Anwalt behauptet er wäre zur Verhandlung nicht geladen worden: Wer trägt die Beweislast?

Mandanten legen ihr Schicksal in die Hände ihres Anwalts, im Vertrauen darauf, dass dieser schließlich vor Gericht sein Bestes gibt. Wenn der Anwalt dann nicht zur Verhandlung erscheint und die Entscheidung der Richter deshalb nicht zu Gunsten des Mandanten beeinflussen kann,  ist der Ärger verständlicherweise groß und der Rechtsanwalt wird vom Mandanten zur Verantwortung gezogen. Doch was ist, wenn der Anwalt die Ladung zur Verhandlung nicht erhalten hat? Wer trägt dafür die Beweislast?

Ein interessanter Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts ist heute Thema auf der InfoBase.

Verhandlung, ja! Anwalt, nein!

Hat der Anwalt die Ladung zur mündlichen Verhandlung bekommen oder nicht? Diese Frage stand im Mittelpunkt eines Streits zwischen dem Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein und einem Rechtsanwalt.

Der Rechtsanwalt war von seinem Mandanten mit einer Klage beauftragt worden, über deren Ausgang das Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein zu entscheiden hatte. Dieses Urteil ist schließlich auch am 05. Februar 2015 gefallen – ohne dass der Anwalt des Klägers bei der mündlichen Verhandlung anwesend war.

Der Grund: Nach Aussage des Anwalts wurde er vom Gericht nie zur Verhandlung geladen. Er selbst habe erst aus der Presse erfahren, dass der Fall seines Mandanten bereits verhandelt worden war. Das Gericht wiederum versichert, dass dem Anwalt eine Ladung zur mündlichen Verhandlung durch Empfangsbekenntnis zugestellt worden war.

Bundesverwaltungsgericht muss entscheiden

Letzten Endes wurde der Streit zwischen dem Rechtsanwalt und dem Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG 9 B 33.15) vorgetragen.

Dort stand nun Aussage gegen Aussage. Der Rechtsanwalt behauptete, er hätte die Ladung zur Verhandlung nie erhalten, das Oberverwaltungsgericht hingegen versicherte die Ladung sei zugestellt worden – Allerdings war das Empfangsbekenntnis zum entsprechenden Schreiben nicht mehr auffindbar.

Das Oberverwaltungsgericht konnte letztlich nicht nachweisen, dass der Anwalt die Ladung tatsächlich erhalten hatte. Wohingegen der Anwalt glaubhaft vermittelte, dass die Arbeitsabläufe in der Kanzlei so geordnet sind, dass es unwahrscheinlich ist, dass die Ladung aufgrund eines Organisationsverschuldens nicht vorgelegt wurde. Deshalb fiel der Beschluss zu Gunsten des Rechtsanwalts aus.

Die Richter in der Beschlussbegründung:

„Der Nachweis der Zustellung der Ladung ist deshalb nicht erbracht. Das Gericht trägt aber die verfahrensrechtliche Beweislast dafür, dass die Ladung zugegangen ist (…). Es ist Sache der Gerichtsorganisation, für die sorgsame Aufbewahrung der Empfangsbekenntnisse zu sorgen. Das Fehlen des Ladungsnachweises zwingt unter den vorliegenden Umständen zu dem Schluss, dass der Kläger zur mündlichen Verhandlung nicht geladen worden ist. Eine ohne Teilnahme des Klägers bzw. seines Bevollmächtigten durchgeführte mündliche Verhandlung verletzt den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs und begründet einen wesentlichen Mangel des Gerichtsverfahrens.“

Das ursprüngliche Urteil vom 05. Februar 2015 wurde deshalb aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein zurückverwiesen.

Bei beruflichen Versehen schützt die Anwalts-Haftpflicht über exali.de

Auch wenn der Rechtsanwalt in diesem Fall wohl keine Schuld an dem Versäumnis der Verhandlung trägt, sind Anwälte generell nicht vor beruflichen Fehlern gefeit. Deshalb bietet die Anwalts-Haftpflicht über exali.de den gesetzlich vorgeschriebenen Pflicht-Versicherungsschutz für Vermögensschäden, die zum Beispiel aus Fristversäumnissen resultieren. Darüber hinaus lässt sich die Pflichtversicherung um eine Büro- & Betriebshaftpflicht  zur Absicherung von Personen- und Sachschäden, sowie um eine Eigenschadenversicherung individuell gemäß der eigenen Ansprüche erweitern. Die zusätzliche optionale Leistungserweiterung „Datenschutz- & Cyber-Eigenschaden-Deckung“ schützt eine Kanzlei vor den unkalkulierbaren Risiken eines Hackerangriffs, DoS-Attacken oder sonstiger Internet-Kriminalität (CyberCrime).

Weiterführende Informationen:

© Sarah-Yasmin Fließ – exali AG