Recht kurios: Webdesigner haftet für rechtsverletzende Kunden-Bilder

Wer hat die Rechte an den Bildern? Diese Frage gehört selbstverständlich zum täglichen Handwerkszeug eines Webdesigners. Das Urheberrecht kann – wird es nicht beachtet – schnell zum teuren Stolperstein für alle Kreativen werden. Doch wie kann sich ein Webdesigner sicher sein, dass das verwendete Material nicht urheberrechtlich geschützt ist? Welcher Bildquelle darf vertraut werden? Das Amtsgericht Oldenburg hat dazu eine eindeutige Meinung, die einem Webdesigner jede Menge Ärger gebracht hat.

Ein Urteil, das für jeden Webdesigner von Bedeutung ist, bringt uns heute auf der InfoBase zum Grübeln.

Webdesigner in Schwierigkeiten

Das Amtsgericht Oldenburg (AG Oldenburg) sorgt mit einem kürzlich veröffentlichten Urteil für Aufregung unter den Webdesignern. In dem Richterspruch wird ein Webdesigner für Bildmaterial zur Verantwortung gezogen, das ursprünglich der Kunde zur Verfügung gestellt hatte.

Die ganze Geschichte:

Im Jahr 2007 hatte eine Seniorenresidenz den beklagten Webdesigner mit der Erstellung einer Homepage beauftragt und ihm dazu entsprechende Materialien zur Verfügung gestellt. Unter den Dateien, die der Kunde dem Webdesigner zur Verwendung überlassen hat, befand sich auch der Ausschnitt einer Landkarte, die unter dem Menüpunkt „Anfahrt“ eingesetzt werden sollte.
Fünf Jahre, nachdem die Landkarte auf der neuen Homepage online gegangen war, wurde der Betreiber der Seniorenresidenz schließlich im Jahr 2012 vom eigentlichen Rechteinhaber der Karte abgemahnt und zu einer Unterlassungserklärung inklusive Schadenersatzzahlung aufgefordert. Da der Betreiber sich jedoch weigerte die Unterlassungserklärung abzugeben, erwirkte der Rechteinhaber eine einstweilige Verfügung und forderte knapp 2.000 Euro Schadenersatz, inklusive Rechtsanwaltskosten.

Webdesigner soll Kosten übernehmen

Der Betreiber der Seniorenresidenz sah sich jedoch nachwievor nicht in der Verantwortung und forderte die entstandenen Kosten vom Webdesigner zurück. Dieser habe schließlich die Homepage erstellt und sei somit in der Verantwortung für die Urheberrechtsverletzung; so zumindest die Meinung des Betreibers. Letztlich landete der Fall Anfang 2015 vor dem Amtsgericht Oldenburg. Auf der Klägerseite befand sich der Betreiber der Seniorenresidenz, diesem gegenüber der Webdesigner.
Der Webdesigner sah sich nicht in der Pflicht die entstandenen Kosten zu ersetzen und argumentierte, dass die Ansprüche aus dem Werkvertrag längst verjährt seien und er darüber hinaus in seinen AGB eine entsprechende Haftung ausgeschlossen habe.

Häufiger Irrtum. AGB schützen nicht vor Haftung!

Die Richter stimmten dem Webdesigner zu, dass die Gewährleistungsrechte aus dem Werkvertrag bereits zwei Jahre nach der Erstellung der Homepage (also im Jahr 2009) verjährt waren. Den zweiten Argumentationspunkt ließ das Gericht jedoch nicht gelten. Ein Ausschluss der Haftung durch die AGB des Webdesigners sei nicht möglich. Die Prüfungspflicht zähle zu den wesentlichen Vertragspflichten als Auftragnehmer und sei deshalb gemäß § 307 Abs. 2 Nr.2 BGB nicht ausschließbar. Die entsprechende Klausel innerhalb der AGB sei demzufolge unwirksam. Es wäre, im Rahmen seiner Beratungspflicht, die Aufgabe des Webdesigners gewesen den Kunden auf die Rechtslage hinzuweisen.
Der Webdesigner hatte versucht seine Haftung durch entsprechende AGB zu beschränken, doch das Urteil des AG Oldenburg zeigt, dass auch die AGB-Klauseln nicht vor Ansprüchen Dritter schützen können.

Warum muss der Webdesigner zahlen?

Die Richter urteilten, dass der Webdesigner und auch der Kläger gemäß § 840 BGB als Gesamtschuldner haften. In einfacheren Worten: Beide sind dafür verantwortlich, dass durch den Kartenausschnitt Rechte verletzt wurden und dem Rechteinhaber ein Schaden entstanden ist.
Die Richter entschieden, dass der Webdesigner 50 Prozent des entstandenen Schadens zu verantworten habe, da er seinen Prüfpflichten nicht ausreichend nachgekommen sei. Der Kläger habe jedoch ebenfalls zu verantworten, dass der Schaden durch die Rechtsverletzung entstanden sei, weshalb auch er 50 Prozent des entstandenen Schadens zu tragen habe. Das Argument der Verjährung konnte der Webdesigner hier nun nicht mehr vorbringen, da die Verjährungsfrist für die gesamtschuldnerische Haftung (Seniorenresidenz und Webdesigner zu 50%) erst mit dem Erhalt der Abmahnung im Jahre 2012 zu laufen begann.
Die Entscheidung des AG Oldenburg findet nicht nur bei Kreativen viel Beachtung, auch zahlreiche Anwälte haben sich mit dem Urteil im Netz beschäftigt. Einstimmiger Kritikpunkt ist hier, dass der Webdesigner in zu hohem Maße zur Verantwortung gezogen wird. Der Kläger hätte hohe Folgekosten durch die Abgabe einer Unterlassungserklärung minimieren können. Für das Fehlverhalten des Klägers wird nun auch der Webdesigner in Haftung genommen, denn schließlich soll er laut Urteil die Hälfte des entstandenen Schadens bezahlen.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig, ein Berufungsverfahren vor dem LG Oldenburg (Az.: 4 S 224/15) läuft.

Gut abgesichert als Webdesigner

Der Fall dieses Webdesigners zeigt, dass sich Haftung – entgegen der landläufigen Meinung – nicht einfach durch AGB ausschließen lässt, insbesondere wenn es sich dabei um wesentliche Vertragspflichten handelt. Generell sind Selbständige dafür verantwortlich, dass durch ihre Arbeit keine Rechte (von Dritten) verletzt werden. Wer sich wirksam vor Schadenersatzansprüchen Dritter schützen möchte, sollte daher dringend eine für Web- und Medienberufe geeignete Berufshaftpflichtversicherung abschließen. Die Media-Haftpflicht über exali.de ist speziell auf die Bedürfnisse von Kreativen im Medienbereich zugeschnitten und schützt deshalb auch umfassend vor Ansprüchen aus Rechtsverletzungen.
Im Falle des Webdesigners hätte der Versicherer nicht nur die Verteidigungskosten für den Rechtsstreit übernommen (Stichwort: Passiver Rechtsschutz), sondern, im Falle einer Verurteilung, auch die Schadenersatzzahlung, die der Webdesigner zu verantworten hat.

Weiterführende Informationen:

© Sarah-Yasmin Fließ – exali AG