Keine Schranken für die Kunst? Von wegen! Zwei Extremfälle im Urheberrecht beweisen das Gegenteil

Mit dem lieben Urheberrecht verbinden viele Bildnutzer und kreative Freelancer eine innige Hassliebe. Selbst wenn alles doppelt und dreifach geprüft ist kann durch ein kleines Versehen alles schief gehen – und dann drohen Abmahnungen bis zum Abwinken. Zankereien ums Urheberrecht gibt es wie Sand am Meer – doch die folgenden Fälle sind zwei sehr seltene Vögel. Dabei sind sie so kurios, dass sie erfunden nicht besser hätten sein können…

Ist da jemand mit der „Maus ausgerutscht“?

Urheberrecht und Parteienwahlkampf – ein Paar, das sich leider gar nicht gut verträgt. Zumindest wenn es sich bei der Partei um die polarisierende Alternative für Deutschland (AfD) handelt. Oder um das Bündnis 90/Die Grünen, die sich in der Vergangenheit auch schon Ärger mit dem Urheberrecht eingehandelt haben.

Jetzt hat der "Urheber-Schludrian“ bei der AFD wieder zugeschlagen: In einer Wahlkampf-Broschüre hat die AfD aus dem niedersächsischen Landkreis Stade ein Foto veröffentlicht, das so ganz und gar nicht erlaubt ist. Das Foto zeigt einen in schwarz gekleideten Mann, der eine rote Fahne schwingt und im Begriff ist, mit dem Fahnenstiel auf einen am Boden liegenden Polizisten einzuschlagen. Auf der Jacke des Schlägers prangt der Schriftzug „Antifaschistische Aktion“ – die Bildunterschrift lautet: Rechtsstaat am Boden. Aber Moment, das Bild ist doch bekannt: Der Guardian und die Bild-Agentur Getty Images hatten das Foto bereits 2009 veröffentlicht – allerdings in einem anderen Zusammenhang und ohne den Antifa-Schriftzug. Tatsächlich wurde das Bild vor sieben Jahren während den Protesten in Griechenland aufgenommen und daher in diesem Kontext abgedruckt. Für die AfD ist das kein ausreichender Grund, das Bild nicht zu verwenden. Also kurz zusammengefasst: Das Foto stammt weder aus Deutschland, noch zeigt es eine aktuelle politische Situation, noch hat es irgendetwas mit der antifaschistischen Bewegung zu tun.

Mit retuschierten Promis dick im Geschäft…

Bei den Schlagwörtern „Photoshop“ und „Promis“ liegt der Gedanke an perfekt retuschierte Hochglanz-Cover nahe. Kein Fältchen, kein Gramm zu viel – doch diesmal ist es andersherum. Auf einer Internetseite wurden Kreative dazu aufgerufen, Promifotos zu bearbeiten. Umso fülliger, umso besser war dort der Slogan. Die besten 32 Bilder wurden schließlich auf der Website veröffentlicht.

Besonders angetan war die Nutzer-Community von der „Verwandlung“ der Schauspielerin Bettina Zimmermann, deren bearbeitetes Bild mit der Unterüberschrift „fiese Veränderung“ beschrieben wurde. Gar nicht lustig fand das der Fotograf, der für das ursprüngliche Bild verantwortlich war. Er verklagte die Webseiten-Betreiberin wegen Urheberrechtsverletzung. Seine Gründe: Durch die Veröffentlichung des bearbeiteten Bildes im Netz entsteht eine unberechtigte Nutzung, sein Name wurde nicht als Urheber genannt und außerdem werde das Bild durch die Bearbeitung entstellt – daher will er Schadenersatz, und zwar stolze 5.450 Euro! Dass da die Webseiten-Betreiberin nicht mitspielt, war klar, deswegen geht’s ab vors Gericht.

Im Gegensatz zum AfD-Fall entschied der BGH im Urteil vom 28.07.2016 (Az. I ZR 9/15), dass es sich bei den auf korpulent gemachten Promis um freie Benutzung der Fotografie handelt – das heißt, die Bearbeitung der Fotos sind unter dem Gesichtspunkt der Parodie zulässig, und verletzen damit keine Urheberrechte!

Und die Moral von der Geschicht?!

Das Urheberrecht ist komplex: Lieber doppelt und dreifach geprüft, als einmal zu fahrlässig. Deshalb sollte stets unterschieden werden, ob es sich bei der Bearbeitung von Fotos um eine Vervielfältigung des Originalwerks handelt – denn dann steht das veränderte Bild noch im vollen Urheberrecht des ursprünglichen Fotografen. Wenn das Foto aber aufgrund von freier Benutzung selbstständig – also unabhängig vom eigentlichen Foto – ist, kann es sein, dass der ursprüngliche Fotograf keine Urheberrechtsansprüche mehr hat und das Bild frei verwendet werden kann.

Doch trotz besonderer Vorsicht können sich Nutzer schnell aufs Urheberrechts-Glatteis begeben – und wenn das Eis dann bricht, wird´s teuer! Dabei braucht es in den meisten Fällen gar keine Extremfälle wie in den dargestellten Beispielen: Eine kleine Unachtsamkeit reicht schon aus, um Rechte Dritter zu verletzen. Die finanziellen Folgen, die diese Versehen nach sich ziehen, können Freelancer und Bildnutzer tief in die roten Zahlen bringen. Die Berufshaftpflichtversicherungen über exali.de schützen umfassend vor Schadenersatzforderungen aufgrund von Urheber-, Lizenz-, Marken-, Namens-, Persönlichkeits-, Wettbewerbsrechtsverletzungen sowie Datenschutzrechtsverletzungen.

Weiterführende Informationen:

© Vanessa Materla – exali AG