Wenn das Gericht beim Datum pfuscht….ist trotzdem der Anwalt verantwortlich?!

Frist ist Frist und wer sie übersieht, hat Pech gehabt! Das deutsche Rechtssystem hat hier eine ziemlich klare und einfache Regelung. Doch was geschieht, wenn es in Sachen Datum zu jeder Menge Verwirrung kommt und das Gericht an dem Chaos nicht gerade unbeteiligt ist? Der Bundesgerichtshof sieht den Anwalt in der Pflicht, den Durchblick zu behalten – zum Leidwesen der Mandantin.

Der Beschluss des Bundesgerichtshofs zeigt heute auf der InfoBase, wie groß die Verantwortung ist, die auf den Schultern von Rechtsanwälten ruht.

Fristverlängerungsantrag kommt per Fax?

Der ganze Fall hat am Oberlandesgericht München (OLG), beziehungsweise am Amtsgericht (AG) Pfaffenhofen an der Ilm seinen Anfang genommen und endete mit einer Rechtsbeschwerde vor dem BGH.

Wie alles begann:Eine Mandantin forderte ihre Rechtsanwältin auf, gegen einen Beschluss des AG Beschwerde einzulegen. Die Anwältin schickte diese Beschwerde am 22.11.2011 an die zuständige Geschäftsstelle des OLG, die den Eingang bestätigte.

Hier passierte nun der erste entscheidende Fehler: In der Bestätigung hat sich der zuständige Mitarbeiter des OLG um einen Monat vertan. Anstatt des 26.10.2011 benannte er den 26.11.2011 als Zustelldatum des ursprünglichen AG Beschlusses, wonach auch die Beschwerdebegründungsfrist falsch angegeben wurde (statt 27.12.2011 stand dort fälschlich 27.01.2012). Die Rechtsanwältin war also zunächst der Auffassung, dass die Frist für die Einreichung der Beschwerdebegründung am 27.01.2012 endete.

Am 20.12.2011 schickte die Rechtsanwältin daraufhin ein Fax an das OLG mit der Bitte um eine Fristverlängerung um einen Monat – als Nachweis lieferte die Juristin später vor Gericht einen Sendungsbericht. Und nun geschieht der zweite Fehler. Die Anwältin war offensichtlich der Überzeugung, dass ihr Antrag das OLG erreicht hatte und diesem sicherlich stattgegeben werde. Eine Bestätigung zur Fristverlängerung hatte sie jedoch nicht erhalten. Nach Ansicht der Anwältin lief die Frist für die Beschwerde demnach erst am 27.2.2012 ab, eine weitere Nachfrage bei Gericht erfolgte nicht.

In Wahrheit war der Antrag auf Fristverlängerung nie beim OLG angekommen (so behauptet das OLG). Zusätzlich stimmte, wie schon beschrieben, das Datum in der Beschwerde-Eingangsbestätigung nicht – die Frist für das Einreichen der Beschwerdebegründung endete also tatsächlich am 27.12.2011 (zwei Monate vor dem Datum, das die Anwältin annahm).

Beschwerdebegründung kommt zu spät!

Die Beschwerdebegründung der Anwältin (die erforderlich ist, damit die eingereichte Beschwerde berücksichtigt werden kann) erreichte das OLG am 18.01.2012 – laut Meinung der OLG-Richter also verspätet, weshalb sie die Beschwerde (am 09.03.2012) verwarfen. Die Argumente, auf dem Schreiben des OLG sei die Beschwerdebegründungfrist falsch angegeben gewesen und darüber hinaus habe auch das Fax die Zustellung des Antrag auf Fristverlängerung bestätigt, ließen die Richter nicht zählen.

Laut Ansicht des OLG hätte die Anwältin merken müssen, dass das Eingangsdatum auf der Bestätigung nicht stimmen kann und demnach auch die Frist zur Beschwerdebegründung nicht stimmen kann. Darüber hinaus wäre es die Pflicht der Anwältin gewesen sich nach ihrem Antrag auf Fristverlängerung zu erkundigen, den sie per Fax geschickt hatte.

BGH-Beschluss zum Datumswirrwarr

Der BGH stimmte der Meinung und auch der Entscheidung des OLG zu. Im BGH-Beschluss (BGH 2.12.2015, XII ZB 211/12) heißt es:

„Ein Rechtsanwalt darf auf die Gewährung einer beantragten Fristverlängerung nicht so lange vertrauen, wie er keine anders lautende Nachricht vom Gericht erhält (BGH Beschluss vom 24.November 2009 -VIZB69/08-FamRZ 2010, 370 Rn.9). Er hat vielmehr durch geeignete Organisationsmaßnahmen sicherzustellen, dass bei ausbleibender Reaktion des Gerichts auf sein Fristverlängerungsgesuch noch vor Ablauf der beantragten verlängerten Frist dort Nachfrage gehalten wird, ob und in welchem Umfang dem Antrag stattgegeben wurde (BGH Beschluss vom 16.Oktober 2014 VIIZB15/14-NJW-RR 2015, 700 Rn.12 mwN).“

Doch die Mandantin wollte sich noch nicht geschlagen geben, immerhin habe ihre Anwältin einen Fehler gemacht. Sie beantragte am 15.03.2012 beim OLG die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand, doch auch dieser Antrag wurde vom OLG abgelehnt; auch hier gab der BGH der Entscheidung Recht.

Die Begründung:

„Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Die Beschwerdebegründungsfrist sei mit dem 27.Dezember 2011 abgelaufen. Sie sei bei Eingang der Beschwerdebegründung am 18.Januar 2012 daher bereits verstrichen gewesen. Der Antragsgegnerin sei keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist zu gewähren, da der entsprechende Antrag nicht binnen der Monatsfrist der §§117 Abs.5 FamFG, 234 Abs.1 Satz2 ZPO gestellt worden sei. Die Antragsgegnerin sei spätestens zwei bis drei Wochen nach Stellung des Verlängerungsantrags gehalten gewesen nachzufragen, ob die beantragte Fristverlängerung bewilligt worden sei. Auch wenn eine Erkundigungspflicht erst am Ende der beantragten verlängerten Frist angenommen werde, hier also zum 27.Januar 2012, sei die Wiedereinsetzungsfrist mit dem 27.Februar 2012 abgelaufen. Der am 15.März 2012 eingegangene Wiedereinsetzungsantrag sei daher verspätet.“

Die Mandantin hätte nach Ansicht der Richter die Pflicht gehabt sich rechtzeitig über den Stand ihrer Beschwerde zu erkundigen (spätestens zumindest zum Ende der angewiesenen Fristverlängerung am 27.01.2012). Deshalb, so die Richter, war die Monatsfrist für den Antrag auf Wiedereinsetzung auch am 27.02.2012 abgelaufen, der Antrag kam am 15.März also zu spät.

Schlechte Karten für die Mandantin

Die Mandantin muss in diesem Fall mit den Konsequenzen leben, die durch das Versehen der Anwältin und auch des Gerichts entstanden sind. Da auch die Anwältin eine große Mitschuld am unschönen Ausgang des Rechtsstreits trägt, wird die Mandantin wohl versuchen sie für die versäumte Frist und den daraus entstandenen Schaden in Haftung zu nehmen.

Deshalb ist es wichtig, dass sich Rechtsanwälte einen vertrauensvollen Partner für ihre Anwalts-Haftpflicht suchen, der auch im Schadenfall zur Seite steht. Aus diesem Grund verzichtet exali.de komplett auf Callcenter-Leistungen, und steht den Versicherten stets persönlich mit Rat und Tat zur Seite.

Weiterführende Informationen:

© Sarah-Yasmin Fließ – exali AG