Verletzte Persönlichkeitsrechte: Filmteam muss zahlen

Schmerzensgeld trotz Drehgenehmigung: Verletzte Urheber-, Marken-, Datenschutz- oder Persönlichkeitsrechte sind häufige Streitfälle in den Medienberufen. Sogar, wenn man vermeintlich alles richtig gemacht hat, um niemandes Rechte zu verletzen. Der nachfolgende Fall zeigt genau eine solche Situation – aber auch, wie hier eine Berufshaftpflichtversicherung helfen kann.

Und plötzlich wussten es alle ...
Drehgenehmigung erteilt oder nicht
Nicht entscheidungsfähig!
Das Urteil
Media-Haftpflicht bietet Schutz vor Rechtsverletzungen
Passiver Rechtsschutz trägt auch Anwalts- und Gerichtskosten
Rechtsschutzversicherung bietet meist keinen Schutz
Hinweis: Für Journalisten..

Der Streitfall: Privatsender versus Patient

Das Filmteam eines Privatsenders drehte eine Dokumentation über psychische Erkrankungen in einer Klinik. Es meinte sich rechtlich in Sicherheit, hatte es doch vor Beginn der Aufnahmen alle Patienten und den Direktor um Genehmigung gebeten.

Dennoch bekam jetzt einer der ehemaligen Patienten vor dem Landgericht München ein Schmerzensgeld in Höhe von 30.000 EUR wegen Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte zugesprochen.

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Und plötzlich wussten es alle ...

Ein junger Mann war in die geschlossene Abteilung der Psychiatrie-Klinik eingeliefert worden, weil er laut Diagnose unter einer akuten und schwerwiegenden schizophrenen Psychose litt. Für die Dreharbeiten wurde auch er gefilmt.

Bei der Ausstrahlung der Sendung sahen ihn viele Bekannte, die alle bis dahin nichts von seiner Erkrankung wussten. Daraufhin verklagte der junge Mann die Produzentin der Dokumentation, den ausstrahlenden Sender sowie den Direktor der Klinik auf Schadensersatz wegen Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte. Die Ausstrahlung selbst hatte er nicht mehr verhindern können.

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Drehgenehmigung erteilt oder nicht

Das Gericht hatte nun herauszufinden, ob der Kläger den Aufnahmen ausdrücklich zugestimmt hatte. Und ob er seine Zustimmung aufgrund seines Zustandes überhaupt hatte geben können. Der ärztliche Direktor der Klinik sagte aus, er habe vor Beginn der Aufnahmen alle Patienten, die sich am Drehort aufhielten, auf das Filmteam aufmerksam gemacht. Patienten, die nicht gefilmt werden wollten, hätten sich daraufhin entfernt.

Auch der Regisseur hatte den Patienten gesagt, dass niemand gefilmt würde, der dies nicht möchte. Der Kläger hatte sich aber nicht vom Drehort entfernt, daher seien alle Beteiligten von seinem Einverständnis ausgegangen. Zeugen berichteten, dass der Kläger sogar mehrmals gezielt versucht habe, ins Bild zu kommen.

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Psychotische Ambivalenz: Nicht entscheidungsfähig!

Nach Auffassung der Richter lag dennoch keine Einwilligung des Klägers vor. Der gerichtliche bestellte Gutachter hatte erläutert, dass ein Patient im Zustand der „psychotischen Ambivalenz“ überhaupt nicht zu bewussten und rationalen Entscheidungen in der Lage sei. In einer akuten Phase der Krankheit könne niemand die weitreichenden Folgen seiner Äußerungen überblicken.

Es gehöre zum typischen Bild der Krankheit, dass sich Patienten mal so, dann wieder so, oder gar nicht entscheiden. Impulsives und provokantes Verhalten, wie zum Beispiel sich immer wieder ins Bild zu schieben, seien Teil des Krankheitsbilds und nicht als Einwilligung zu interpretieren gewesen.

Allen Beklagten warf das Gericht grobe Fahrlässigkeit vor. Insbesondere aber dem ärztlichen Direktor, der aufgrund seines Fachwissens das Verhalten des Patienten anders hätte einschätzen müssen.

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Das Urteil: Schmerzensgeld in Höhe von 30.000 Euro

Die Kammer verurteilte die Beklagten zu einem Schmerzensgeld in Höhe von 30.000 EUR wegen schwerwiegenden Eingriffs in die Persönlichkeitsrechte des Klägers.

Auch dieser Fall zeigt: Risiken sind für Medienschaffende trotz entsprechender Vorkehrungen nicht gänzlich auszuschließen. Immerhin hatte das Filmteam vor Drehbeginn ausdrücklich eine Genehmigung von den Patienten und vom Direktor der Psychiatrie eingeholt. Dennoch ist ein Schaden durch die Zahlung von Schmerzensgeld, sowie durch nicht unerhebliche Anwalts und Gerichtskosten entstanden.

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Media-Haftpflicht bietet Schutz vor Rechtsverletzungen

Gegen dieses Risiko kann sich der Medienschaffende (z.B. Grafiker, Webdesigner, Illustrator, Fotograf, Journalist etc.) durch eine entsprechende Haftpflichtversicherung schützen. Diese Versicherungen werden auch unter der Bezeichnung Berufshaftpflicht oder Vermögensschadenhaftpflicht angeboten.

In aller Regel sind die Verträge um eine Büro- und Betriebshaftpflicht erweiterbar, die auch Personen- und Sachschäden absichert. Wichtig ist dabei, dass der Vertrag die Leistung für reine Vermögensschäden*, insbesondere Rechtsverletzungen wie z.B. Urheber-, Marken-, Datenschutz- oder Persönlichkeitsrechtsverletzungen beinhaltet.

Auch die Deckungssumme sollte nicht zu niedrig gewählt werden. Üblich und durchaus auch finanzierbar sind Deckungssummen zwischen 250.000 EUR und 1 Mio. EUR.

*Ein echter, auch reiner Vermögensschaden genannt, liegt vor, wenn der Schaden nicht auf einen (zuvor eingetretenen) Personen- oder Sachschaden zurückzuführen ist.

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Passiver Rechtsschutz" trägt auch Anwalts- und Gerichtskosten

Die Media-Haftpflicht übernimmt im Rahmen der Schadenabwicklung neben der Schmerzensgeldzahlung (hier 30.000 EUR) auch die Kosten für Anwälte, Sachverständige bzw. Gutachter und auch Gerichtskosten. Man nennt dies „Passiver Rechtsschutz“.

Das heißt: Der Versicherer klärt auf seine Kosten, inwieweit das Filmteam ein Verschulden trifft. Im Haftungsfall übernimmt der Versicherer diese Kosten unabhängig davon, ob es wie im oben beschriebenen Fall zu einer Verurteilung kommt oder der beschuldigte Versicherungsnehmer vom Vorwurf frei gesprochen wird.

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Rechtsschutzversicherung bietet meist keinen Schutz

Viele Versicherte gehen irrtümlicherweise davon aus, dass sie in einem Streitfall wie oben beschrieben über die Rechtsschutzversicherung abgesichert sind. Dem ist nicht so.

Die meisten Rechtsschutzversicherungen würden in diesem Beispiel nicht die Anwalts- und Gerichtskosten abdecken. In den Allgemeinen Rechtsschutzbedingungen (ARB) ist geregelt, dass nur die Geltendmachung, aber nicht die Abwehr von Schadenersatzansprüchen versichert ist.

Zudem ist die Wahrnehmung rechtlicher Interessen im Zusammenhang mit Patentrechts-, Urheberrechts-, Markenrechts-, Datenschutzrechts- bzw. Persönlichkeitsrechtsverletzungen generell ausgeschlossen. Daher ist die (Firmen)Rechtsschutzversicherung zumindest für die Absicherung der Kosten im Zusammenhang mit Rechtsverletzungen völlig ungeeignet.

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Hinweis: Für Journalisten..

…gibt es Ausnahmen. Vereinzelt findet man Leistungserweiterungen im Rechtsschutzvertrag für diese Berufsgruppe, die z.B. Persönlichkeitsrechtsverletzungen mitversichern. Jedoch sind hier die Deckungssummen meist auf 50.000 EUR begrenzt und der Versicherungsumfang eingeschränkt.

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Zwei echte Versicherungsfälle aufgrund von Rechtsverletzungen finden Sie hier: