Sorgfaltspflicht verletzt? Wenn der Rechtsanwalt oder die Rechtsanwältin die Frist versäumt…
Hektisch blättert der Anwalt oder die Anwltin in den Gesetzen; schließlich hat seine:ihre Kanzlei soeben eine wichtige Frist versäumt. Ist jetzt noch etwas zu retten? Und alles nur, weil die Technik streikte: Aufgrund eines Totalausfalls der Server und damit der gesamten Anwaltssoftware konnte die Kanzlei nicht mehr auf ihre elektronisch geführten Fristenkalender zugreifen. Die Frist verlief ungeachtet im Sande. Pech gehabt, urteilt kürzlich der Bundesgerichtshof (BGH): Im Störungsfall müssen eben die Handakten herhalten, um etwaige Fristabläufe im Auge zu behalten.
Wo gearbeitet wird, passieren nun mal Fehler. Auch Rechtsanwälte oder Rechtsanwältinnen sind nicht davor gefeit. Was den BGH zu diesem Urteil bewegte und wie Anwälte und Anwältinnen sich schützen können, um nicht in die Fristen-Falle zu tappen – jetzt auf der exali.de InfoBase.
Anwaltsverschulden: Frist versäumt
Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen müssen, wie jeder andere auch, für ihre Fehler einstehen und haften. Der Klassiker im Anwalts-Business: ein berufliches Versäumnis. Verschläft der Anwalt oder die Anwältin als Prozessbevollmächtigter in einem zivilrechtlichen Verfahren eine Frist, dann ist ihm dieses Versäumnis nach § 85 Abs. 2 ZPO als Anwaltsverschulden zuzurechnen. Eine prekäre Lage, aus der sich der Anwalt oder die Anwältin mit einer so genannten Wiedereinsetzung gekonnt herauswinden kann; allerdings mit Einschränkungen. Nur wenn das Verschulden eindeutig auf sein Büropersonal zurückzuführen ist und nicht auf den Anwalt selbst, kann er die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Dass die Vorgaben aber extrem eng gesteckt sind, macht der kürzlich ergangene Beschluss des BGH (Beschluss vom 27. Januar 2015, Az.: II ZB 23/13) nur allzu deutlich.
Der Fall hinter dem BGH-Urteil: Das war passiert
Der Kläger, eine Rechtsanwaltskanzlei, hatte aufgrund „eines Totalausfalls des Servers“ verschwitzt, eine Berufungsbegründung für seinen Mandaten fristgemäß zu bearbeiten und einzureichen. Alle Akten der Kanzlei seien ausschließlich über das Anwaltsprogramm WinMacs über diesen bestimmten Server zugänglich – auch der Fristenkalender. Vor dem Berufungsgericht stieß diese Begründung allerdings auf taube Ohren; die Richter wiesen den „Antrag auf Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist“ zurück. Für den Kläger ist aber klar: Er konnte ja nichts für den Ausfall, warum also haften? Der einzig richtige Weg schien eine Rechtsbeschwerde zu sein – am Ende aber ohne Erfolg und auf eigene Kosten
Unerwartete Störungen? Selbst ist der Anwalt!
Der BGH beschloss, dass die Rechtsbeschwerde des Klägers unzulässig ist. Für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 233 Satz 1 ZPO sind die Voraussetzungen schlicht nicht erfüllt, denn es kann nicht eindeutig ausgeschlossen werden,
„dass an der Fristversäumung ursächlich ein Organisationsverschulden der Prozessbevollmächtigten des Klägers mitgewirkt hat; dieses muss sich der Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen.“
Wenn die Technik versagt, muss der Anwalt oder die Anwältin selbst entsprechend und zuverlässig vorgesorgt haben, um seine:ihre anwaltlichen Sorgfaltspflichten nicht zu verletzen. Organisation ist dabei die halbe Miete, denn auch im Störfall (z.B. Computerausfall, krankheitsbedingter Ausfall einer Mitarbeiterin/ eines Mitarbeiters) müssen seine:ihre Teamassistenten weiterhin zuverlässig ihre Pflichten erfüllen. Dazu gehört auch, dass fristwahrende Schriftsätze rechtzeitig und ordnungsgemäß ausgehändigt werden, wenngleich dafür altbewährte Wege genutzt und Handakten durchforstet werden müssen. In diesem Fall wurden genau diese Sorgfaltsanforderungen jedoch vernachlässigt, obwohl
„(e)ntgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde (…) die Forderung nach der Einführung einer temporären parallelen manuellen Fristenkontrolle vorliegend nicht die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten der Prozessbevollmächtigten des Klägers (überspannt), sondern diese (…) eine zumutbare Maßnahme dar(stellt).“
Nicht also im Störfall liegt der Hase im Pfeffer begraben, sondern in der völligen Unterlassung möglicher Gegenmaßnahmen, die ein Anwalt oder eine Anwältin in seiner:ihrer Sorgfaltspflicht durchaus zu verantworten hat.
Stichwort Anwalts-Haftpflicht, denn nobody is perfect!
Doch für einen Anwalt oder eine Anwältin mit all seinen:ihren Pflichten ist es nicht nur wichtig, spezifisch für einen Störfall vorzusorgen. Für den Ernstfall – denn Fehler schleichen sich überall mal ein – muss ein Komplettpaket her, das den Anwalt oder die Anwltin umfassend in der Ausführung seines:ihres Berufes schützt. Dafür bietet exali.de die Lösung: In der eigens auf das Business zugeschnittenen Anwalts-Haftpflicht sind Anwälte und Anwältinnen bei reinen Vermögensschäden im Rahmen des gesetzlich vorgeschriebenen Versicherungsschutzes gut aufgehoben. Dazu zählen unter anderem Beratungs- und Aufklärungsfehler, falsche oder verspätete Sachvorträge und die besprochenen Fristversäumnisse. Als zusätzlicher Clou können optionale Bausteine wie eine Büro- & Betriebshaftpflicht zur Absicherung von Personen- und Sachschäden oder eine Eigenschadenversicherung für Datenschutz- und Cyberrisiken hinzugebucht werden.
Weiterführende Informationen:
- Fußballtrainer gekündigt: Anwalt muss über 640.000 Euro Schadenersatz zahlen
- BGH: Rechtsanwalt, der sich Spezialist nennt, muss nicht Fachanwalt sein
- Wenn der Spamordner 90.000 Euro kostet… und der Anwalt dafür haftet
© Nicole Seibert – exali AG