Milliardenschaden im Abgasskandal: Müssen VW-Manager jetzt tief in die eigene Tasche greifen?

Stichwort „Abgasskandal“ – ein Anwärter für das Unwort des Jahres? Die Schlagzeilen sind voll davon, die Schummel-Aktion des größten Autokonzerns ist in aller Munde. Tolles Image ade: Volkswagen (VW) steckt in der wohl größten Krise seiner Zeit! Seit nun drei Wochen zieht jeder Tag noch weitere Skandal-Kreise. Mittlerweile stehen 6,5 Milliarden Euro Rückstellungen und 16,1 Milliarden Euro Bußgeld im Raum. Wer muss eigentlich dafür gerade stehen: Manager-Haftpflicht oder Verantwortliche?

Ein erschrecktes Raunen geht heute durch die exali.de Info-Base, denn uns als Versicherungsmakler schwant Böses: Auch eine D&O-Versicherung ist bei diesen Schadenhöhen wohl eher machtlos, oder?

Eiszeit bei VW: So kam der Skandal ans Tageslicht

War bis vor drei Wochen noch eitel Sonnenschein im größten Autokonzern der Welt, hagelt es inzwischen beinahe täglich böse Schlagzeilen. Der Ton verschärft sich vehement! Sogar von tödlichen Konsequenzen durch die vielleicht mutwillige Abgastrickserei ist schon die Rede. Die Folgen sind spektakulär und nehmen finanziell ungeahnte Ausmaße an.

Dabei hat eigentlich alles ganz harmlos durch einen Zufall begonnen. Wie DIE WELT berichtet, gaben die Automanager Peter Moch und John German schon vor längerem eine Studie in Auftrag, deren Ziel es war, die Autobauer in Europa zu animieren, ebenso wie in den USA, wo die Abgasvorschriften deutlich strenger sind, sauberere Fahrzeuge anzubieten. Was durch die Tests aber ans Licht kam, war für alle ein unheimlicher Schock, mit dem VW schon im Mai 2014 konfrontiert wurde – vor mehr als einem Jahr! Auch die US-Umweltschutzbehörde Epa wurde informiert und schlug nun Mitte September öffentlich Alarm: Durch illegale Softwaremanipulationen der elektronischen Steuerung von Diesel-Motoren war es dem Konzern gelungen, jahrelang die Abgasvorschriften zu umgehen.

Noch immer wird im Skandalnebel getappt...

Erst jetzt als die Kuh definitiv nicht mehr vom eingeleiteten Ermittlungs-Eis zu holen ist, gibt VW die Manipulationen zu. Rund elf Millionen Motoren wurden mit einer solchen Software ausgestattet – ein Rücktrittsgerücht jagt das nächste, Köpfe rollen. Sogar Ex-VW-Chef Martin Winterkorn tritt zurück, beteuert in einem offiziellen Statement aber, sich keines Fehlverhaltens bewusst zu sein. Jetzt liegt es am neuen Vorstandsvorsitzenden und bisherigen Porsche-Chef Matthias Müller, das Beste aus der Lage zu machen – keine beneidenswerte Aufgabe. Denn noch immer sind die ganzen Ausmaße und Konsequenzen des Abgasskandals nicht absehbar. Viele Details sind noch gar nicht bekannt.

Die D&O-Versicherung – rettender Pfeiler in der Brandung?

Deshalb läuft die strafrechtliche Verfolgung jetzt auf Hochtouren. Ansprüche werden laut Angaben der Braunschweiger Staatsanwaltschaft nicht explizit gegen Winterkorn geprüft, sondern gegen weitere VW-Verantwortliche, die derzeit durch aktive interne Befragungen ermittelt werden. Eine Verurteilung ist alles andere als undenkbar. Schätzungen der Schadenhöhe belaufen sich derzeit auf 6,5 Milliarden Euro Rückstellungen und 16,1 Milliarden Euro Bußgeld.

Ordentliche Summen, die erstmal gedeckt werden müssen. Zwar ist bekannt, dass der VW-Konzern eine Directors-and-Officers-Versicherung (kurz D&O-Versicherung), auch Manager-Haftpflicht genannt, für seine Manager abgeschlossen hat, doch mit der Angabe der Höhe hält sich VW gekonnt zurück. Selbst wenn die 500 Millionen Euro Deckungssumme bei einem Konsortium von Versicherern unter Führung der Zurich Versicherung, über die die Süddeutsche Zeitung munkelt, zuträfe, wäre das nur ein Bruchteil des kompletten Schadens; auf dem Großteil wird VW wohl sitzen bleiben ... sofern die Ansprüche gerechtfertigt sind.

Greift hier der „Passive Rechtsschutz“?

Denn erstmal wird jetzt vermutlich über den sogenannten „Passiven Rechtsschutz“, der auch Grundbaustein der exali.de Firmen D&O-Versicherung (Manager-Haftpflicht-Versicherung) für Entscheidungsträger von Unternehmen, Vereinen und Institutionen ist, geprüft, ob die Verantwortlichen für diese Pflichtverletzung in Haftung genommen werden können. Zwar greift eine D&O-Haftpflicht tatsächlich bei Fehlern und Versäumnissen in der Chefetage. Bei wissentlich verursachten Verstößen (vorsätzliche Pflichtverletzungen) hört der Versicherungsschutz allerdings auf, sobald rechtskräftig feststeht, dass Vorsatz vorliegt. Und dieser Vorwurf steht hier leider eindeutig im Raum, zumal sich mittlerweile sogar mehrere VW-Ingenieure bei Befragungen zu einem Geständnis in der Abgas-Affäre durchgerungen haben sollen!

Hinweis: Wie in den meisten Versicherungssparten ist auch in der D&O-Versicherung der direkte Vorsatz – in diesem Fall vorsätzliche Pflichtverletzung als Manager – ausgeschlossen. Der bedingte Vorsatz (so genannter dolus eventualis) wird jedoch von guten D&O-Versicherern gedeckt. Casus knacksus in der Abgasaffäre wird sein, wie weit das vorsätzliche Handeln der VW-Ingenieure und Manager tatsächlich ging. Unabhängig davon muss jedoch die D&O-Versicherung erstmal die Verteidigungskosten für die Verantwortlichen übernehmen.

Der aktive D&O-Versicherungspart: Wer muss jetzt blechen?

Deshalb ist es nicht unwahrscheinlich, dass es zu Regressansprüchen gegen die VW-Verantwortlichen kommen wird – der aktive Part der D&O-Versicherung. Sie sichert sowohl die Firmen-Verantwortlichen als auch den Konzern selbst ab: Muss VW die Schadenstrafe zahlen, kann der Konzern im Innenverhältnis die Verantwortlichen in Haftung nehmen und sich über die Firmen D&O vor Regressansprüchen schützen. Allerdings nur in der Höhe der vereinbarten Versicherungssumme/Deckungssumme, die im Fall des VW-Schummel-Skandals genau das Problem ist, zumal aus dem “Versicherungssummen-Pott“ auch die Kosten für die Anwälte der Manager, für die VW Regress angemeldet hat, geschöpft werden.

Insofern werden die Versicherer keineswegs den Schaden in kompletter Höhe der vereinbarten Versicherungssumme tragen, die ohnehin nur das Tröpfchen auf dem heißen Skandalstein ist. Jetzt müssen wohl tatsächlich die VW-Manager in ihre Gehaltstaschen greifen: Gemäß § 93 Abs. 2 Satz 3 AktG, der nach der Finanzkrise neu eingeführt wurde, müssen sie zehn Prozent des Schadens begleichen, aber nicht mehr als das Eineinhalbfache des jährlichen Fixgehaltes.

Hinweis: Diese Selbstbeteiligung kann jedoch durch eine sogenannte persönliche D&O (auch Selbstbehaltsdeckung genannt) privat versichert werden. Sicherlich hat dies der ein oder andere Verantwortliche im VW-Konzern auch getan. Dennoch wird der VW-Konzern bei diesen astronomischen Summen vermutlich einen Großteil des Schadens nicht erstattet bekommen!

Weiterführende Informationen:

© Nicole Seibert – exali AG