Was ändert sich durch das Bürokratieentlastungsgesetz für Selbständige?
Das neue Bürokratieentlastungsgesetz soll Selbständige spürbar von Verwaltungsaufwand entlasten. Dafür treten Schritt für Schritt konkrete Maßnahmen in Kraft – von kürzeren Aufbewahrungsfristen bis hin zu digitalen Steuerbescheiden. Hier erfahren Sie, welche Änderungen final beschlossen sind und was sie für Ihren Arbeitsalltag bedeuten.
Artikelübersicht:
Wie ändern sich die Aufbewahrungsfristen?
Welche Regeln gelten für digitale Rechtsgeschäfte?
Welche Besonderheiten gelten bei digitalen Arbeitsverträgen?
Was gilt für digitale Aushangpflichten im Unternehmen?
Wie wirkt sich das Gesetz auf die Umsatzsteuervoranmeldung aus?
Was ändert sich bei Steuerbescheiden?
Wie ändern sich die Aufbewahrungsfristen?
Die Aufbewahrungsfrist von bestimmten Unterlagen wurde von zehn auf acht Jahre herabgesetzt. Das gilt, wenn die ursprüngliche Frist von zehn Jahren zum Inkrafttreten des Gesetzes noch nicht abgelaufen ist. Zu den betroffenen Unterlagen zählen unter anderem:
- Empfangene Rechnungen und Rechnungskopien
- Steuer-, Gebühren- und Beitragsbescheide
- Lieferscheine
- Vertragsunterlagen
- Zahlungsnachweise und Quittungen
Die Frist beginnt jeweils mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem der letzte Eintrag zu diesem Beleg erfolgt ist.
Welche Regeln gelten für digitale Rechtsgeschäfte?
Viele geschäftliche Vorgänge können durch das Bürokratieentlastungsgesetz einfacher digital abgeschlossen werden. In zahlreichen Fällen reicht künftig die Textform wie E-Mail, PDF, SMS oder eine Nachricht über gängige Messenger. Eine handschriftliche Unterschrift ist nicht mehr zwingend erforderlich.
Für Selbständige bedeutet das:
- Verträge und Vereinbarungen können schneller abgeschlossen werden.
- Behördliche Schreiben dürfen verstärkt digital versendet werden.
- Der Postweg entfällt in vielen Fällen vollständig.
Wichtig: Bestimmte Rechtsgeschäfte erfordern weiterhin die Schriftform. Dazu zählen vor allem Fälle, in denen gesetzlich eine handschriftliche Unterschrift vorgeschrieben ist. Das gilt etwa bei befristeten Arbeitsverträgen oder einzelnen Formvorschriften des Nachweisgesetzes.
Welche Besonderheiten gelten bei digitalen Arbeitsverträgen?
Das Bürokratieentlastungsgesetz erleichtert den Umgang mit Arbeitsverträgen deutlich: Bei der Erfüllung von Nachweispflichten reicht dann in vielen Fällen die Textform. Das bedeutet, Arbeitsverträge können digital übermittelt werden, zum Beispiel per PDF, E-Mail oder über ein Mitarbeiterportal. Beschäftigte müssen die Dokumente speichern und ausdrucken können, und der Arbeitgeber sollte eine Empfangsbestätigung einholen.
Auch Projektverträge sind eine wichtige Grundlage, um eine Zusammenarbeit umfassend zu regeln. Hier verraten wir, worauf es dabei ankommt: Checkliste Projektvertrag: Die wichtigsten Inhalte und Infos.
Das umfasst jedoch nicht alle Arbeitsverträge. Für befristete Verträge bleibt die Schriftform Pflicht (Paragraf 14 Absatz 4 TzBfG). Diese müssen weiterhin handschriftlich unterschrieben werden. Zusätzlich möglich ist künftig die Übermittlung digitaler einfacher Arbeitszeugnisse, solange Mitarbeitende dem zustimmen. Zusätzlich müssen Sie einfach darauf zugreifen und sie problemlos ausdrucken können.
Was gilt für digitale Aushangpflichten im Unternehmen?
Viele gesetzlich vorgeschriebene Informationen mussten bisher gut sichtbar im Betrieb ausgehängt werden. Das Bürokratieentlastungsgesetz erlaubt, diese Aushangpflichten digital zu erfüllen. Arbeitgeber können die notwendigen Dokumente beispielsweise über ein Intranet, ein Mitarbeiterportal oder einen sicheren Cloud-Speicher bereitstellen. Damit entfallen gedruckte Aushänge und der Aufwand für regelmäßige Aktualisierungen in jeder Betriebsstätte.
Damit die digitale Form gilt, müssen Beschäftigte jederzeit einfachen Zugang zu den Informationen haben – auch im Homeoffice oder bei mobiler Arbeit. Ein reines Intranet ohne externen Zugriff reicht deshalb nicht aus.
Wie wirkt sich das Gesetz auf die Umsatzsteuervoranmeldung aus?
Das Bürokratieentlastungsgesetz bringt auch bei der Umsatzsteuervoranmeldung eine Erleichterung: Die Grenze, ab der monatliche Voranmeldungen abgegeben werden müssen, steigt von 7.500 Euro auf 9.000 Euro Umsatzsteuerzahllast des Vorjahres.
Liegt die Zahllast darunter, genügt weiterhin die vierteljährliche Abgabe der Voranmeldung. Das reduziert für viele Selbständige den administrativen Aufwand und schafft mehr zeitliche Flexibilität. Diese Änderung gilt nicht rückwirkend für 2024. Die neue Grenze greift ausschließlich ab dem Jahr 2025.
Was ändert sich bei Steuerbescheiden?
Ab dem 01.01.2026 stellt die Finanzverwaltung Steuerbescheide grundsätzlich digital bereit. Die bisher notwendige Zustimmung zur elektronischen Zustellung entfällt. Stattdessen gilt eine Widerspruchslösung: Wer seinen Bescheid weiterhin in Papierform erhalten möchte, muss der digitalen Bekanntgabe aktiv widersprechen.
Die digitale Bereitstellung erfolgt über das ELSTER-Nutzerkonto. Erfolgt die Betreuung durch eine Steuerberatung, wird der Bescheid zusätzlich an diesen Bevollmächtigten übermittelt. In der Vollmachtsdatenbank werden diese Vollmachten verwaltet.
Vier Tage nach elektronischer Bereitstellung gilt der Bescheid als bekanntgegeben. Ab diesem Zeitpunkt beginnt die Einspruchsfrist. Auch ohne Abruf gilt der Bescheid nach vier Tagen als bekanntgegeben. Nur wenn die Benachrichtigung nachweislich nicht zuging und kein Abruf erfolgte, muss die Finanzbehörde die Bekanntgabe wiederholen.
Sie benötigen ein ELSTER-Konto oder einen Zugang über die Vollmachtsdatenbank Ihrer Steuerberatung. Wichtig sind aktuelle Kontaktinformationen und interne Prozesse, um Fristen und Abrufe zuverlässig zu überwachen.
Welche Änderungen kommen später?
Einige Neuerungen treten nicht sofort, sondern erst in den kommenden Jahren in Kraft. Dazu gehört vor allem die geplante Vollmachtsdatenbank für Arbeitgeber, die ab dem 01.01.2028 genutzt werden kann.
Damit entfällt die bisher notwendige Ausstellung einzelner schriftlicher Vollmachten für verschiedene Sozialversicherungsträger. Stattdessen reicht künftig eine zentrale elektronische Generalvollmacht, die in der Datenbank hinterlegt wird und von allen relevanten Stellen abgerufen werden kann. Das reduziert den Verwaltungsaufwand insbesondere für Unternehmen mit mehreren Beschäftigten oder häufig wechselnden Vollmachten.
Welche Entlastung bringt das Gesetz wirklich?
Das Bürokratieentlastungsgesetz bringt Vereinfachungen durch digitale Prozesse, kürzere Aufbewahrungsfristen und die elektronische Bereitstellung von Steuerbescheiden. Viele Abläufe werden schneller, transparenter und weniger papierlastig.
Dennoch bleibt ein Teil der Entlastung abhängig von gut organisierten internen Prozessen, etwa beim Fristenmanagement oder der digitalen Dokumentenablage. Insgesamt bietet das Gesetz einen klaren Schritt hin zu moderneren Verwaltungsstrukturen und weniger Aufwand im Geschäftsalltag.
Vivien Gebhardt ist Onlineredakteurin bei exali. Hier erstellt sie Content zu Themen, die Selbständigen, Freiberuflern und Unternehmern unter den Nägeln brennen. Ihre Spezialgebiete sind Risiken im E-Commerce, Rechtsthemen und Schadenfälle, die bei exali versicherten Freelancern passiert sind.



