Was kann bei Neugründungen schiefgehen?
Gründerinnen und Gründer starten mit jeder Menge Engagement in Ihre unternehmerische Laufbahn. Trotzdem scheitert die Hälfte von ihnen innerhalb der ersten fünf Jahre. An welchen Stolpersteinen das liegt und wie Sie die umgehen können, erklärt Gründungs- und Unternehmensberater Dr. Stefan Borchert im Gastbeitrag.
Wie bekommen Startups Zugang zum Markt?
Ist der Markt bereit für mein Angebot? Wer ein eigenes Unternehmen gründen möchte, muss sich diese Frage stellen. Denn nicht (nur) die eigenen Fähigkeiten definieren das Produkt oder die Dienstleistung. Entscheidend sind die Bedürfnisse und Anforderungen der Zielgruppe.
Eine Geschäftsidee kann auf dem Papier überzeugen und in der Praxis komplett durchfallen. Laut CBInsights sind 42 Prozent der gescheiterten amerikanischen Start-ups daran zerbrochen, dass der Markt keinen Bedarf am Produkt hatte. Deshalb müssen Gründerinnen und Gründer umfangreiche Ressourcen und Energie in das Produkt sowie die Marktrecherche stecken.
Testläufe sind wichtig, im die Marktreife Ihrer Business-Idee sicherzustellen. Im Artikel Geschäftsidee testen: Deshalb ist ein Probelauf so wichtig lesen Sie, wie Sie dieses Vorhaben angehen.
Erst wenn klar ist, wer potenzielle Käuferinnen oder Käufer sind und ob ein Bedarf besteht, sollten Start-ups ein Vermarktungskonzept entwickeln, das die Zielgruppe erreicht. Häufig unterschätzen junge Unternehmen die Dauer von der Gründung bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie verlässlich ausreichenden Umsatz erzielen.
Diese Anlaufphase ist erst vorbei, wenn Gewinn übrigbleibt– nachdem sämtliche Kosten, Zinsen und Steuern bezahlt wurden. In vielen Branchen dauert das mehrere Monate (zum Beispiel im Einzelhandel) oder gar Jahre (etwa bei neuentwickelten ingenieurwissenschaftlichen Technologien).
So benötigt jedes junge Unternehmen Zeit und Strategien, um sich langfristigen Erfolg zu erarbeiten. Nicht durch kurzfristige „schöne“ Marketingkonzepte, sondern durch harte eigene Akquise-Tätigkeiten. Der „Vertriebstrichter“ als Mix aus Online- und Offline-Maßnahmen kann zu Beginn gar nicht zu viel befüllt werden.
Nur so kommt an dessen unterer Öffnung zunächst „tropfenweise“ und allmählich mehr und mehr ein Strom an Aufträgen heraus. Durch die Auswertung von Aufträgen und der Zufriedenheit der Kundschaft lässt sich nach und nach ein Kundenstamm aufbauen. Besonders in den ersten Jahren können so Folgeaufträge leichter generiert werden als durch aufwendige, aber ebenfalls notwendige Neukundenakquisitionen.
Wie bleibt Ihr Unternehmen liquide?
Rund 68 Prozent der von der DtA/KfW befragten jungen Unternehmen gingen wegen Finanzierungsmängeln in die Insolvenz. Bei amerikanischen Startups waren zu 37 Prozent Probleme mit mangelnder Liquidität und fehlenden Finanzierungsmöglichkeiten Ursache für die Aufgabe des Unternehmens.
Gerade bei den juristischen Personen wie einer GmbH schreibt das Gesetz das „Game over“ vor, wenn Zahlungsunfähigkeit eingetreten oder absehbar ist. Dagegen helfen nur eine sorgsame und regelmäßige Liquiditätsplanung sowie die frühzeitige Erschließung weiterer finanzieller Mittel.
Dabei ist wichtig, dass der Umsatz wächst und damit die Zielgruppe Ihr Angebot immer mehr annimmt. Um zahlungsfähig zu bleiben, sollten Sie folgende Maßnahmen beachten:
- Schnelle Rechnungslegung
- Nachkalkulatio
- Nutzung von Förderfinanzierungen
- Rechtzeitige Kommunikation mit Finanziers
Welche Stolpersteine gibt es in der Nachgründungsphase?
Bei rund 30 Prozent beziehungsweise 61 Prozent der jungen Unternehmen aller Branchen trugen laut DtA/KfW Planungsmängel und Informationsdefizite zur Insolvenz bei. Damit sind nicht nur finanzielle Probleme ein großer Businesskiller. „Nebenkriegsschauplätze“ wie formelle Anforderungen und Gesetze bringen ebenfalls viele neu gestartete Unternehmen ins Straucheln.
Start-ups unterschätzen häufig gesetzliche Vorgaben zur Buchführung und den steuerlichen Pflichten sowie enge Fristen, insbesondere für die Lohnsteuer- und Sozialversicherungsabgaben für Mitarbeitende. Dabei können Finanzamt und Sozialkassen bei Zahlungsverzögerungen viel schneller als andere Gläubigerinnen und Gläubiger auf die Bankkonten eines Unternehmens zugreifen und dadurch finanzielle Instabilität bringen.
Wer dem Finanzamt nicht glaubhaft vermitteln kann, dass innerhalb der ersten fünf Geschäftsjahre nachvollziehbar eine Gewinnerzielung(-absicht) besteht, riskiert nicht nur, dass Betriebsausgaben nicht akzeptiert werden, sondern auch, dass die geschäftliche Betätigung als Ganzes nicht anerkannt wird.
Auch „Kleinigkeiten“ wie eine Privat- und/oder Kfz-Haftpflichtversicherung, die nicht ausreichend schützt und berufliche Haftungsrisiken nicht miteinschließt, können besonders für die Geschäftsführung juristischer Personen im Schadenfall das Ende der beruflichen Existenz bedeuten.
Solche formellen Gefahren lassen sich nie ganz ausschließen, jedoch durch eine Geschäfts- und Notfallplanung auf Basis eines Controllings sowie mit Hilfe kompetenter Steuer- und Unternehmensberater verringern. Für die begleitende betriebswirtschaftliche Beratung gibt es sogar Fördermöglichkeiten, die insbesondere junge Unternehmen nutzen sollten.

Dr. Stefan Borchert berät als freiberuflicher Unternehmensberater seit 2004 Gründerinnen, Gründer sowie kleine und mittelständische Unternehmen – persönlich, unabhängig, pragmatisch und lösungsorientiert. Seine Kundschaft sind Freelancer sowie Unternehmen aus Handel, Dienstleistung und Handwerk.
Sie konsultieren ihn mit ihren Fragen zur Gründung, Strategie, Organisation, Finanzierung und Wachstum. Der gelernte Großhandels- und Diplom-Kaufmann ist akkreditiert bei den wesentlichen Förderprogrammen der Bundes- und Landesministerien sowie bei KfW-, NRW-Bank, BAFA und autorisierter Prozessberater der Offensive Mittelstand/INQA.



