Kosten überschritten: Kunde darf Architektenvertrag außerordentlich kündigen

Dass Kosten höher ausfallen, als kalkuliert, hört keiner gerne. Aber nirgends wird wohl so oft von Kostenexplosion gesprochen als bei der Planung von Neubauten. Dann kann es schnell zu Streitigkeiten zwischen Architekt und Kunde darüber kommen, wer schuld ist, wenn die Kosten die Kalkulation übersteigen. Dass Kunden aus diesem Grund außerordentlich kündigen dürfen, dazu gibt es nun eine aktuelle Gerichtsentscheidung.

Streit um verschiedene Kostenobergrenzen

In dem Fall, der vor dem Oberlandesgericht Stuttgart verhandelt wurde, hatte ein Architekturbüro gegen seinen Kunden, den Bauherrn eines Wohnhauses, geklagt.

Dieser Sachverhalt ging dem Streit voraus:

Zu Beginn des Vertragsverhältnisses zu dem Neubau hatten die Parteien eine verbindliche Kostenobergrenze für das gesamte Projekt von 238.000 Euro vereinbart. In einer Mail, die das Architekturbüro im Laufe des Projektes an den Bauherrn schickte, teilte es diesem mit, dass die reinen Baukosten ohne Garage, Außenanlagen und weiteren Komponenten bereits 220.000 Euro betragen würden. Auf diese Mail antwortete der Kunde sinngemäß, dass er diese reinen Baukosten schon vertragen könne.

Später teilte der Bauherr den Architekten dann aber doch – ebenfalls per Mail – mit, dass eine klare Kostenobergrenze für das Projekt von 238.000 Euro vereinbart wurde und dass sie diese auch einhalten müssten. Inzwischen hatten die Architekten dem Bauherrn jedoch eine Kostenberechnung geschickt, in der weder die ursprüngliche Kostenobergrenze für das Gesamtprojekt (also die 238.000 Euro), noch die angekündigten grundlegenden Kosten (220.000 Euro) in der Planung eingehalten wurden.

Kunde kündigt fristlos – Architekten ziehen vor Gericht

Daraufhin kündigte der Bauherr den Vertrag mit dem Architekturbüro fristlos mit der Begründung, dass die vereinbarten Kosten bei weitem überschritten wurden. Die Architekten bestritten, dass dem Bauherrn eine Kündigung aus wichtigem Grund zusteht und klagten ihr Architektenhonorar ein. Außerdem argumentierten sie, dass der Bauherr die höheren Kosten wegen diverser Änderungswünsche selbst verursacht hat.

Das OLG Stuttgart als Berufungsgericht gab dem Beklagten (dem Bauherrn) recht und erklärte die Kündigung aus wichtigem Grund für zulässig (Urteil OLG Stuttgart vom 28.11.2017; Az: 10 U 68/17). Die ursprünglich vereinbarte Kostenobergrenze von 238.00 Euro ist laut Gericht rechtlich als Beschaffenheitsvereinbarung der Architektenleistung gemäß § 633 Abs. 2 BGB anzusehen. Zwar sei diese erste Kostenobergrenze durch die Mails der Parteien später aufgehoben worden und eine neue Kostengrenze von 220.000 Euro vereinbart worden, doch auch diese neue Obergrenze ist laut Gericht eine erneute Beschaffenheitsvereinbarung.

Architekten müssen einseitige Kostenvorstellung des Bauherrn beachten

Den erneuten Hinweis des Bauherrn (in seiner Mail) auf die ursprünglich vereinbarte Kostenobergrenze von 238.000 Euro sah das Gericht als Angebot zur Vereinbarung einer „neuen alten“ Kostenobergrenze, die jedoch die Architekten nicht angenommen haben. Trotzdem hätten sie diese einhalten müssen, weil laut Rechtsprechung auch eine einseitige Kostenvorstellung des Bauherrn zu beachten ist (BGH-Urteil vom 21.03.2013, Az: VII ZR 230/11). Da die Architekten gegen diese „Pflicht zur einseitigen Kostenbeachtung“ verstoßen haben, stand dem Bauherrn ein fristloses Kündigungsrecht aus wichtigem Grund gemäß § 314 Abs. 2 BGB zu, so das Gericht.

Architekten müssen Mehrkosten wieder „hereinholen“

Auch die Argumentation der Architekten, dass der Bauherr selbst durch Sonderwünsche die Kostenerhöhung verursacht hat, ließ das Gericht nicht gelten. Die Architekten seien dazu verpflichtet gewesen, die Mehrkosten an anderer Stelle wieder einzusparen, da der Bauherr der Kostenüberschreitung nicht zugestimmt hat. Gemäß HOAI (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure) sind Architekten ebenfalls dazu verpflichtet, verschiedene Konzeptvarianten zu erstellen, um die vereinbarten Kosten einzuhalten.

Kündigung des Architektenvertrages aus wichtigem Grund

Auch wenn der Fall etwas kompliziert ist, heißt er am Ende nichts anderes, als dass ein Architektenvertrag aus wichtigem Grund gekündigt werden kann. Ein wichtiger Grund liegt laut § 314 Abs. 1 BGB vor, wenn dem Vertragspartner bei Abwägung aller Umstände die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zuzumuten ist. Als wichtigen Grund sah das Gericht in diesem Fall die Kostenüberschreitung an, mit der das Architekturbüro eine Vertragspflichtverletzung begangen hat.

Hinweis

Nach § 314 Abs. 2 BGB ist eine Kündigung aus wichtigem Grund wegen einer Vertragspflichtverletzung nur zulässig, wenn eine Frist zur Abhilfe abgelaufen oder eine Abmahnung erfolglos geblieben ist. Im vorliegenden Fall hatte der Bauherr eine Frist zur Abhilfe gesetzt und nach deren Ablauf noch knapp fünf Wochen abgewartet. Diese Frist sah das OLG Stuttgart als angemessen an.

Architekten: Vorsicht bei festen Kostenzusagen

Wie der vorliegende Fall zeigt, sollten Architekten auf keinen Fall verbindliche Kostenversprechen machen. Denn bei einem Neubau können die Kosten immer höher ausfallen, als geplant und wurde dann – wie in diesem Fall – eine Kostenobergrenze vereinbart und diese wird seitens der Architekten überschritten, wird dies als Vertragspflichtverletzung gewertet und dem Kunden ein außerordentliches Kündigungsrecht zugesprochen. Daher sollten Architekten im Hinblick auf die Baukosten immer eine Formulierung wie „Prognose“ oder „voraussichtlich“ verwenden und keine verbindliche Kostenobergrenze vereinbaren.

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Der beschriebene Fall zeigt wieder einmal anschaulich, dass Kostenüberschreitungen durch Planungs-, Beratungs- und Berechnungsfehler von Architekten die häufigsten Ursachen für rechtliche Auseinandersetzungen, oft in Verbindung mit Schadenersatz und Honorarstreitigkeiten, sind. Die Architektenhaftpflicht über exali.de bietet Ihnen daher umfassenden Schutz bei Schadenersatzforderungen (zum Beispiel von Bauherrn oder Auftraggebern). Auch teure Sach- und Personenschäden bei Dritten sind mitversichert. Um den Versicherungsschutz individuell auf Ihre Risikosituation als Architekt oder Bauingenieur anpassen zu können, gibt es spezielle Zusatzbausteine, die Sie zu Ihrer Berufshaftpflicht hinzuwählen können, beispielsweise einen Honorar-Rechtsschutz, der das Kostenrisiko für Streitigkeiten rund um das vereinbarte Architektenhonorar trägt.