Checkliste Projektvertrag: Die wichtigsten Inhalte und Infos
Wenn Sie als Selbständige:r für Unternehmen arbeiten, ist es wichtig, diese Zusammenarbeit umfassend im Vorfeld zu regeln. Gerade bei größeren Projekten bietet sich dafür ein Projektvertrag an. Damit können Sie sich im Zweifel auf Ihre Rechte berufen und haben für den Fall einer Auseinandersetzung etwas in der Hand, um Ihre Ansprüche geltend zu machen. Welche Punkte so ein Projektvertrag beinhalten sollte und was es bezügliche der Haftung zu beachten gibt, haben wir in diesem Artikel für Sie aufbereitet.
Projektvertrag für Selbständige – Sicherheit für beide Seiten
Jede Zusammenarbeit bringt Rechte und Pflichten mit sich. Gerade als Selbständige:r oder Freelancer:in sind Sie im Rahmen Ihrer Laufbahn mit hoher Wahrscheinlichkeit für verschiedene Unternehmen tätig – für einen reibungslosen Ablauf kommt es darauf an, diese gemeinsamen Projekte detailliert zu regeln. Gerade bei umfangreichen Vorhaben ist hier ein Projektvertrag das richtige Instrument. Mit diesem halten beide Seiten schwarz auf weiß ihre Rechte und Pflichten fest und wissen auch dann noch genau, was zu tun ist, wenn etwas Unerwartetes passiert.
Arbeiten Sie zum Beispiel als Freelancer:in für ein Unternehmen, kommen die Vertragsarten Dienst- oder Werkvertrag in Frage. Beim Dienstvertrag dreht sich alles um die Erbringung einer Dienstleistung, etwa wenn Sie Ihre Kundin oder Ihren Kunden in einer neuen Projektmanagementmethode coachen. Beim Werkvertrag dagegen geht es um ein ganz konkretes Ziel – Sie schulden als Selbständige:r oder Freelancer:in ein “(Ge)Werk“, also ein konkretes Endprodukt, zum Beispiel, wenn Sie in Ihrer Funktion als Programmierer:in eine komplette App mit einem bestimmten Funktionsumfang entwickeln sollen. Mehr zu den verschiedenen Vertragsarten und ihren Besonderheiten lesen Sie im Artikel Vertragsarten: Werkvertrag oder Dienstvertrag, wo liegt der Unterschied?
Projektvertrag – der Inhalt
Doch was gehört nun eigentlich in den Projektvertrag? Sicher hat jede Zusammenarbeit ihre Eigenheiten und kein Projekt ist wie das andere. Dennoch sollten Sie bestimmte Punkte beim Abschluss eines Projektvertrags berücksichtigen. Dazu gehören unter Anderem:
- Projektumfang
Worum genau geht es bei dem Projekt? Welche Leistung soll erbracht werden? Wird ein Werk oder eine Dienstleistung geschuldet? Was haben die/der Auftraggeber:in oder andere Dritte für das Projekt zur Verfügung zu stellen (Daten, Schnittstellen etc.). Ist das Projekt zeitlich begrenzt? - Budget für das Projekt
Wie viele Stunden arbeiten Sie voraussichtlich in Ihrer selbständigen Tätigkeit für das Unternehmen beziehungsweise welches Budget stellt die/der Auftraggeber:in zur Verfügung. - Vergütung
Wie hoch ist ihr Honorar/Werklohn? Werden Sie per Stunden- oder Tagessatz vergütet, beziehungsweise welche Abschlagszahlungen werden bei welchem Projektstand fällig (bei Werkverträgen)? Können Sie gegebenenfalls Spesen abrechnen? - Deadlines
Wann ist Projektstart und -ende? Welche Meilensteine gibt es? Was passiert, wenn eine Deadline nicht gehalten werden kann? - Bedingungen für die Kündigung des Vertrags
Im Vertrag sollte eindeutig geregelt sein, welche ordentlichen Kündigungsfristen es gibt und welche besonders schweren Gründe zu einer außerordentlichen Kündigung führen können. Ohne diese Regelungen greift der gesetzliche Kündigungsrahmen nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (Rubrik Schuldrecht), kurz BGB. Das BGB sieht bei Werkverträgen im „Worst Case“ zum Beispiel auch den Rücktritt vom Projekt vor. - Arbeitsmittel
Sind zur Erfüllung des Auftrags bestimmte Arbeitsmittel nötig? Werden diese vom Unternehmen gestellt? - Nutzungs- und Urheberrechte
Im Rahmen eines Projekts entstehen neue Produkte und Kreationen. Wer hält die Rechte an diesen Ergebnissen? Gibt es ein exklusives oder einfaches Nutzungsrecht an den Ergebnissen? - Geheimhaltung/ Datenschutz
Erhalten Sie Einblicke in Betriebsinterna und persönliche Daten sind Geheimhaltungsvereinbarungen (auch non-disclosure agreement, kurz NDA genannt) und Datenschutzvereinbarungen inklusive Vertragsstrafen als Sanktionsinstrument üblich. So oder so sind Sie aber dazu verpflichtet, erhaltene Informationen unter Verschluss zu halten und nicht preiszugeben, sowie die Datenschutzgesetze einzuhalten. - Haftungsrisiken
Welche Vertragspartei trägt welches Risiko und wird wie in die Pflicht genommen?
Wenn sie diese Punkte vorab klären, sorgen Sie für eine rechtlich sichere Position beider Parteien und verringern so die Wahrscheinlichkeit, dass Unstimmigkeiten vor Gericht geklärt werden müssen.
Jedes Projekt hat auch einmal ein (hoffentlich gutes) Ende. Wie Sie aus diesem Zeitpunkt das Beste für Ihr Business herausholen, verrät Ihnen unser Artikel Projektende für neue Aufträge nutzen: So werden aus einmaligen Auftraggebern Stammkunden.
Projektvertrag und Haftung
Wenig treibt sowohl Unternehmen als auch Freelancer:innen so sehr die Sorgenfalten auf die Stirn wie die Frage nach möglichen Risiken der Zusammenarbeit und (noch wichtiger) wer für Risiken am Ende verantwortlich, sprich haftbar ist. Daher widmen wir dem Thema Haftung in diesem Artikel einen separaten Abschnitt.
Zuerst einmal gilt: Haftungsbeschränkungen und -ausschlüsse sind ein üblicher Bestandteil von Projektverträgen und kein Grund zur Panik. Denn bloß, weil Ihr:e Auftraggeber:in eine solche Klausel im Vertrag platziert, bedeutet das noch längst nicht zwingend, dass diese zulässig ist und sämtliche Schadenersatzansprüche Ihrer Kundin oder Ihres Kunden gerechtfertigt sind. Zum besseren Verständnis folgen hier erst einmal ein paar Definitionen:
- Haftungsbegrenzung
Eine Haftungsbegrenzung schränkt den Umfang der Haftung ein. Hier werden die Grenzen der Haftung genau definiert. Das kann prinzipiell von Vorteil sein, wenn dadurch die sehr umfangreiche und meist nicht limitierte gesetzliche Haftung nach BGB im individuellen Vertrag reduziert wird. Jedoch steckt hier die Tücke im Detail. Vereinfacht gesprochen kann die Haftung nicht einfach pauschal ausgeschlossen, sondern nur begrenzt werden. Dies betrifft insbesondere Haftungsbeschränkungen in den AGB (Allgemeinen Geschäftsbedingungen). Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch der Hinweis, dass ein Projektvertrag, der häufiger als einmal zum Einsatz kommt, juristisch bereits als AGB und eben nicht mehr als Individualvertrag bewertet wird. Die Haftungsbeschränkungen in den AGB unterliegen dabei strengen Normen. Sofern eine Klausel zur Haftungsbeschränkung im Projektvertrag dabei gegen geltendes Recht verstößt, ist damit jedoch die gesamte Regelung unwirksam und es gelten automatisch die umfangreichen und in der Regel unlimitierten Haftungsregelungen des BGB. - Ausschluss
Durch einen Haftungsausschluss kann die Verantwortlichkeit für Teilbereiche komplett abgewiesen werden. Diese rechtssicher zu formulieren ist allerdings sehr schwierig und oft gar nicht möglich. - 1. Vorsatz
Vorsätzlich handelt, wer willentlich und wissentlich rechtswidrig handelt. Dafür kann jede Vertragspartei haftbar gemacht werden. Haftungsbeschränkungen sind in diesem Fall unzulässig. - 2. Grobe Fahrlässigkeit
Wer die im (Geschäfts-)Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt, die/der handelt grob fahrlässig. Das ist etwa der Fall, wenn Sie die IT eines Unternehmens betreuen, aus Bequemlichkeit keine Antivirus-Software installieren und das Unternehmen dann Opfer einer Cyberattacke wird. Dieser Schaden wäre durch die simple Installation der passenden Software zu verhindern gewesen. Daher gelten hier dieselben Maßstäbe wie beim Vorsatz: Während beide Parteien auch bei grober Fahrlässigkeit haftbar sind, sind Beschränkungen der Haftung in den AGB hier nicht statthaft. - 3. Leichte Fahrlässigkeit
Leicht fahrlässig handeln Sie dann, wenn Sie einen Schaden nach objektiven Maßstäben hätten vorhersehen oder vermeiden können. Selbstverständlich besteht auch hier die Möglichkeit, die jeweils andere Vertragspartei in Haftung zu nehmen. Diese Haftung darf bei wesentlichen Vertragspflichten und für vertragstypisch vorhersehbare Schäden nicht in den AGB beschränkt werden. Beschränkungen, die die unangemessene Benachteiligung einer Vertragspartei nach sich ziehen, sind ebenfalls nicht gestattet.
Ein klassischer wie potenziell existenzbedrohender Fauxpas ist zum Beispiel die Markenrechtsverletzung. Rechtsanwalt Niklas Plutte spricht im Interview darüber, wie Sie so ein Missgeschick vermeiden.
Der Gesetzgeber stellt hohe Anforderungen an Haftungsbeschränkungen. Daher gilt die grundsätzliche Empfehlung, überzogene Leistungszusagen unbedingt zu vermeiden und die gesetzlichen Anforderungen genau zu beachten. Hier einige Praxistipps:
- Achten Sie darauf, bei der Haftungshöchstsumme als Relation stets den branchentypischen Durchschnittsschaden heranzuziehen.
- Bestehen Sie auf Transparenz: Juristische Begrifflichkeiten wie „Kardinalspflicht“ (die wesentlichen Vertragspflichten, deren Einhaltung eine ordnungsgemäße Vertragsführung erst ermöglicht) müssen klar erläutert sein. In unserem Beispiel könnte eine Erklärung der Kardinalspflichten so aussehen: „Wesentliche Vertragspflichten sind solche, deren Erfüllung den Vertrag prägt und auf die der Kunde vertrauen darf.“
- Ein Ausnahmenkatalog legt ideal fest, welche Punkte von der Haftung beziehungsweise Haftungsbeschränkungen ausgeschlossen sind. Letzteres gilt unter anderem für vorsätzliche oder grob fahrlässige Pflichtverletzung, die Verletzung wesentlicher Vertragspflichten oder bei Verzug im Falle der Vereinbarung eines fixen Liefertermins.
Deckungssummen/Versicherungssummen in Projektverträgen
Viele Unternehmen fordern von „ihren“ Freelancer:innen eine Berufshaftpflichtversicherung, um im Fall beruflicher Versehen und Fehler nicht auf einem Schaden sitzen zu bleiben. Dafür werden im Projektvertrag bestimmte Deckungssummen, man spricht hier auch von Versicherungssummen, festgelegt. Die Deckungssumme beschreibt den maximalen Betrag, den eine Versicherung im Schadenfall erstattet. Überschreitet ein Schaden die festgelegte Deckungssumme, muss die/der Versicherungsnehmer:in die Differenz selbst begleichen. Doch was heißt das für Ihren Projektvertrag?
- Begrenzen Sie Verstöße gegen Kardinalpflichten auf die Höhe typisch vorhersehbarer Schäden.
- Vereinbaren Sie mit der/dem Auftraggeber:in eine Deckungssumme die sich an der Höhe typisch vorhersehbarer Schäden orientiert. Beachten Sie dabei, dass bei digitalen Projekten die häufigste Schadenursache der Vermögensschaden ist und tragen Sie diesem Umstand bei der Auswahl der Versicherungssumme Rechnung. Üblich sind zum Beispiel Versicherungssummen für Vermögensschäden von 1 Millionen Euro je Schadenfall und 2 Millionen Euro für alle Schadenfälle eines Jahres (die zweite Summe ist die sogenannte Maximierung).
- Klären Sie mit der/dem Auftraggeber:in ab, dass Personenschäden vielfach eine untergeordnete Rolle spielen und Sie daher keine hohe vertragliche Personen-Haftung übernehmen möchten (außer natürlich, das Projekt begründet ein besonderes Risiko im Personenschadenbereich).
- Vermeiden Sie unnötig hohe Versicherungssummen. Teilweise werden von Auftraggeber:innen selbst für Freiberufler:innen sehr hohe Vermögensschadensummen (3 Millionen Euro und mehr) gefordert. Erklären Sie der/dem Aufraggeber:in, dass Versicherungssummen für Vermögensschäden über 3.000.000 Euro für eine:n Freiberufler:in oder kleinere:n Dienstleister:in nicht ohne Weiteres, und vor allem zu vertretbaren Beiträgen, von Versicherern zu bekommen sind. Wenn Ihr:e Auftraggeber:innen unnötig hohe Haftungssummen fordern, sollte Sie das in Ihre Vergütung einberechnen.
- Argumentieren Sie, dass ein Vertrag, der für Sie als Auftragnehmer:in (zu einem angemessenem Beitrag) “versicherbare” Deckungssummen fordert, auch für die/den Auftraggeber:in von Vorteil ist. Immerhin steht dann ein Versicherer im Hintergrund, der auch größere Schäden kurzfristig bezahlen kann. Denn was helfen der/dem Auftraggeber:in hohe “theoretische” Haftungsansprüche im Vertrag, wenn sie/er diese in einem wirklichen Haftungsfall mangels finanzieller Mittel bei der Verursacherin oder beim Verursacher gar nicht durchsetzen kann?
- Halten Sie Rücksprache mit Ihrem Versicherer, ob er die geforderten Deckungssummen anbieten beziehungsweise kurzfristig anpassen kann, zum Beispiel im Rahmen einer zeitlich begrenzten Projektdeckung.
- Ziehen Sie bei Bedarf eine Anwältin oder einen Anwalt für Vertragsrecht hinzu, um strittige Fragen mit der/dem Auftraggeber:in zu verhandeln.
Projektvertrag: Viel Aufwand, wenig Resultate?
Tatsächlich ist die Schriftform für Projektverträge in Deutschland nicht zwingend erforderlich – sie lassen sich auch mündlich oder formlos per E-Mail abschließen. Für alle Punkte, die Sie und Ihre Kundin beziehungsweise Ihr Kunde nicht individuell regeln, greifen die Standardvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Diese sind auch ein guter Leitfaden, um sicherzugehen, dass Sie durch bestimmte Klauseln nicht benachteiligt werden. §611 bis §630 beinhalten hierbei die Vorschriften zum Dienstvertrag, während §631 bis §651 die Vorgaben zum Werkvertrag regeln.
Die Beachtung aller genannten Punkte zum Projektvertrag erscheint gemessen an manchen Aufträgen erst einmal unverhältnismäßig. Doch selbst bei kleineren Projekten sollten Sie zumindest die wesentlichen Eckpunkte schriftlich festhalten, um sich rechtlich eine sichere Position zu verschaffen. Doch spätestens bei größeren Projekten und Risiken sollten Sie auf einen umfassenden Projektvertrag bestehen. Das kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn Sie für ein Unternehmen einen Onlineshop programmieren. Hier kann ein berufliches Versehen für hohe Schäden bei Ihrer/Ihrem Auftraggeber:in sorgen.
Bei großen und kleinen Projekten bestens abgesichert
Um gegen unkalkulierbare Schadenersatzforderungen in Projekten gewappnet zu sein, empfiehlt sich neben einem gut ausgearbeiteten Projektvertrag der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung. Die Berufshaftpflichtversicherungen über exali vereinen im Basis-Schutz die Versicherungskomponenten der Vermögensschadenhaftpflicht sowie der Büro- und Betriebshaftpflicht. Darüber hinaus bietet exali für die Risiken einzelner Branchen individuell anpassbare, optionale Zusatzbausteine an.
Vertragliche Haftung mitversichert
Als Besonderheit bietet die Berufshaftpflicht über exali auch bei haftungsverschärfenden Klauseln in Projektverträgen Versicherungsschutz, die über die im BGB gesetzlich geregelte Haftung hinausgehen.
Sie haben Fragen? Unsere Kundenberater:innen stehen Ihnen von Montag bis Freitag von 09:00 Uhr bis 18:00 Uhr zur Verfügung und helfen Ihnen dabei, die Versicherungslösung zu finden, die wirklich zu Ihnen passt.