Von Nacherfüllung bis Schadenersatz: Was müssen Freelancer leisten?
Der Auftrag ist abgeschlossen, der Kunde ist zufrieden, der Freelancer bekommt sein Geld – das ist die Wunschvorstellung im Freiberufler-Leben. In der Praxis läuft es leider nicht immer so. Wenn Kunden unzufrieden sind mit der erbrachten Leistung, kann es für Selbständige schnell unangenehm werden. Der Kunde kann unter anderem Nacherfüllung, Minderung oder Schadenersatz verlangen und sogar mit Rücktritt drohen. Zu was sind Auftragnehmer in diesen Fällen gesetzlich verpflichtet?
Bevor diese Frage beantwortet werden kann, ist es wichtig, zu wissen welchen Vertrag Freelancer und Kunde geschlossen haben: Werkvertrag oder Dienstvertrag?
Mängelansprüche bei Werkvertrag
Wenn der Freelancer über einen Werkvertrag beauftragt wurde, hat der Kunde auf Grund des Werkvertragsrechts (§§ 633 ff. BGB) bestimmte Rechte, wenn Mängel vorliegen. Diese zwei Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit der Kunde Mängelansprüche geltend machen kann:
- Ein Mangel muss vorliegen
- Der Mangel muss bei Abnahme durch den Kunden (Zeitpunkt der Vertragserfüllung) vorliegen
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, haben Kunden gegenüber dem Freelancer diese gesetzlichen Mängelansprüche gemäß § 634 BGB:
Nacherfüllung
Die Nacherfüllung ist meist der erste Schritt, wenn der Kunde unzufrieden ist. Das bedeutet, er räumt dem Freelancer die Chance ein, die fehlerhafte Sache – das kann zum Beispiel eine Website oder eine Software sein – entweder zu reparieren oder neu zu liefern.
Hier hat der Freelancer – anders als im Kaufvertragsrecht – durch das Werkvertragsgesetz einen Vorteil: Er kann nämlich wählen, welche Art der Nacherfüllung für ihn sinnvoller und kostengünstiger ist (Reparatur oder Neulieferung). Die Kosten der Nacherfüllung muss er tragen (zum Beispiel Transport-, Arbeits- und Materialkosten).
Selbstvornahme
Das Recht der Selbstvornahme gibt es nur im Werkvertragsrecht. Es bedeutet, dass der Kunde das Recht hat, selbst den Mangel zu beseitigen – die Kosten dafür muss dann der Freelancer tragen. Vorher muss der Kunde aber eine angemessene Frist zur Nacherfüllung setzen und diese erfolglos verstreichen.
Rücktritt
Wenn der Freelancer zweimal innerhalb einer angemessenen Frist erfolglos versucht hat, seine Arbeit nachzubessern, gilt die Nacherfüllung als gescheitert. Diese Regel aus dem Kaufvertragsrecht wurde für den Werkvertrag übernommen. Ist das der Fall, kann der Kunde vom Werkvertrag zurücktreten.
… trifft es Freelancer doppelt hart. Denn dann wird in der Regel der Ausgangszustand wieder hergestellt, das heißt beide Parteien (Kunde und Freelancer) werden so gestellt, als hätte es das Projekt nie gegeben. Der Rücktritt wirkt also in die Vergangenheit. Das bedeutet: Der Auftraggeber muss alle erhaltenen Leistungen zurückgeben bzw. darf diese nicht verwenden. Der Auftragnehmer muss die bereits erhaltenen Zahlungen (zum Beispiel Anzahlung und erhaltene Teilzahlungen) zurückzahlen und offene Rechnungen werden storniert. Der Freelancer bleibt also nicht nur auf seinen Kosten – für Personal, zum Beispiel den Entwickler, oder Material, Verwaltungs- und Bürokosten – sitzen, sondern muss auch noch den Werklohn zurückzahlen.
Minderung
Hat der Kunde erfolglos eine Frist zur Nachbesserung gesetzt, kann er die Vergütung des Freelancers mindern anstatt vom Vertrag zurückzutreten. Für das Minderungsrecht müssen die gleichen Voraussetzungen vorliegen wie für den Rücktritt.
Schadensersatz
Die genannten Rechte des Kunden, beispielsweise auf Nacherfüllung oder Minderung, sind für Freelancer zwar ärgerlich, meist aber nicht existenzgefährdend. Wenn der Kunde Schadenersatz vom Freelancer verlangt, sieht es ganz anders aus: Eine Schadenersatzforderung ist unkalkulierbarer und kann selbst finanziell gut aufgestellte Freelancer die berufliche und private Existenz kosten! Denn die Größe des Auftrags spielt hierbei keine Rolle. Auch kleinere Aufträge können – je nach dem Schaden, den der Kunde erleidet – hohe Schadenersatzforderungen nach sich ziehen.
Es gibt zwei Formen des Schadenersatzes:
- Schadenersatz neben der Leistung bzw. Aufwendungsersatz: Der Kunde behält das Produkt des Freelancers, obwohl es mangelhaft ist, bekommt aber Schadenersatz für die Beseitigung der Mängel bzw. den durch seine Leistung beim Auftraggeber verursachten Schaden (häufig Vermögensschaden oder Sachschaden).
- Schadensersatz anstatt der Leistung: Dieser steht dem Kunden zu, wenn der Freelancer die Leistung nicht oder nicht wie geschuldet erbracht hat und der Kunde eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat.
Hat der Freelancer bereits eine Teilleistung erbracht, kann der Kunde statt der kompletten Leistung Schadenersatz verlangen, wenn er an der Teilleistung kein Interesse mehr hat. Dann muss im Einzelfall entschieden werden, ob der Kunde zu Recht kein Interesse mehr an der Teilleistung hat.
Auch der zeitliche Aspekt macht den Schadenersatz für Freiberufler unkontrollierbar: Denn Auftraggeber können noch zwei bis drei Jahre, nachdem die Leistung erbracht wurde, Schadenersatz verlangen. So können Jahre später noch Forderungen auf Freiberufler zukommen, mit denen sie nicht mehr rechnen.
Dienstvertrag: Ansprüche wegen Schlechtleistung
Sogenannte verschuldensunabhängige Gewährleistungsansprüche (Nacherfüllung, Selbstvornahme, Rücktritt oder Minderung) gibt es nicht, wenn der Freelancer über einen Dienstvertrag beauftragt wurde.
Ist der Auftraggeber in diesem Fall der Meinung, dass der Freelancer seine Arbeit schlecht oder nicht wie vereinbart erledigt hat (sogenannte Schlechtleistung), kann er Schadenersatzansprüche gemäß § 280 ff. BGB geltend machen. Eine Schlechtleistung kann beispielsweise sein: Falsche Beratung, Programmierfehler, Datenverluste, Urheberrechtsverletzungen oder das Überschreiten von Deadlines.
Ein Recht, die Vergütung des Freelancers zu mindern, hat der Auftraggeber nicht. Er kann nur eine eventuelle Schadenersatzforderung gegen die Vergütung aufrechnen, fall er seinen Anspruch durchsetzen konnte.
Für Schadenersatzansprüche aus Dienstverträgen gelten Verjährungsfristen von bis zu zehn Jahren!
Aus wichtigem Grund kann der Auftraggeber den Dienstvertrag auch gemäß § 626 BGB kündigen. Da bei einem Dienstvertrag kein konkreter Erfolg geschuldet ist, behält ein Freelancer grundsätzlich seinen Anspruch auf das vereinbarte Entgelt – auch dann, wenn er eine Schlechtleistung erbringt.
Besser richtig absichern
Ein unzufriedener Kunde ist für Freelancer nie eine schöne Angelegenheit. Dann ist Fingerspitzengefühl gefragt, um den Auftrag zu retten und den Kunden doch noch zu besänftigen. Wenn am Ende alles nichts hilft und der Kunde vom Vertrag zurücktritt und schlimmstenfalls Schadenersatz fordert, droht Freelancern schnell ein finanzielles Desaster.
Das kann eine Berufshaftpflichtversicherung über exali.de verhindern. Sie übernimmt im Ernstfall die Schadenersatzzahlung (sogenannter Fremdschaden). Aber sie kann noch mehr: Durch Zusatzbausteine kann sie so ergänzt werden, dass sie bei einem vorzeitigen Projektende den finanziellen Schaden des Freelancers selbst (sogenannter Eigenschaden) ausgleicht. In der Regel zahlt die Versicherung dann bei einem Rücktritt des Auftraggebers die vergeblichen Material- und Personalkosten des Freelancers oder Eigenschäden in Folge einer außerordentlichen Kündigung. Zum Beispiel ausstehende Honorare, die vom Zeitpunkt der außerordentlichen Kündigung bis zu dem Zeitpunkt bezahlt worden wären, zu dem der Kunde ordentlich hätte kündigen können.