Anwälte aufgepasst: E-Mails nicht checken ist kein Zuckerschlecken!

Im Büro ankommen, Computer hochfahren, E-Mails überprüfen – und das im besten Fall so früh wie möglich. So und nicht anders sollte das allmorgendliche Ritual eines jeden Anwalts aussehen. Wer sich morgens vor dem Blick in den Posteingang erstmal in Ruhe einen Kaffee brüht, kann damit seine berufliche Existenz aufs Spiel setzen. Klingt abwegig? Ist es leider nicht. Denn wer sich wichtige Informationen durch die Lappen gehen lässt, haftet selbst dafür. Und genau das wurde einem Anwalt jetzt zum Verhängnis…

Wo die Gefahren beim Nicht-Lesen der digitalen Post liegen, erfahren Sie in unserem heutigen Artikel auf der Info Base.

Die nicht gelesene Mail und ihre Konsequenzen

Das Urteil des OLG Jena (19.02.2016 1 W 591/15) hat es in sich. Doch was war passiert?

Im vorliegenden Fall erhielt der Anwalt von einem seiner Mandanten abends noch kurzfristig einen Auftrag. Kurz nach Mitternacht ruderte derselbe Mandant jedoch wieder zurück und teilte seinem Anwalt per Mail mit, dass er es sich anders überlegt habe und er die Sache nun doch nicht gerichtlich klären möchte. Unglücklicherweise hat der Anwalt am nächsten Morgen keinen Blick in seinen Posteingang geworfen, die Mail demnach auch nicht zur Kenntnis genommen und um kurz vor 9 Uhr einen Schriftsatz mit Sachanträgen bei Gericht eingereicht. Trotz des Rücktritts des Mandanten, verlangte der Anwalt die volle Vergütung für seine Arbeit, die Ersterer natürlich nicht zahlen wollte. So kam es schließlich zu einem Rechtsstreit und Verfahren über die Höhe seiner Vergütung.

Die klare Aussage des OLG: Die Verantwortung für ungelesene Mails liegt beim Anwalt selbst. Deshalb stehe ihm keine vollständige Verfahrensgebühr zu. Der Anwalt hat also umsonst Zeit in seine Arbeit investiert und wird dafür nicht angemessen entlohnt.

Vertrauen ist zwar gut, Kontrolle jedoch viel besser

Der Beschluss zieht weite Kreise. Denn das eindeutige Fazit: Ein Anwalt muss ausnahmslos alle eingegangenen Mails umgehend zur Kenntnis nehmen, wenn er eine Kommunikation mit einem Mandanten per E-Mail eröffnet – und das gilt nicht nur für Fälle wie den Vorliegenden.

Denn die digitale Brieftaube ist ständig unterwegs: Private Daten des Mandanten, Ergänzungen oder andere für einen bestimmten Fall relevante Informationen – all das (und noch mehr) kann täglich im E-Mail-Postfach eines Anwalts landen. Ein häufiger Blick in Outlook & Co. und durchgehende Alarmbereitschaft für wichtige News ist also unumgänglich!

Und nicht nur das: Was, wenn durch einen Softwarefehler oder eine andere Macke im Betriebssystem elektronische Daten und Mails blockiert werden oder sogar verloren gehen und der Anwalt den Verlust gar nicht bemerkt, weil er seinen Online-Briefkasten nicht regelmäßig leert? Auch deshalb gilt: Seien Sie ständig auf der Hut und auf der Jagd nach neuen Nachrichten!

Halten Sie sich an die Bürozeiten!

Aber ist es überhaupt möglich, seine E-Mails so oft zu überprüfen, dass keine wichtige Information durch die Lappen geht? Im vorliegenden Fall lag die Verantwortung jedenfalls beim Anwalt.

Denn ausschlaggebend sind vor allem die üblichen Bürozeiten. Pflegt der Anwalt den Kontakt zu seinen Mandanten via E-Mail, muss er auch dafür sorgen, dass er in dieser Zeitspanne erreichbar ist und die Kommunikation möglich ist. Und genau daran hat sich der Anwalt des aktuellen Falls nicht gehalten. Schließlich lag zwischen seiner Bürozeit ab 8 Uhr und der Versendung des Schriftsatzes um kurz vor 9 Uhr fast eine Stunde Zeit, in der er die E-Mail hätte lesen und jegliche Tätigkeit bezüglich des Falls hätte einstellen müssen.

„Auf Nummer sicher gehen“ heißt also die Devise: Wer um Punkt 8 Uhr seine Pforten öffnet, muss erreichbar sein und Nachrichten zuverlässig und ohne Ausnahme kontrollieren – das gilt auch für Telefon, Fax & Co. Ansonsten kann es teuer werden!

Immer realistisch bleiben

Trotz allem ist der Beschluss nicht so zu verstehen, dass Anwälte in Liveticker-Manier und in Echtzeit ihre E-Mails lesen müssen – sonst würde ja ein Großteil der restlichen Arbeit liegen bleiben. Aber aufgepasst: Wer (spät) abends erreichbar ist, aktiven Austausch mit einem (potenziellen) Mandanten betreibt und dieser dadurch von der vollständigen Erreichbarkeit des Anwalts ausgeht, sollte durchaus auch früh morgens erreichbar sein und als erstes einen Blick ins Postfach werfen. Ansonsten können wichtige, entscheidende Informationen des Mandanten auf der Strecke bleiben.

Was tun im Ernstfall?

In Zukunft also einfach jede E-Mail sobald wie möglich lesen und gut ist? So aufmerksam und sorgfältig auch gelesen und geantwortet wird – an einem stressigen Arbeitstag kann es immer mal passieren, dass wichtige Informationen aus Versehen verloren gehen oder durch technisches Versagen von Softwareprogrammen untergehen.

Auch nicht selten: Eine entscheidende Mail landet fälschlicherweise im Spam-Ordner. Und das kann richtig teuer werden, wie ein anderer Fall auf unserer Info Base zeigt.

Um die eigene Existenz nicht durch teure Kosten oder nicht bezahlte Honorare aufs Spiel zu setzen, kommt es auf die passende Absicherung an. Dabei sollten neben dem Pflichtversicherungsschutz für Vermögensschäden auch Eigenschäden des Anwalts versichert werden können: z.B. durch Cyberschäden an den IT-Systemen der Kanzlei, durch den Diebstahl von Laptops und mobilen Endgeräten oder den sonstigen Verlust schriftlicher Arbeitsdokumente.

Durch den Basis-Pflichtversicherungsschutz und die optionalen Leistungserweiterungen bietet die Anwalts-Haftpflicht über exali.de Anwälten auch im digitalen Zeitalter umfassende Rückendeckung.

Weiterführende Informationen:

© Sarah Kurz – exali AG