Machstrukturen in Unternehmen verstehen: So gehen Freelancer vor
Im Freelancing ist das Verständnis von Machtstrukturen in Unternehmen entscheidend für den Erfolg. In unserem Interview mit Berater Nick Lawitzke erfahren Sie, wie verschiedene Parteien Macht nutzen und wie Freelancer schnell die entscheidenden Akteure identifizieren. Nick teilt seine Strategien, um Kommunikation gezielt zu gestalten und in herausfordernden Unternehmensumfeldern effektiv zu agieren.
Macht im Unternehmen: Werkzeug oder Hindernis für Freelancer?
exali: Machtstrukturen…das klingt eher nach Intrigen und Druck anstatt nach einem angenehmen Arbeitsumfeld für Freelancer und Berater. Ist Macht eine gute Sache oder eher etwas Schlechtes?
Nick Lawitzke:
Macht ist an sich weder gut noch schlecht. Sie ist einfach ein Teil jeder sozialen Struktur, auch im Unternehmens- und Organisationskontext. Entscheidend ist, wie sie genutzt und angewendet wird. Für mich als externer Berater bedeutet Machtstrukturen zu verstehen vor allem: Wer gestaltet, wer entscheidet, und wie entstehen Veränderungen? Das hilft mir nicht, um „mitzuspielen“, sondern um wirksam zu sein – zum Beispiel die richtigen Stakeholder ins Boot zu holen oder Veränderungsvorhaben realistisch zu planen. Macht transparent zu machen kann sogar ein Beitrag zu einem gesünderen Arbeitsklima sein – gerade weil man dann weniger im Nebel stochert.
exali: Warum sollte ich mir als außenstehende Person überhaupt die Mühe machen, die Machtstrukturen einer Organisation zu durchschauen?
Nick Lawitzke:
Als Externer habe ich wenig Zeit, um Vertrauen aufzubauen oder mich in langwierigen internen Abstimmungen zu verlieren – umso wichtiger ist es, schnell zu verstehen, wie Entscheidungen tatsächlich getroffen werden. Wer hat formale Macht, wer informelle? Wer ist Meinungsführer, wer blockiert? Wenn ich das weiß, kann ich meine Kommunikation und meine Vorschläge gezielter platzieren. Das erhöht nicht nur meine Wirksamkeit, sondern spart auch der Kundschaft Zeit und Geld.
Power Play: So entschlüsseln Freelancer die Machtverteilung im Unternehmen
exali: Wie durchschaue ich als Freelancer die Machtverteilung in einer Organisation?
Nick Lawitzke:
Ich achte auf viele kleine Hinweise: Wer spricht viel in Meetings – und wem wird zugehört? Wer wird in E-Mails in CC gesetzt? Wer hat Zugang zu bestimmten Informationen? Auch Pausengespräche oder Körpersprache sagen oft viel. Wichtig ist, aktiv zuzuhören, Fragen zu stellen und Muster zu erkennen – zum Beispiel bei Entscheidungen, Eskalationen oder Allianzen. Und ich versuche, mit Menschen auf allen Ebenen zu sprechen – nicht nur mit dem Projektauftraggeber. Zudem ist es sicherlich hilfreich, direkt zu Beginn einer Zusammenarbeit eine Übersicht der wichtigsten Stakeholder und Entscheider zu bekommen, entweder über interne Gespräche, eine Stakeholder Analyse oder klassisch über das Organisations-Chart.
Projekte müssen sowohl menschlich als auch vertraglich genau geregelt sein. Dabei unterstützt Sie dieser Artikel: Checkliste Projektvertrag: Die wichtigsten Inhalte und Infos.
Strategisch handeln: So navigieren Freelancer durch Machtkämpfe im Unternehmen
exali: Mal angenommen ich weiß nun, wer das Sagen hat: Wie nutze ich dieses Wissen, um mich zu behaupten?
Nick Lawitzke:
Wissen über Machtstrukturen hilft mir, gezielter zu kommunizieren – zum Beispiel Themen so aufzubereiten, dass sie bei den entscheidenden Personen Wirkung entfalten. Oder Widerstände dort anzugehen, wo sie tatsächlich entstehen. Es geht nicht darum, sich anzubiedern, sondern um strategisches Handeln mit Augenmaß. Wenn ich weiß, wer Einfluss hat, kann ich meine Energie sinnvoll einsetzen und gleichzeitig meine Rolle als neutraler, lösungsorientierter Partner bewahren.
exali: Wie verhalte ich mich, wenn ich in ein Unternehmen gerate, in dem aktuell Machtkämpfe stattfinden?
Nick Lawitzke:
Machtkämpfe sind nie angenehm, aber sie passieren. Wichtig ist, nicht Partei zu ergreifen. Vielmehr sollte man die eigene Neutralität wahren und den Fokus auf die gemeinsame Sache zu legen. Ich versuche, auf die Sachebene zurückzuführen, transparent zu kommunizieren und bei Bedarf moderierend zu wirken. Gleichzeitig beobachte ich genau, wie sich die Dynamik entwickelt. Ich prüfe, ob und wie ich weiter wirksam sein kann. Wenn der Konflikt zu toxisch wird, ziehe ich auch klare Grenzen – denn meine Rolle ist es, zu unterstützen, nicht zwischen den Fronten zu stehen.

Nick ist Unternehmensberater, Leadership Coach und Referent mit Fachwissen in den Bereichen Change Management, Unternehmenskultur und HR-Transformation. Er leitet die People & Change Consulting Practice von KPMG in der Schweiz und unterstützt seine Kundinnen und Kunden dabei, Veränderungen erfolgreich zu managen und Widerstände zu überwinden. Aufgrund seiner langjährigen Erfahrung weiß er, wie Machtspiele und Mikropolitik Organisationen beeinflussen - entweder als Katalysator oder als Hindernis. Nick lebt in Zürich und ist ein begeisterter Triathlet.

Vivien Gebhardt ist Onlineredakteurin bei exali. Hier erstellt sie Content zu Themen, die Selbständigen, Freiberuflern und Unternehmern unter den Nägeln brennen. Ihre Spezialgebiete sind Risiken im E-Commerce, Rechtsthemen und Schadenfälle, die bei exali versicherten Freelancern passiert sind.