Recht und Gesetz: Das VVG wieder auf der Höhe der Zeit

Zum 1. Januar 2008 ist das reformierte Versicherungsvertragsgesetz (VVG) in Kraft getreten. Da die annähernd 100 Jahre alten gesetzlichen Regelungen in Teilen schon lange nicht mehr dem Stand der Rechtsprechung entsprochen hatten, war eine Überarbeitung des VVG durch den Gesetzgeber notwendig geworden. Die Reform hat auch auf die angebotenen Versicherungsprodukte von exali Auswirkungen - auf die wichtigsten Änderungen geht Geschäftsführer und Versicherungsexperte Ralph Günther ein.

A. Textform löst Schriftform ab
B. Antragsmodell ersetzt Policen-Modell
C. Änderung der vorvertraglichen Anzeigepflichten
D. Das Ende des Alles-oder-nichts-Prinzips
E. Anerkenntnisverbot ist nicht mehr statthaft
F. Berufsunfähigkeitsversicherung: Erstmals im neuen VVG geregelt
G. VVG und exali
H. Weiterführende Links zum Thema

A. Textform löst Schriftform ab

Bisher galt im Geschäftsverkehr mit dem Versicherer die Schriftform (nach § 126 BGB: ... Urkunde auf Papier, die vom Aussteller der Urkunde eigenhändig unterschrieben ist ...). Das ist im Zeitalter des Internets vorbei, nun hat durch die VVG-Reform die Textform Einzug gehalten - unter Anderem durch E-Mails, PDF-Dokumente und Papierformulare mit eingescannter Unterschrift.

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B. Antragsmodell ersetzt Policen-Modell (§ 7 VVG)

Das sogenannte Policen-Modell, bei dem die Vertragsinformationen mit dem Versicherungsschein übermittelt worden sind, wird durch das Antragsmodell abgelöst. Dieses besagt, dass alle nach der VVG-Informationspflichtenverordnung (VVG-InfoV) vorgeschriebenen Vertragsinformationen (insbesondere die Versicherungsbedingungen) VOR Antragstellung vorliegen müssen.

Hinweis: Alternativ kann auch das so genannte Initiativmodell angewendet werden. Hier fungiert der Antrag als Aufforderung an den Versicherer zur Abgabe eines Angebotes, woraufhin der Versicherer den Versicherungsschein und die Vertragsinformationen zusendet. Der Vertrag kommt zustande, sobald der Versicherungsnehmer seine ausdrückliche Zustimmung zu diesem Angebot erteilt.

Handhabung bei exali:

exali hat im Prinzip auch schon in der Vergangenheit das Antragsmodell angewendet: Alle relevanten Informationen sind auf der Website hinterlegt und können vor der Antragstellung ausgiebig eingesehen und auch ausgedruckt werden.

Ab 1. Januar 2008 werden die vorgeschriebenen Informationen als PDF-Dokumente vor dem Start des eigentlichen Online-Antrages bei der IT-Haftpflichtversicherung und bei der IT-Einkommenssicherung noch einmal gebündelt angezeigt. Im Rahmen des Antrages bestätigt jeder Antragsteller, diese zur Kenntnis erhalten zu haben.

exali verwendet nicht das Initiativmodell, da der Versicherungsschutz nicht mit Antragstellung, sondern erst mit der ausdrücklichen Zustimmung des Versicherungsnehmers in Kraft tritt.

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C. Änderung der vorvertraglichen Anzeigepflichten (§ 19 und § 21 VVG)

Der Versicherungsnehmer hat nur diejenigen Angaben zu machen, nach denen der Versicherer ausdrücklich in Textform frägt (§ 19 Abs. 1 VVG).

Verletzt der Versicherungsnehmer die Anzeigepflichten, z.B. durch unrichtige Angaben im Antrag, ist der Versicherer nicht automatisch leistungsfrei (Rücktritt vom Vertrag):

 

1. Bei einfacher (leichter) Fahrlässigkeit besteht für den Versicherer nur die Möglichkeit der Kündigung mit Monatsfrist (§ 19 Abs. 3 VVG). Bis dahin besteht Versicherungsschutz.

2. Bei grober Fahrlässigkeit kann der Versicherer nach § 19 Abs.2 vom Vertrag zurücktreten. Dieses Recht erlischt jedoch, wenn der Versicherer den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände geschlossen hätte (§ 19 Abs. 4 VVG).

Hinweis: Den Vorsatz hat der Versicherer zu beweisen. Bei Vorwurf der groben Fahrlässigkeit hingegen hat der Versicherungsnehmer nachzuweisen, dass seine Fahrlässigkeit nicht grob war (§ 19 Abs. 2 ff. und § 21 VVG). Außer bei Arglist (hier 10 Jahre) kann der Versicherer das Recht auf Rücktritt vom Vertrag überhaupt nur noch in den ersten 5 Jahren ab Vertragsschluss geltend machen.

Handhabung bei exali:

Bei der IT-Haftpflichtversicherung gab es durch den exali Sideletter die Regelung, dass bereits die vollständige Beantwortung der „Ja“- und „Nein“-Fragen des Online-Antrages im Rahmen der Anzeigepflichten als erfüllt gelten. Die Fragen werden nun als PDF dokumentiert und im persönlichen „Mein exali-Bereich“ des IT-Experten eingestellt.

Interessant ist die Änderung der Anzeigepflichten beispielsweise auch für die private Krankenversicherung und Berufsunfähigkeitsversicherung: Da der Antragsteller nur noch konkrete Fragen beantworten muss, werden mittlerweile in den Anträgen genauer Erkrankungen bestimmter benannter Organe abgefragt. Insgesamt sind die Fragen dadurch umfangreicher geworden.

Das BU-Konzept IT-BU step4ward von exali war hier ebenfalls der Zeit voraus, denn: In der Online-Antragsanforderung war bereits der Grundsatz der detaillierten Abfrage umgesetzt - weshalb es bei IT-BU step4ward nur geringen Anpassungsbedarf gab.

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D. Das Ende des “Alles-oder-nichts-Prinzips”

Herbeiführung des Schadenfalls, Obliegenheitsverletzungen im Schadenfall und Anzeigepflichtverletzungen - mit der VVG-Reform wurde das sogenannte “Alles-oder-nichts-Prinzip” zu Gunsten der Quotelung aufgegeben.

Eine kurze Übersicht:

  alte VVG-Regelungen neues VVG
Im Schadenfall "Alles-oder-nichts-Prinzip" Quotelung
Bei Vorsatz keine Leistung keine Leistung
Bei grober
Fahrlässigkeit
keine Leistung
(Ausnahme Haftpflichtversicherung: Nur Vorsatz ausgeschlossen » volle Leistung!)
keine Leistung
(Ausnahme Haftpflichtversicherung: Nur Vorsatz ausgeschlossen » volle Leistung!)
Bei leichter
Fahrlässigkeit
keine Leistung keine Leistung
Obligkeitsverletzungen Rechtsfolge der Leistungsfreiheit tritt entweder voll oder gar nicht ein. Leistungsfreiheit nur noch in Abhängigkeit vom Grad des Verschuldens.

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E. Anerkenntnisverbot ist nicht mehr statthaft (§§ 105, 106, 108, 115 VVG)

Bisher durfte der Versicherungsnehmer nicht ohne Zustimmung des Versicherer einfach einen Schaden begleichen (anerkennen). Der Versicherer sollte die Möglichkeit haben, im Vorfeld zu prüfen, ob überhaupt ein Anspruch auf Schadenersatz besteht. Diese Vereinbarung ist nun nicht mehr statthaft.

Hinweis: Es ist nach wie vor dringend angeraten, auch weiterhin keine voreiligen Zusagen zu machen. Sollte sich im Nachhinein herausstellen, dass der Anspruch des vermeintlich Geschädigten unbegründet war, ist der Versicherer nach wie vor nicht zur Leistung verpflichtet. Hat der Versicherungsnehmer jedoch den Schaden schon beglichen, bleibt er unter Umständen auf den Kosten sitzen. Siehe hierzu auch - Artikel: „Früh Bescheid sagen“

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F. Berufsunfähigkeitsversicherung: Erstmals im neuen VVG geregelt (§ 172 - §177 VVG)

Im neuen VVG wird erstmals die Berufsunfähigkeit als Versicherungsart aufgeführt und an den Stellen, an denen eine Anlehnung an der Lebensversicherung nicht sinnvoll ist, eigenständig geregelt.

1. Im § 172 VVG wurde die Leistungsvoraussetzung der Berufsunfähigkeit definiert.

“(2) Berufsunfähig ist, wer seinen zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechendem Kräfteverfall ganz oder teilweise voraussichtlich auf Dauer nicht mehr ausüben kann.”

Hinweis: Die Rechtsprechung geht bei der Formulierung “voraussichtlich auf Dauer” von einem 3-Jahreszeitraum aus (sogenannter Prognosezeitraum). Wir empfehlen bei unserem Konzept IT-BU step4ward nur Versicherer, die in den Bedingungen diesen Zeitraum definieren und auf 6 Monate verkürzen! Zu Gunsten des Versicherungsnehmers kann natürlich von dieser VVG Regelung abgewichen werden.

2. Im § 173 (2) VVG wurde geregelt, dass der Versicherer maximal einmal die Anerkennung der Leistungspflicht befristen kann.

Bisher hatten BU-Versicherer die Möglichkeit, die BU-Rente erst einmal nur für einen bestimmten Zeitraum zu bezahlen, d.h. zu befristeten. Dies konnte nachteilig für den Versicherungsnehmer sein, da nach Ablauf eines befristeten Anerkenntnisses wieder gemäß dem Erstprüfverfahren überprüft wurde, ob die Voraussetzungen für die Berufsunfähigkeiten weiter bestehen. Das bedeutet: der Versicherungsnehmer hatte erneut die Beweislast.

Hinweis: Nicht alle BU-Versicherer haben in der Vergangenheit die Möglichkeit der unbefristeten Anerkenntnis genutzt. Die von exali im Rahmen von IT-BU step4ward empfohlenen BU-Versicherer hatten auch bisher schon die kundenfreundliche Regelung in den Versicherungsbedingungen vereinbart, wie Sie jetzt im VVG gesetzlich festgeschrieben wurden.

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G. VVG und exali

Für Neuverträge gilt das VVG ab dem 01.01.2008. Für Altverträge gilt eine Übergangsfrist bis zum 01.01.2009. Bei Teilen der VVG Informationspflichtenverordnung gibt es eine Übergangsfrist bis zum 01.07.2008.

exali hat bereits im Januar 2008 mit der sogenannten Jahresmeldung die Umstellung der IT-Haftpflichtverträge auf die VVG-konformen Versicherungsbedingungen (Net-IT 01-2008) aktiv angeboten und wickelt ab dem 01.01.2008 die Online-Policierung nach den Regelungen des neuen VVG sowie der VVG-InfoV ab.

Die Folge: exali-Kunden kommen früher, als gesetzlich vorgeschrieben, in den Genuss der verbesserten Regelungen.

Letztendlich hatte jedoch exali bereits (wie unter den Punkten B, C und F beschrieben) durch die Abwicklung über die Online-Plattform, durch den die Versicherungsbedingungen ergänzenden exali-Sideletter und über die bisherige Auswahl der geeigneten Versicherungsbedingungen, bereits Teile der jetzt in Kraft getretenen Reform im Sinne der IT-Experten “vorweggenommen”.

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H. Weiterführende Links zum Thema: