig, eines haben beide Varianten der Fahrlässigkeit gemeinsam: Die Entstehung eines Schadens war nie beabsichtigt. Durch das fahrlässige Handeln nehmen Sie die Möglichkeit zwar in Kauf, legen es aber nicht aktiv darauf an. Forciert eine Person durch ihr Verhalten einen Schaden, handelt es sich dagegen um sogenannten Vorsatz (juristisch verankert in Paragraf 15 des Strafgesetzbuchs). Der ist NICHT versichert und wer auf diese Weise einen Schaden verursacht hat, muss selbst dafür aufkommen. Auch der Vorsatz kann verschiedene Ausprägungen annehmen: Absicht, bewusster Vorsatz und bedingter Vorsatz.

Absicht (dolus directus 1. Grades)

Bei dieser Variante des Vorsatzes ist der Wille, einen Schaden zu verursachen, maßgeblich. Die handelnde Person nimmt nicht nur in Kauf, dass ihre Aktion zu negativen Konsequenzen führt, sondern vollzieht eine Handlung mit dem konkreten Ziel, jemandem Schaden zuzufügen.

Bewusster Vorsatz (dolus directus 2. Grades)

Hier weiß die/der Handelnde, dass ihre/seine Aktion zu einem Schaden führen wird oder sie/er ist sich dessen zumindest ziemlich sicher. Der Schaden ist hierbei nicht erwünscht, wird aber hingenommen, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen.

Bedingter Vorsatz (dolus eventualis)

Beim bedingten Vorsatz hält eine Person einen Schaden durchaus für möglich und nimmt ihn billigend in Kauf, auch wenn sie es gar nicht so sehr darauf anlegt, ihn herbeizuführen. Ihr ist klar, welche Folgen ihr Handeln womöglich hat (sogenannte Billigung), aber sie handelt nicht bewusst vorsätzlich (mit Absicht).

Übrigens:

In der Berufshaftpflicht für Manager:innen und Beauftragte (D&O-Versicherung von exali) ist auch bedingter Vorsatz mitversichert, solange es sich bei der Handlung, auf der die Pflichtversicherung basiert, nicht um eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit handelt.

Im Rahmen der Schadensabwicklung wird bei der Versicherung überprüft, ob ein Vorsatz vorliegt. Ist das der Fall, ist der Versicherer nach Paragraf 81 Versicherungsvertragsgesetz von der Pflicht, die Schadensumme zu begleichen, befreit.